Gefahr der Wasserversorgung durch Almkraftwerk?

21. November 2022

Die Siedlung Haresau im äußersten Norden Vorchdorfs bangt um ihr Trinkwasser. Wartungsarbeiten im Bereich des Kraftwerks Reifenmühle führten zuletzt zu massiv sinkenden Pegelständen von Hausbrunnen – teils bis zum Trockenfallen. Am Freitag ließ die Behörde mit einem polizeilich zugestellten Bescheid die Baustelle räumen.

Mehrere Häuser in der Haresau sind unmittelbar betroffen, seit Anfang November der Wasserstand in Hausbrunnen dramatisch zu sinken begann – kurz nachdem große Mengen Schotter unterhalb der Reifenmühler Wehr herausgebaggert wurden. Diesen zeitlich auffälligen Zusammenhang beobachten die Haresauer nicht zum ersten Mal. Schon in der Vergangenheit wurden daher einzelne Brunnen nachgegraben.

Die Abteilung Wasserrecht des Landes Oberösterreich informierte auf besorgte Anfragen die Brunnenbesitzer vor etwas über einem Jahr, dass die Kollaudierung des Kraftwerks (fertiggestellt im Jahr 2017) noch nicht abgeschlossen sei. Die Auswirkungen der Kraftwerksanlage auf den Grundwasserspiegel würden in Bälde untersucht, ständen aber noch nicht fest. Die Anrainer verließen sich auf den behördlichen Gang der Dinge. Durch Nachgrabungen der Brunnen und vielleicht auch eine teilweise Normalisierung schien die Wasserversorgung ja vorläufig gesichert.

Baggerungen ohne Bewilligung

Umso überraschter waren die Anrainer, als nun ohne jede vorherige Ankündigung erneut vom Kraftwerksbetreiber KW Dirneder GmbH in Perg groß angelegte Schotterabgrabungen einsetzten, offenbar von 7 Uhr Früh bis in die späten Abendstunden. Nachdem kurz darauf auch ihre Wasserstände wieder sanken, verständigten sie mit höchster Dringlichkeit die Behörden in Linz und Gmunden.

Die Wasserrechtsabteilung beim Land setzte aufgrund des massiven Drucks schließlich den Naturschutzbeauftragten der BH Gmunden in Marsch zu einem Lokalaugenschein, bei dem der Baufirma am vergangenen Donnerstag eine Beendigung der offenbar gar nicht erlaubten Arbeiten auferlegt wurde. Es schien, als hätte das Einschreiten Erfolg gezeitigt. Am selben Tag jedoch, nach kurzer Unterbrechung, wurde bis nach 20 Uhr erneut gebaggert und Schotter aus der Alm entnommen.

Alarm dann am Freitag in der Früh: Lkw transportierten den am Vortag noch rasch ausgebaggerten Schotter ab. Telefonisch erklärte die beauftragte Baufirma, bis zum Mittag dürften sie ja weiterarbeiten, dann wäre die Sache auch abgeschlossen. Darüber auch mit Fotos informiert, lief die BH sehr schnell heiß: Ein polizeilich umgehend auf die Baustelle gebrachter Bescheid stoppte die Arbeiten unter Aufsicht mit sofortiger Wirkung. Ein Rest an Schotter ist noch sichtbar.

Welche Folgen die eigenmächtig durchgeführten Maßnahmen für den Kraftwerksbetreiber haben, wird ebenso zu klären sein wie die Frage, ob die geschädigten Brunnenbesitzer durch die getätigten Arbeiten weiterhin um ihr Wasser fürchten müssen.

12 Gedanken zu „Gefahr der Wasserversorgung durch Almkraftwerk?

  1. Wögerbauer Jürgen

    Momentan ist das Grundwasser in der Haresau gefallen, aber dass wir in der Evangelischen Siedlung vor kurzem dasselbe Problem hatten und natürlich niemand schuld war, ist schon wieder von den Verantwortlichen vergessen worden.
    Es zeigt sich aber zwischenzeitlich, dass der Wasserspiegel im gesamten Alm-Grundwasserlauf durch die Eingriffe in die Natur kontinuierlich absinkt.
    Jeder, auch kleinere Eingriffe wirken sich in Summe sehr negativ für die Natur aus.

    Wie sich der riesige Schotterabbau im Gewerbegebiet von Vorchdorf auswirken wird, ist derzeit ziemlich unbekannt, da es angeblich keinerlei Studien und Untersuchungen über zukünftige Auswirkungen des massiven Eingriffs gibt.
    Bei der Genehmigung der ca. 19 Hektar Abbaufläche gab es offensichtlich keine Umweltverträglichkeitsprüfung , da diese ja erst ab 20 Hektar notwendig ist. Vermutlich stimmt es, dass keine genaueren Untersuchungen im Hinblick auf das Grundwasser gab, da der INKOBA-Obmann auf Anfrage keine Unterlagen herausgibt; auch von der Gemeinde Vorchdorf gibt es diesbezüglich bis jetzt keine Unterlagen, die etwas über die Auswirkungen des Schotterabbaus bis in die Nähe des Wasserspiegels aussagen.

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  2. Sabrina Walther

    Wir haben erst vor wenigen Jahren unseren Brunnen in Mühltal gebohrt. Bis jetzt ist der Grundwasserstand stabil. Ist wohl nur eine Frage der Zeit.
    Der geplante Schotterabbau im Gewerbegebiet von 20 ha auf der anderen Uferseite, wird sich hoffentlich bei uns nicht negativ auswirken.

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  3. Gottfried Ohler

    Ich persönlich bin ein voller Befürworter, dass man Wasserkraft zur Energiegewinnung nützen soll. Aber beim Almfluss ist meiner Meinung nach die belastbare Grenze schon längst überschritten worden. Alleine auf einem Abschnitt der Gemeindegrenze Vorchdorf sind acht in den Fluss gebaute Kraftwerke (Laufkraftwerke) in Betrieb.

    Für mich liegt es auf der Hand: Wenn bei jedem Kraftwerksbau über einen längeren Abschnitt aus dem Flussbett Schotter entnommen wird, kommt es zu einer beabsichtigten, spürbaren Absenkung des Wasserpegels. Etwas zeitverzögert reagiert auch der Grundwasserspiegel und sinkt ab. Die Anspeisung der angrenzenden Brunnen ist dann nicht mehr ausreichend gegeben und eine mühevolle und kostspielige Vertiefung muss erfolgen, wie in Kommentaren schon berichtet wurde. Vor vielen Jahren gab es von Grünau einen Bericht, dass durch Schotterentnahme in einem längeren Abschnitt der Alm der Pegel so stark gesenkt wurde, dass sich der Fluss vom Grundwasserstrom entkoppelt hatte. Fatal für alle Brunnenbesitzer. Musste auf Anordnung der Behörde wieder rückgebaut werden.

    August/September 2019 hatte ich mit dem Land OÖ zum Thema „Sorge wegen Wasserknappheit in den Brunnen der Wassergenossenschaft und Zusammenhang mit Kraftwerksbau…?“ Schriftverkehr. Damals war noch LR Rudi Anschober im Amt. Zitiere ein paar Aussagen aus den Antwortschreiben:

    Die Alm ist der intensivste energiewirtschaftlich genutzte Fluss in OÖ.
    Auf 48,7 km kommen 57 Wasserkraftwerke, 42 Ausleitungs- und 15 Laufkraftwerke.
    Zwischen zwei Standorten deutlich weniger als 1 km. Stark reduzierte Fließstrecken, dadurch höhere Erwärmung, Algenwuchs und Eintrübung sind die Folge, negativer Lebensraum für Fische. Der Almfluss wird als hochgradig anthropogen überformt (vom Menschen beeinflusst) bezeichnet. Gegenmaßnahmen wie Reduktion von Staubereichen sind geplant.

    Auf meine konkrete Frage wurde aber leider nicht eingegangen sondern sie ist um eine mehr geworden. Wenn die negativen Auswirkungen ohnehin bekannt sind, warum wurde von der Wasserrechtsbehörde in der Vergangenheit der Bau von so vielen Kraftwerken genehmigt?

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    1. Maria Bolter

      Vielen Dank für Ihren Kommentar! Wir stoßen hier landseitig auf mehr oder minder taube Ohren. Es bleibt abzuwarten, wie die wasserrechtliche Untersuchung ausfällt.

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  4. Christian Baumgartinger

    Die Probleme mit dem Grundwasser entlang des Almflusses von der Lederau über die Fischböckau bis in die Haresau und weiter Richtung Bad Wimsbach werden immer problematischer! Versorgt der die Alm begleitende unterirdische Fluss nicht nur dieses Gebiet mit Grundwasser, sondern mittlerweile auch im Wasserschongebiet den Grundwasserbrunnen für die Stadt Wels, und sogar weiter noch die Bewohner Richtung Linz, mit gutem Wasser aus dem Almtal!
     
    Die immer wieder auftauchende Wasserknappheit in Vorchdorf ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Man sollte nicht unbedingt nur einzelne kleinere Bauereignisse (Abgrabungen) im Blickfeld haben. Die große Problematik entsteht erst durch die immer häufiger werdenden Eingriffe: dort ein Kraftwerk, da eine Baustelle, drüben eine Ablagerung, am Oberlauf eine Verlegung des Flusslaufes usw.
     
    Und dann noch eine der größten in Kürze geplanten Eingriff wo 19 Hektar (das ist eine Riesenfläche, ich denke in ganz Vorchdorf gibt es kein so großes Feld), für INKOBA. Dort wird der Schotter bis in die Nähe des Grundwasserspiegels abgebaut. Die Auswirkungen eines derart großen Eingriffs lässt befürchten, dass die jetzigen Wasserprobleme am Unterlauf der Alm noch als Kleinigkeiten einzustufen sein werden.

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  5. Weber Hannes

    Wir haben in unseren Genossenschaften auch alle 4 Brunnen nachgegraben, weil die Pegel stark gesunken sind. Seit den 50er Jahren gibt es unsere Genossenschaft, und noch nie gabs ein großes Problem mit den Wasserständen. Es erscheint mir schon komisch, dass nun so viele Ortschaften im Bereich der Alm Probleme mit trockenen Brunnen haben. Wir alle brauchen unser kostbares sauberes Wasser.

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  6. Manfred Pichler

    Wen juckt denn ein um 1,5 m gesunkener Wasserstand, solange für die Betreiber die Kassa stimmt. Und die wird bei den derzeitigen und noch zu erwartenden Strompreisen schon stimmen.

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  7. Manuela Hartleitner

    Im Jahr 2021 mussten auch in der Fischböckau etliche Brunnen nachgegraben werden… Bei uns hieß es, dass der sinkende Wasserstand nicht mit den Kraftwerken zusammenhängt…

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  8. Josef Raffelsberger

    Der Kraftwerksbetreiber sollte auf jeden Fall verpflichtet werden, die Kosten der Justierungen der Hausbrunnen zu übernehmen! Das ist das Mindeste.

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    1. Albert Sprung

      In der Lederau hatten wir vor Jahren dasselbe Problem. Durch den Umbau einer Wehr an der Alm zu einem Kraftwerk sind unsere Brunnen alle trockengefallen. Nach langem Hin und Her hat sich der Errichter des Kraftwerks dann letztendlich bereiterklärt, die Brunnen nachzugraben. Über Wochen war ein Zweierteam „Brunnengraber“ unterwegs von Haus zu Haus und haben diese meist um die eineinhalb Meter nachgegraben.

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    2. Franz Martin

      Ich zeichne seit 1993 den Wasserstand gelegentlich auf, und er ist seit der extrem gestiegenen Bewohnerzahl und der beiden Kraftwerksbauten in der Fischböckau um 1,5 m zum heutigen Tag gesunken.

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  9. Richard Weismann

    Es ist echt untragbar, was da abgeht, ich habe damals einem Freund geholfen beim Brunnennachgraben. Es war kein Honiglecken, die Arbeit, und ungefährlich ist das auch nicht. Doch es gab ja keine Hilfe von den Schädigern. Jetz muss mein Freund das wieder durchmachen, und das macht mich sehr wütend, da ich sehr mitfühlen kann, was da in den Familien vorgeht.
    Es muss endlich ein Ende haben, dass jeder tun kann, was er will.

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