Vorchdorfer Sommergespräch #4: Andreas Sodian

16. August 2022

Das politische Tagesgeschäft hat Andreas Sodian schon vor fast 20 Jahren hinter sich gelassen. Zur Gemeindepolitik äußert er sich nur noch auf Nachfrage; er will nicht „Muppet-Show spielen“ und „von oben herab sagen, was sie alles falsch machen“. Was nicht heißt, dass er zur Entstehung und Problematik der aktuellen Konflikte im Gemeinderat keine pointierten Ansichten hätte.

Sodians Rückblick auf die Zeit als FPÖ-Mandatar weist einige Parallelen zu den Aussagen von Altbürgermeister Josef Schwaha auf. Die Gemeindepolitik habe ihm damals wahnsinnig Spaß gemacht, „weil wir gemeinsam sehr viel weitergebracht haben … weil, egal von welcher politischen Couleur, man in den Vordergrund gestellt hat, was sinnvoll ist.“ Eine derart gute Entwicklung Vorchdorfs vermisst Sodian heute etwas.

„Ich war immer ein politischer Mensch und werde es auch immer bleiben.“

2003 trat Sodian als Bürgermeisterkandidat der Bürgerliste „Alle für Vorchdorf“ an. Schwaha hatte sein Amt niedergelegt, für die ÖVP trat Franz Kofler an und gewann – durchaus erwartungsgemäß. Was war anders als beim Antritt der heutigen Liste Vorchdorf?

Der Hauptgrund, erzählt Sodian, war damals, dass er u. a. wegen Jörg Haider aus der FPÖ ausgetreten war, die er bis dahin auch auf Vorchdorfer Ebene vertreten hatte. Und er wollte Bürgermeister werden, ungeachtet nur geringer Chancen, aber gestützt von einer Gruppe von Leuten aus verschiedensten Bereichen in der Bürgerliste. „Es war nicht realistisch, Bürgermeister zu werden, aber es wäre eine Herzensangelegenheit gewesen“, ist Sodians Resümee.

Könnte man Politik in Vorchdorf heute noch so wie damals betreiben, mit denselben konsensorientierten Methoden? – Alle Parteien hätten damals sehr viel im Vorfeld miteinander kommuniziert, bemerkt Sodian vorweg, auch wenn es verschiedene Meinungen gegeben hat. Als Beispiel nennt er das neue Gebäude der Feuerwehr Schart, wo er eine kleinere und billigere Variante bevorzugt hat, damit aber nicht durchgedrungen ist. „Ich habe das aber zur Kenntnis genommen und mitgetragen und nicht politisches Kleingeld gemacht.“ Und das hätten auch die anderen – Aschauer, Hermann Aigner, Dutzler – nicht anders gehalten. „Und das vermisst man natürlich heute.“

„Nein. Nein.“

Die direkte Frage, ob es denn überhaupt Anlassfälle zu wirklichem politischem Streit mit Vorwürfen eventuell krummer Geschäfte wie beim sogenannten 1-Euro-Deal gegeben habe, verneint Andreas Sodian vehement. Der Stil sei ganz anders geworden. „Die Kommunikationspolitik ist eine absolute Katastrophe geworden in den letzten zehn Jahren.“ Man habe angefangen, sich hinter dem Datenschutz zu verstecken, entweder, weil man etwas zu verbergen hat oder weil man der Bevölkerung etwas nicht weitergeben wolle. „Da kriege ich jetzt noch eine Ganselhaut.“

Oder beim kontroversen Thema des Grundverkaufs für die Moschee, da sei bis heute keine Information zu bekommen, für wie viel der Grund verkauft wurde. Egal welche Partei, jeder habe gesagt: Weiß ich nicht. „Solche Anekdoten kenne ich viele, da sagen sie: Nein das macht der Bürgermeister mit einem, da wissen wir nichts.“ Den Vorwurf macht Sodian aber auch der Opposition, die mangelnde Information nicht gefordert habe. Dadurch sei auch der Weg zu einer erneuten Bürgerliste geebnet geworden. Er kenne aber Albert Sprung und damit die eigentlichen Motive für die Gründung der Liste Vorchdorf nicht. „Über Politik haben wir sicher nie gesprochen, geschweige denn dass ich ihn finanziell unterstützt hätte“, dementiert er auch ausdrücklich das Gerücht von Parteispenden an die LV.

„Da brauchst du aber einen guten Eheberater!“

Wie lässt sich die verfahrene Situation der Ortspolitik auflösen – eventuell mit externer Beratung? – Es hängt an den beteiligten Personen, meint Sodian. Irgendwer müsse mit einem Vertrauensvorschuss in Vorleistung gehen. So wie er Hans Mitterlehner damals kennengelernt hat, traue er ihm schon zu, wieder in ein ruhigeres Gleis zu gelangen. Hier sieht er eine andere Situation als in der letzten Amtsperiode. Und ob jemand Neutraler die Personen wie ein Eheberater wieder zusammenbringen könne? – „Da brauchst du aber einen guten Eheberater“, lacht Sodian, „wenn die zwei nicht wollen, dann hilft der beste Eheberater nichts.“

Und sonst? Ganz wichtig sei, dass man offen kommuniziere. Man muss sich mit den anderen Parteien in gewissen Zeitabständen zusammensetzen, Dinge durchbesprechen; und das nicht nur alle drei Monate bei einer Gemeinderatssitzung, wo kurz vorher die Tagesordnung kommt. Man braucht auch die Zeit, sich vorzubereiten, zumindest eine Woche. Natürlich müssen die Informationen gut aufbereitet sein, vielleicht in einem regelmäßigen persönlichen Gespräch den einzelnen Klubobleuten vermitteln, und natürlich muss man sich alles genau durchlesen …

„Mangelnde Information, vielleicht Zurückhalten von Informationen, da sage ich: Das geht überhaupt nicht!“ Denn dabei käme dieses Misstrauen zustande. Das Gleiche gilt für Sodian gegenüber der Bevölkerung, wo man sich eine Opposition heranzüchte, wenn man die Leute nicht über Pläne informiert, die sie betreffen.

Mangelndes Bauland

Welche Themen könnten es sein, die vielen Vorchdorfer*innen unter den Nägeln brennen und die vernachlässigt sind? Hier überlegt Andres Sodian eine Weile, bis er auf einen Punkt kommt, der ihm – selbst unter anderem Bauunternehmer – offenbar öfters angetragen wird: Bauland! Vorchdorf sei aber in vielen Bereichen gut aufgestellt: Gastronomie, Kultur … eine große Unzufriedenheit bemerke er nicht.

Behindert sieht sich Sodian allerdings bei Projekten, die seiner Ansicht nach im Ortskern wichtig sein könnten. Seit drei Jahren etwa versuche er vergeblich, von der Gemeinde konkrete Vorgaben für ein geplates Wohnobjekt zu bekommen: Wie hoch, wie viel usw. Die Rede ist von dem Grundstück an der Ziegelböck-Kreuzung (ehemaliges „Giovanni“) – hier könne man beginnen, die ganze „Zwirn-Gasse“ aufzuwerten. Aber er komme damit nicht weiter: „Da kommt nichts!“

Stichwort „gesellschaftliche Entwicklung, Spaltung“ – gibt es da für Vorchdorf einen Handlungsbedarf? – Spaltung, das mag es in Randbereichen irgendwo geben, schätzt Sodian, aber das Miteinander sei in der Bevölkerung sehr gut. „Wir haben z. B. kein Ausländerproblem in Vorchdorf, was vielleicht früher durchaus emotional ein Thema war.“ Es könne sein, dass es Leute gebe, die sagen: Jeder Ausländer ist zu viel. Aber das sei sicher nicht die Bevölkerung, die das glaubt. „Eine Spaltung sehe ich nicht; mir tut nur ein bisschen die Kluft in der Gemeindepolitik weh, dieser Spalt muss nicht sein, daran muss man etwas tun.“ – Und in diesem Zusammenhang hält er auch unabhängige Medien wie den INVO.report für sinnvoll, besonders weil die Wählerschaft heute viel mobiler geworden sei, d. h. nicht mehr ein Leben lang ihr Kreuz bei derselben Partei macht. Da könnte Information schon vieles bewegen.

Andreas Sodian (66) ist als Gesellschafter in verschiedenen Firmen tätig. Er war ab 1991 FPÖ-Gemeinderat, ab 1994 Gemeindevorstand und stellvertretender Bezirksparteiobmann, 1999–2002 außerdem Nationalrat. 2002 trat er aus der FPÖ aus und kandidierte 2003 als Bürgermeisterkandidat der Bürgerliste „Alle für Vorchdorf“. Seit 2004 bekleidet er keine politischen Funktionen mehr.

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