Vergessen wir es einfach

3. Februar 2023
Eine Betrachtung von Florian Sedmak

Ich lebe noch nicht so lange in Vorchdorf wie die hier immer schon Ansässigen, aber in meinem 12. Jahr im Almtal habe ich mir doch einen kleinen Einblick darin verschaffen können, wie das hier so läuft. Am Anfang hat mir hier Vieles gefallen und Einiges mag ich noch immer sehr.

Die Gegend, sofern sie nicht von Gewerbegebieten und trostloser Architektur verunziert ist. Die unprätentiöse Art der Menschen hier, denen es egal ist, wenn man nicht in dritter Generation aus dem Ort kommt (was im Inneren Salzkammergut, in dem ich sozialisiert worden bin, ganz anders ist). Und noch einiges Andere mehr. Doch inzwischen finde ich vieles deprimierend.

Unter anderem die Art und Weise, wie Ortsentwicklung in Vorchdorf verstanden wird. Inzwischen ist es sechs oder sieben Jahre her, dass meine Frau und ich versucht haben, eine Verbesserung der Situation für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen am Tanglberg zu erreichen, wo der Gehsteig an manchen Stellen nur 65 cm breit und stellenweise häufig verparkt ist. Geschehen ist nichts. Immerhin: Tom Edtmeier, damals noch in der Vorchdorfer FPÖ aktiv, zeigte sich begeistert; Norbert Ellinger von den Grünen schwebte eine bessere Lösung vor als wir vorgeschlagen hatten (Einbahnregelung und Verbreiterung des Gehsteigs), und Bürgermeister a. D. DI Gunter Schimpl teilte mir bei einer zufälligen Begegnung am Tanglberg mit, dass „die Idee noch nicht ganz tot sei.“ Wie wir sehen, ist sie dann doch gestorben. Soweit ich mich erinnern kann, war als Lösung eine Geschwindigkeitsbeschränkung vorgesehen, aber nicht einmal die ist realisiert worden. Doch wenigstens gab es zu dieser unvordenklichen Zeit noch vereinzelt Reaktionen.

Man kann auch sehr laut schweigen

Das ist vorbei: Als meine Frau den Amtsleiter a. D. Mag. (FH oder Universität?) Matthäus Radner wissen ließ, dass es ein Irrtum sei, die Neugestaltung der Bahnhofstraße für einen Akt der Urbanisierung und ein Vorzeigebeispiel für zeitgenössisches Urban Design zu halten, erbat sich der Adressat der Kritik Verbesserungsvorschläge, die er nach Recherche einiger Best-Practice-Beispiele auch postwendend erhielt. Mit Fotos, Internetadressen und pi-pa-po. Was folgte: Nichts, niente, nada. Kein „Danke für Ihre Mühe“, kein „Wir werden dem nachgehen“, nicht einmal ein „Wir haben Ihre Anregungen erhalten und nehmen sie zur Kenntnis.“

Das ist Schnee von vorgestern, aber offenbar Standard geworden. Dazu ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Nach einem dezenten Hinweis aus der örtlichen Politszene sind wir draufgekommen, dass es offenbar jeder Bürgerin und jedem Bürger freisteht, die Ausschüsse des Gemeinderats mit Anträgen zu befassen, wie es im Bürokratendeutsch heißt. Unser darauf eingebrachter Antrag hatte die Renaturierung der Inneren Laudach zumindest im Ortskern zum Gegenstand und wurde jedem einzelnen der zwei Dutzend Mitglieder des Umweltausschusses per E-Mail mit der Bitte zugestellt, den Antrag in die Tagesordnung der nächsten Sitzung – für mich mittlerweile das Synonym für Politik in Vorchdorf – aufzunehmen.

Von zwei Dutzend Ausschussmitgliedern hat es kein einziges – ich wiederhole: kein einziges – der Mühe wert befunden, außer mit dröhnendem Schweigen (man kann bekanntlich nicht nicht kommunizieren) zu reagieren. Dabei sind im Ausschuss Menschen vertreten, die wir persönlich kennen. Was ich bei allem Bemühen noch immer nicht nachvollziehen kann, ist der Verzicht auf die elementarste Höflichkeit. Die in meiner Welt darin besteht, auf das Anliegen eines Anderen an mich in irgendeiner Form zu reagieren, und sei es noch so knapp und nichtssagend. So schürt man Demokratieverdrossenheit, Frustration und die Emotionen, die aus Bürgern Wutbürger machen.

Dass der Antrag überhaupt behandelt und vorerst abgelehnt wurde, haben wir dann doch noch erfahren, als wir schon gar nicht mehr damit gerechnet haben: Zuerst über die Bande und dann, gestern am Nachmittag, aus einer Elektropostsendung von Amtsleitungsassisentin Streng. Kommunikation stelle ich mir trotzdem anders vor.

5 Gedanken zu „Vergessen wir es einfach

  1. Alfred E. Neumann

    Servus Flo, wir sind also beide keine herkunftsmäßigen Originale im Markt voller Leben, aber wir mögen diese Gegend beide sehr. Und nun decken sich wohl auch unsere Erfahrungen, was die Kommunikationsfähigkeit der Ortspolitik, inklusive Grundregeln der Höflichkeit (vornehmlich der alteingesessenen Kaste, Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel), angeht. Was meinst du, könnte es denn nicht daran liegen, dass Engagierte und kritische Geister die Polit-Capos mit konkreten Fragen und Vorschlägen einfach nur völlig überfordern? Kann dieses „laute Schweigen“ nicht dadurch begründet sein, dass die Politelite einfach keine Argumente hat, panische Angst vor kritischen Fragen vorherrscht oder man Vorschlägen von Normalbürgern grundsätzlich nichts abgewinnen mag? Egal, ob Inkoba mit Autobahnkreisel, Verein Zukunft Vorchdorf, Uralt-Projekt Bildungscampus, Ein-Euro-Katze im Sack-Rückkauf oder eben der Tanglberg – wegducken, schweigen und hoffen, dass der Sturm bald vorüber ist und Bürger*in eh vergesslich ist. So wird´s wohl der Dürren Laudach auch ergehen. Streit und Klagen anstatt lösungsorientierter Kommunikation, Stillstand und Bewahren vs. Strategien oder Visionen. Drum meine Bitte: Sei du geduldiger als ich.

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  2. Albert Sprung

    Noch in der letzten Legislaturperiode hatte ich die Gelegenheit bei einer Gemeinderatssitzung ein Procedere aufzuzeigen, welches geeignet ist die Gemeindepolitik und die Gremien (Aussüsse) transparenter zu gestalten und insbesondere die Bürger über den Status von Anfragen und Anträgen laufend zu informieren. Das wurde seitens der „Regierenden“ nur belächelt, und mir wurde von Gemeinderat Gerhard Radner sogar vorgeworfen, ich hätte aus „Managment Büchern“ abgeschrieben, also sozusagen mich auf bewährtes Wissen berufen – das entlockt mit immer noch ein Kopfschütteln, welche Groteske.

    Seit der aktuellen Legislaturperiode verantworten wir (Liste für Vorchdorf) selbst einen Ausschuss und halten nicht nur von Antragsstellung weg Kontakt mit den Antragsstellern, sondern informieren diese auch schriftlich über die Ergebnisse im Ausschuss. Dieses Verständnis der Serviceorientierung der Gemeinde hat aber leider in anderen Ausschüssen und in der Gemeindeverwaltung noch nicht Eingang gehalten.

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      1. Bernhard Ettinger

        Artikel ist gut auf den Punkt gebracht. Ganz in einen Topf werfen lasse ich mich aber nicht als Ersatz-Mitglied im Umweltausschuss für die LV. Denn der Hinweis (über den ich immer gerne informiere), dass jede und jeder Anträge an Ausschüsse stellen kann, kam im konkreten Fall von mir. Uns als Bürgerliste für Vorchdorf ist Einbindung der Menschen wichtig.

        Hauptverantwortlich für einen Ausschuss sind die Obleute. In diesem Fall Bernhard Kontschieder (SPÖ). Dass der Antrag etwas unglücklich formuliert ist, mag sein, ein Grundsatzbeschluss für eine Renaturierung wäre dennoch meiner Ansicht nach möglich gewesen. In Gesprächen mit den Ausschussmitgliedern kann dies sicherlich erörtert werden.

        Dass vor allem manche in der ÖVP wenig Freude haben mit Bürgerinfo, zeigt dieser Krone-Artikel vom 18.12.21, also kurz nach der Wahl: https://www.krone.at/2583940

        Wir bleiben aber dabei: Alle Bürgerinnen und Bürger können sich mit Anliegen gerne an uns wenden, wir nehmen uns die Zeit.

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  3. Franz Steinhaeusler

    Lieber Herr Florian Sedmak, da steckt viel in Deinem/Ihrem Kommentar, dem ich auch ich zustimme. Im Prinzip befasse ich mich nicht mehr mit so etwas, vergeudete Energie. Sollen machen was sie wollen. Die Lebensqualität in Vorrchdorf hat durch die ÖVP Monopolstellung (Geld, Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft, Zerstörung) in den letzren 10, 15 Jahren drastisch abgenommen. Lärm, Verkehr, Bodenvernichtung, Zersiedelung… all das hat massiv zugenommen. Vor Inkoba wurde auch niemand gefragt, ob die riesiege Verunstaltung und Flächenversiegelung/Bodenzerstörung den meisten genehm ist. Es wurde einfach mehr oder weniger heimlich beschlossen. Ich werde mich ab jetzt aus allem raushalten, was diese Provinzpolitik und einige Wichtigmacher betrifft, gibt, hmm, ja so viele „Gescheite“ hier, die uns sagen, weils wir nicht wissen, was das Beste für uns ist und sie uns das von oben herab sagen.

    Alt werden will ich hier in diesem Konglomerat aus Bauerndorf, egoistischer kurzsichtiger Kleinkariertheit, fragmentiert durch hässliche riesige Firmengebäuden, nicht. Es gibt schönere Orte mit mehr Sinn für Ästhetik und Raumplanung. Feldham war für mich immer „heilig“ für die Felder, daher der Name. Ich finde das schrecklich, man sollte die „Ortschaft“ auf „Betonham“ oder „Gewerbegebiet XY“ umbenennen.

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