Sommergespräch 2024/3 – Helmut Maier: Doch lieber Kaufmann als Politiker

22. Juni 2024

Es ist reiner Zufall, dass wir nach Karl Windischbauer in Helmut Maier einen weiteren Gesprächspartner getroffen haben, der maßgeblich an der Gründung des Vorchdorfer Werberings beteiligt war. Was die Entwicklung Vorchdorfs anbelangt, hat aber auch er einiges zu erzählen.

Helmut und Elfi Maier genießen nach einem arbeitsreichen Leben das schöne Vorchdorf in vollen Zügen. Oft kann man die beiden bei ausgedehnten Spaziergängen oder Radtouren treffen. „Wir sind gerade von einer schönen Runde mit den eBikes über den Bäckerberg heimgekommen“, erzählt Elfi vor unserem Interview. Bewundernswert, wie aktiv und fit die beiden sind!

Ein tiefer Griff in die Vorchdorfer „Wirtschaftsgeschichte“: ADEG Maier-Leeb, Bahnhofstraße, heute NKD. Datum unbekannt, aber vor 1990.

Die Maiers haben die Tradition ihrer Ahnen in vierter Generation fortgeführt und waren noch klassische Kaufleute. Kein Supermarkt mit einem überbreiten Sortiment also, sondern ein richtiger Nahversorger: Auf gerade einmal 50 qm Verkaufsfläche wurden Gemischtwaren, also Lebensmittel, Drogerieartikel und auch Textilien angeboten. Zudem gab es eine Theke für Kaffee und Plausch, durchaus bedeutsam für Dorfleben und Einkaufserlebnis. Aber die beiden gingen sehr wohl mit der Zeit und eröffneten Anfang der 60er Jahre den ersten Selbstbedienungsladen in der Gegend. Es war wohl absehbar, dass die klassischen Nahversorger aussterben würden. Die Frequenz bestimmt den Erfolg, und Helmut denkt dabei an die Pläne in der Fischböckau, die er nie für erfolgversprechend gehalten hat. Erfolgreich fortgeführt wird die Familientradition in fünfter Generation von Tochter Susanne mit ihrem Modegeschäft „Susanne.Anziehend“. Dazu gehörte dann aber auch, vom elterlichen Standort in der Bahnhofsstraße in das Fachmarktcenter am Ortsrand zu übersiedeln.

Kleingewerbe gegen Konsum: David gegen Goliath

In den 60er und 70er Jahren, erzählt Helmut, gab es übrigens mehr als 20 (!) Nahversorger auf dem weitläufigen Vorchdorfer Gemeindegebiet. Als dann der Konsum am heutigen Spar-Standort Pläne für ein 4000 qm großes Warenhaus gewälzt hat, war das der Startschuss für den Werbering. Kaufleute und Gewerbetreibende haben sich gemeinsam zum Widerstand gegen das Projekt formiert – die Initiative war zunächst erfolgreich, später sollte der Konsum dann am heutigen Penny-Standort logieren. Der bemerkenswerte Zusammenhalt der Gewerbetreibenden, die keinen Geschäftsneid kannten, ist Helmut noch in bester Erinnerung. Der „schwarzen“ Ortspolitik hat man gegen das Projekt des „roten“ Konsum übrigens eine Tafel mit der Botschaft „Für die Demolierer der Nahversorger“ und deren Auswirkungen in Aussicht gestellt. Die damalige politische Unabhängigkeit der kämpfenden Werbering-Mitglieder war mit ein Grund für eine breite Akzeptanz und die gute Entwicklung.

Seine Mama hat ihn vor der Politik bewahrt

Helmut hat sein Geschäft von der Pieke auf gelernt, Auslandsaufenthalte und berufliche Stationen in Linz inklusive. Sein Weg als Kaufmann war durch die Familie vorgegeben. So gesehen hätte er sich eigentlich auch in der Politik engagieren müssen, saßen doch Vorfahren im Gemeinderat oder waren gar Bürgermeister (von Roitham). Sein Vater war im oberösterreichischen Landtag und der Opa sogar Nationalratsabgeordneter. „Die Mama hat mich aber vor der Politik gewarnt“, erinnert er sich. Außerdem war für sein Geschäft die Unabhängigkeit nicht unwichtig. Die Mutter von Ex-Bürgermeister Schimpl hat übrigens bei Helmuts Eltern gelernt und war lange Zeit eine verlässliche und beliebte Kollegin. So gesehen waren Arbeit und Politik schon immer Wegbegleiter.

Wenn man Helmut heute dazu fragt, kann man sich des Gefühls nicht erwehren, die Politik hätte ihn schon sehr gereizt. „Damals war aber vieles noch anders. Es gab mehr Zusammenhalt, Gemeinschaft und vor allem Toleranz und Respekt. Die haben ja noch miteinander geredet!“ Etwas, das ihm heute fehlt.

Seine Elfi und er haben sich in Vorchdorf vielfältig engagiert, z. B. als treibende Kräfte bei der Neugründung der Faschingsgilde samt Narrensitzungen und Faschingszeitungen. Ob das „Häusln“, der Fetzenball oder die Besetzung des Gemeindeamts, es sind viele schöne Erinnerungen an die früher engere Gemeinschaft. Erinnerlich auch die besondere Jaga-Tee-Mischung, die oftmals zu Ausfällen, aber auch gesteigerter Einkaufslaune bei den selbstveranstalteten Flohmärkten geführt hat – nähere Details dazu waren nicht zu bekommen! Auch noch in Erinnerung ist der stinkende Käse, den man gerne bei ausgewählten Akten im Gemeindeamt deponiert hat. Ob denn das nicht eine durchaus zeitgemäße Tradition wäre? Spaß beiseite, soviel Humor gibt´s heutzutage weder in der Amtsstube noch am Polizeiposten.

Mehr Miteinander wäre wichtig

Als bei einer Weihnachtsfeier des ATSV, dem „roten“ Sportverein, ein extra aus Linz angereister SPÖ-Landesrat politische Reden schwingen wollte, hat der Vereinsobmann unmissverständlich klargestellt: „Du kannst gern kommen und uns sponsern, aber wennst wegen der Politik kommst, kannst glei´ wieder verschwinden!“ Die gute Zusammenarbeit von rotem ATSV und schwarzer Union wollte man sich parteiübergreifend eben nicht schlechtreden lassen. Ein Beispiel von Helmut für starke Persönlichkeiten mit klaren Botschaften, die er sich wieder wünschen würde.

Gut in Erinnerung ist ihm auch die Bürgerbefragung, um mehr über die Erwartungen und Wünsche der Vorchdorfer:innen zu erfahren. „Warum macht man das eigentlich nicht mehr?“, fragt er sich. „Die verkehrspolitische Katastrophe wäre da wohl gleich einmal ein heißes Thema. Als Radlfahrer bin ich in Vorchdorf ja wirklich eine arme Sau“, meint er unverblümt. „Halbwegs sicher zum V-Center und in die Supermärkte, da brauchst schon gute Nerven“, ergänzt Elfi, die ihre Einkäufe gerne mit dem Fahrrad erledigt.

Wie würde es denn Helmut als Bürgermeister anlegen?  Sehr einfach: Nach einer genauen Analyse ein Ziel für den Ort ausgeben und sich dann bemühen, dass alle an einem Strang ziehen. „Letztendlich ist es ja egal, wer bei welcher Partei ist, die beste Idee muss von allen mitgetragen und mit Fokus auf Vorchdorf und die Wünsche der Bürger umgesetzt werden“, seine recht pragmatische Ansicht. „Dieses ewige Hick-Hack müssen´s abstellen, die sollen wieder ehrliche, gradlinige Politik machen, mehr miteinander reden, so wie wir´s früher ja auch hatten“, ergänzt er unmissverständlich.

Zum Abschluss noch um seine Botschaft an die Ortspolitik gefragt, meint er: „Für Vorchdorf, mit objektiven politischen Entscheidungen für den Ort und für die Bürger.“

 

Ein Gedanke zu „Sommergespräch 2024/3 – Helmut Maier: Doch lieber Kaufmann als Politiker

  1. Albert Sprung

    Großartige Arbeit des Invo.report! Eine wahre Bereicherung für Vorchdorf – besonders die Sommergespräche. Auch wenn nicht alle unsere Kommentare veröffentlicht werden, sind wir von dem positiven Beitrag dieses Mediums für Vorchdorf überzeugt. An dieser Stelle möchten wir auch den vielen Freiwilligen danken, die dies ermöglichen.

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