Wehrschütz – Journalistenleben zwischen Darth Vader und Jungfrau Maria

17. April 2023
Gastbeitrag von Rosina Sturm

ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz vermittelte Einblicke in seine abenteuerliche Arbeit, mit der er zuletzt hauptsächlich durch Berichte aus der Ukraine bekannt wurde. Eine unvollständige Nachbetrachtung des Abends der Bibliothek Vorchdorf am 12. April in der Hoftaverne Ziegelböck.

Der Saal war brechend voll. Alle wollten Christian Wehrschütz hören und vor allem auch sehen. Bis zu seinem Eintreffen lief alles in gewohnten, gut vorbereiteten und jahrzehntelang erprobten Bahnen. Er kam – und mit ihm die Hektik! Auf der Bühne wollte er nicht sitzen, sondern zwischen den Tischreihen gehen, im direkten Kontakt mit dem Publikum. Auch gut. Auf die Technik ist nicht immer Verlass, wie wir wieder feststellen konnten, und so ließ Christian Wehrschütz seine voluminöse Stimme ertönen, bis er sich doch auf ein kleines Mikrofon besann.

Zunächst sprach er ohne Punkt und Komma über die abgesplitterten Staaten unseres Nachbarlandes, des ehemaligen Jugoslawien. Wehrschütz ist ausgewiesener Balkanexperte, hat viele einflussreiche Politiker interviewt und Hintergrundinformationen gesammelt, die seine Berichte so wertvoll machen. Anekdoten lockerten seinen Bericht auf. Wehrschütz berichtete, dass es nicht leicht sei, für den ORF Interviews zu bekommen, da diese Politiker in erster Linie die eigenen Medien bevorzugen, um in ihrem jeweiligen Land gut vor der Bevölkerung dazustehen – außer man ist Reporter von CNN oder der BBC.

Vom Maidan bis an die Front

Die Ukraine kennt kaum jemand so gut wie Christian Wehrschütz. Er erlebte die Revolution auf dem Maidan, die Krim-Krise, Ausrufung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk, erbitterte Kämpfe, den Abschuss der Passagiermaschine MH 17, brüchige Waffenruhen und zähe Verhandlungen… Immer wenn er die Splitterweste überstreift und mit seinem Fahrer so weit es geht in das Kampfgebiet fährt, um von dort authentische Berichte zu liefern, ist es ein Spiel mit dem Tod. Und immer ist er froh, wenn er die Jacke wieder ausziehen kann und alles gut gegangen ist.

Gespräche mit einflussreichen Politikern, politischen und militärischen Akteuren – auf Seite der ukrainischen Freiwilligen und der prorussischen Rebellen – sowie mit „ganz normalen“ Menschen ermöglichen ihm neben seinen Sprachkenngtnissen ein vielseitiges Porträt der Krise. Auf die Frage eines Zuhörers, ob er sich mit ausländischen Reportern austauscht, erwidert Wehrschütz, dass man sich hier und da über den Weg läuft, aber bis auf Fragen, wie man wohin gefahren ist und welchen Weg man genommen hat, gibt es keine Berührungspunkte. Wichtig ist für ihn der Telegram-Kanal, wo am Tag bis zu 40 wichtige Meldungen gebracht werden, die er bearbeiten und analysieren muss, denn die Ukraine ist heute mehr denn je ein gespaltenes Land. Auf die Frage, wie lange der Ukrainekrieg noch dauern wird, erwidert Wehrschütz, dass das niemand wisse, da es ein Stellvertreterkrieg zwischen USA und Russland sei.

Seine private Seite zeigt Wehrschütz, wenn er berichtet, dass nach seiner Rückkehr zu Hause zuerst der Einkaufszettel geschrieben und einkaufen gegangen wird. Seine Frau ist ein ganz wichtiger Bestandteil in seinem Leben, die alles managt und in die richtigen Bahnen bringt. Sein größtes Glück ist sein Enkelkind.

2 Gedanken zu „Wehrschütz – Journalistenleben zwischen Darth Vader und Jungfrau Maria

  1. Gottfried Ohler

    Eine sehr gute Zusammenfassung von diesem Abend.
    Ich konnte wegen Terminkollision leider nicht anwesend sein. Ein Freund, der live dabei war, erzählte mir aber ausführlich von dieser absolut gelungenen Veranstaltung.
    Ein DANKE dem ganzen Biblio-Team für die Organisation.

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  2. Bernhard Ettinger

    Danke für den interessanten und informativen Gastbeitrag. Aus terminlichen Gründen konnte ich leider nicht selbst vor Ort sein.

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