Landesgericht bestätigt: Handlungsweise der Marktgemeinde nicht nachvollziehbar

1. Februar 2023

Beim Rechtsstreit zwischen der Gemeinde und Straßenbauausschuss-Obmann Wolfgang Ettinger liegt nun das Berufungsurteil des Landesgerichts Wels vor: Die Klage gegen Ettinger, der einen nicht bewilligten Straßenbau der Gemeinde durch geparkte Fahrzeuge verhindert hatte, wurde letztinstanzlich abgewiesen.

Schlagzeile in der Kronenzeitung vom 18.6.22 – Anklicken führt zum Artikel

Bereits beim Bezirksgericht Gmunden erregte das Vorgehen der Gemeinde Vorchdorf offenbar Kopfschütteln. Formulierungen in einem Urteil wie die folgende werden unter Juristen in die Kategorie „schallende Ohrfeige“ eingestuft: „Aus welchem Grund die Marktgemeinde Vorchdorf mit dem Bau einer öffentlichen Straße ohne Bewilligung und ohne überhaupt erst einen Antrag bei der Behörde einzubringen, beginnen möchte, ist nicht nachvollziehbar. Umso weniger nachvollziehbar ist, dass die Marktgemeinde Vorchdorf ihr Vorhaben auf diese Art in Kenntnis der Ablehnung durch den nunmehr zuständigen Obmann des Bau- und Straßenausschusses durchsetzen möchte.“

Schwere Geburt einer schließlich missglückten Klage

Die Vorgeschichte im Telegrammstil: Wolfgang Ettinger (Liste Vorchdorf; LV) ist Anrainer der Feldhamer Kramerstraße. Als solcher, aber auch als Mandatar, hält er die Asphaltierung eines Teilstücks der Feldhamer Kramerstraße für unsinnig. Die Gemeinde will dennoch und ohne behördliche Bewilligung zu bauen beginnen. Um das zu verhindern, stellt er verschiedene Fahrzeuge am Straßenrand so ab, dass die Arbeiten verhindert werden (siehe Bild) – trotz Aufforderung durch die gemeindliche Bauabteilung.

Mit den Stimmen aller Parteien außer der LV beschließt der Gemeinderat im März 2022, eine „Besitzstörungsklage“ gegen Ettinger einzubringen. Dieser Beschluss muss später korrigiert werden, da es rechtlich tatsächlich um etwas anderes geht. Jetzt lautet die Klage auf „Eigentumsfreiheit“ und Unterlassung – zu Deutsch: Etttinger soll seine Fahrzeuge dort nicht mehr in gehabter Weise parken dürfen. Übrig bleibt am Schluss nur die Unterklassungsklage, da Ettinger schließlich seine Fahrzeuge abgezogen hatte – aber er soll es halt nicht wieder tun.

Nutzung öffentlichen Gutes kann nicht per Anruf verboten werden

Das Bezirksgericht teilt in erster Instanz noch nach beiden Seiten aus: Die Gemeinde kriegt ihr Fett dafür ab, mit dem Straßenbau ohne Antrag, geschweige denn Bewilligung zu beginnen. Ettinger andererseits wird vorgehalten, seine Bauverhinderungs-Strategie sei nicht durch den sogenannten Gemeingebrauch einer öffentlichen Straße gedeckt, sondern ein Eingriff in den Besitz der Gemeinde.

Letzterer Punkt wurde in der Berufung beim Landesgericht korrigiert. Kurz gefasst: Öffentliches Gut (wie die betreffende Straße) kann von „allen“ bestimmungsgemäß benutzt werden; der Eigentümer – hier: die Gemeinde – kann diesen Gebrauch nicht behindern. Dazu gehört auch das Parken von Fahrzeugen, soweit es nicht durch Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verboten ist. Die „Eigentumsfreiheitsklage“ kommt somit gar nicht in Betracht.

„Eine rechtliche Handhabe, eine Benutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs zu untersagen, steht der Gemeinde – wie erwähnt – nicht zu (…). Nachdem das Abstellen von Fahrzeugen durch den Beklagten auf der öffentlichen Straße vom Gemeingebrauch gedeckt ist, war die Klage abzuweisen.“ schließt das Urteil der Berufungsinstanz. Eine Revision dagegen ist nicht möglich; die Kosten in Höhe mehrer Tausend Euro hat die Gemeinde zu tragen.

Kommentar

Auch wenn die letzte Gemeinderatssitzung deutlich einvernehmlicher verlaufen ist als die gesamte politische Auseinandersetzung mit der Liste Vorchdorf im vergangenen Jahr: Dieser Frieden, wenn es denn einer sein sollte, ist noch alles andere als stabil. An beide Seiten lautet also der  – jeweils unterschiedliche – Wunsch, endlich definitiv auf konstruktives Miteinander einzuschwenken.

Das heißt an die Adresse der Gemeinderatsmehrheit: Zähne zusammenbeißen und in der Auseinandersetzung mit der LV strengste Sachbezogenheit bei den Inhalten (und mitunter auch Nachsicht bei den Umgangsformen!) walten lassen, vor allem jetzt nicht auf „Rache“ für die erlittene Niederlage sinnen. Und an die Liste Vorchdorf: Ebenfallls Zähne zusammenbeißen; nicht nachtreten, weil man Recht bekommen hat, und auch sonst, einfach aus Gründen kluger Diplomatie, das mediale Dauerfeuer zu schon sattsam bekannten Streitpunkten einstellen. Wenn das beiderseits (!) gelänge, wäre der Dank der schon längst erschöpften Bevölkerung allen Beteiligten gewiss. (Michael Praschma)

 

4 Gedanken zu „Landesgericht bestätigt: Handlungsweise der Marktgemeinde nicht nachvollziehbar

  1. Albert Sprung

    Es ist schon eine verkehrte Welt, wenn Dorf-Anwalt Lampl in der Krone (https://www.krone.at/2921033) einen Teilerfolg im Prozess mokiert, in Wahrheit aber die klagende Partei bereits in der ersten Instanz eine Klagseinschränkung um das Entfernungsbegehren durchführte, weil schlichtweg der Klagsgrund wegfiel. Am Unterlassungsbegehren hielt die klagende Partei aber fest und verlor dieses in der zweiten Instanz prompt.

    Wer welche Kosten in einem Verfahren zu tragen hat legt letztendlich das Gericht fest und sagt nichts über das Urteil selbst aus. Nur aufgrund durch den Kläger vorgenommene Klagseinschränkung kommt es in erster Instanz auch zu einem Kostenanteil für den Beklagten.

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  2. Albert Sprung

    Mit Amtsgewalt gegen Bürger und politische Kontrahenten vorgehen. Diese Strategie hat offenbar Vorchdorfs Bürgermeister Johann Mitterlehner von seinem Vorgänger übernommen, der das in der Vergangenheit exzessiv praktizierte, angestachelt offenbar von einem seiner leitenden Angestellten. Nach dem Motto: einschüchtern durch „Verklagen“ oder durch das Ausschicken von Anwaltsschreiben. Viele solcher Fälle sind uns bereits bekannt.

    Ich selbst war schon mehrfach Ziel solcher Schreiben, einmal sogar aufgrund einer Meinungsäußerung in den sozialen Medien bzgl. des „Nicht KIGA-Transports“ in der Corona-Zeit, ausgesendet von Gemeindeanwalt Gerhard Götschhofer, der gerade rund um den ÖFB „für Furore sorgt“.

    Aber leider haben in diesem Fall auch die Gemeinderäte aller Fraktionen (außer LV) dieses Vorgehen des Dorfobersten willfährig unterstützt und stimmten im Gemeinderat für eine Klage. Zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellte. Und hätte man ein bisschen den Hausverstand eingeschaltet, dann hätte man auch die Widersinnigkeit dieser Klage bereits zu diesem Zeitpunkt erkannt.

    Die Essenz daraus für mich ist: Ich muss keine Besitzstörungsklage mehr fürchten, wenn ich vor der Gemeinde parke und vielleicht auf die Parkuhr vergesse. Da gibt’s maximal einen Strafzettel. Danke, dass das jetzt gerichtlich bestätigt und besiegelt ist.

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  3. Alfred E. Neumann

    So, so. „Kosten in Höhe mehrer Tausend Euro“ also. Für nix und wieder nix – abgesehen von einer Umsatzsteigerung bei der für das Desaster wohl mitverantwortlichen Rechtsvertretung der Gemeinde. Peinlich. Sehr peinlich. Meine Forderung lautet daher:
    1) Gesamtkosten dieser Aktion auf den Tisch legen
    2) dividiert durch die Anzahl der Gemeinderäte*, die diesem Vorgehen zugestimmt haben
    3) ergibt den persönlichen Betrag, den diese „Bürgervertreter“ höchstpersönlich in die Gemeindekasse einzuzahlen** haben.
    Begründung: Es gibt mehr als genug Projekte, bei denen es an Geld fehlt. Dort wäre es in jedem Fall besser aufgehoben als am Konto einer Kanzlei.
    Gegenargumente? Einwände? Stillschweigen ist für mich Zustimmung und Annahme dieses Vorschlages (den ich unter der Annahme mache, dass die verunglückte Klage nicht als Beitrag für die nächste Narrensitzung gedacht war!).
    P.S. Wie steht es denn eigentlich um die Klage des Amtsleiterstellvertreters rund um seine Anwesenheit in Gemeinderatssitzungen, die man auch im Live-Stream verfolgen durfte? Verlässt sich der gute Mann dabei auch auf die Rechtsvertretung der Gemeinde?

    *selbstverständlich inklusive Bürgermeister
    ** Als Zahlungsfrist schlage ich den 28. Februar a.d. vor

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