20. September 2024
In einer Presseaussendung der Recycling Pfand Österreich von Anfang Juli wird über die Auftragsvergabe für den Aufbau von Sortieranlagen und Zählzentren informiert. Der Hintergrund ist das Kreislaufwirtschaftsprojekt für das ab 2025 notwendige Pfandsystem von PET-Flaschen und Aludosen. So weit, so gut. Interessant wird’s an der Stelle, an der über die Lage des „Zählzentrums Nord“ informiert wird. Es soll in Vorchdorf sein.
Jeder, der schon einmal ein Sechsertragerl Bier käuflich erworben hat, kennt das System: An der Supermarktkassa wird für jedes Flascherl Gerstensaft Pfand kassiert. Wird nach dem Genuß das Leergebinde retourniert, bekommt man den Einsatz wieder zurück und die Flaschen werden wieder verwendet. Ab Jänner wird ein ähnliches System für PET-Flaschen und Aludosen eingeführt, um die Rohstoffe in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Der einheitliche Pfandbetrag von 25 Cent wird auf Behältnisse mit 0,1 bis 3 Liter eingehoben. Dazu muss eine entsprechende Logistik aufgebaut werden. Die Supermärkte tun das bereits und adaptieren die Rücknahme-Automaten für Glasflaschen bereits.
Aber es gibt ja auch noch andere Anwender: Ob am Würschtlstand oder im Büro, überall dort, wo z. B. Mineralwasser aus einer PET-Flasche (oder, sofern man es mag, Bier aus der Dose) getrunken wird, sollen die selbstverständlich auch gesammelt und retourniert werden. Das nennt man dann Manuelle Rücknahme, zumeist mittels plombierter Säcke. Schließlich will auch der Würschtlstandbetreiber seinen Einsatz retour.
„Die manuellen Zählstellen sind ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der manuellen Rücknahme bzw. Zählung. Nur wenn diese effizient funktionieren, bekommen die manuellen Rücknehmer das Pfand rasch retourniert“, informiert Simon Parth als Co-Geschäftsführer von Recycling Pfand Österreich, wo man für ein funktionierendes System verantwortlich zeichnet. Auch wenn es anfänglich Übergangsfristen geben wird, die Zeit drängt.
Dafür hat die Recycling Pfand Austria (hier findet man übrigens umfangreiche Infos zum Pfandsystem) in einer öffentlichen Ausschreibung die notwendigen Zähl- und Sortieranlagen vergeben. Eine Sortieranlage wird von der Nemetz Entsorgung & Transport AG im burgenländischen Müllendorf betrieben werden. Diese Anlagen sollen eine Kapazität von 55–65.000 Tonnen/Jahr haben. Die Ökopoint GmbH, die zur Unternehmensgruppe Kerschner Umweltservice in Pöchlarn gehört, hat wiederum den Zuschlag für die ersten beiden Zählzentren erhalten. Im ersten Schritt geht es um einen Standort im Süden, konkret in Dobl bei Graz, und einen im Norden.
Logistische Erschließung der Vorchdorfer Pampa
In der erwähnten Presseaussendung soll diese Zählstation demnach in Vorchdorf entstehen. „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, sodass wir im Jänner erfolgreich mit der Inbetriebnahme der Zählzentren starten werden“, freut sich Firmenchef Kerschner im Pressetext. Das wäre dann also in knapp drei Monaten, Wichtig zu verstehen ist, dass Kerscher Umweltservice sich mit voraussichtlich fünf Mitarbeitern ausschließlich um den Betrieb der Anlagen kümmern wird, die Standortauswahl dagegen bei der Recycling Pfand Österreich getroffen wird. Mehr als eine Lagerhalle ist für diesen Betrieb nicht notwendig.
Unseren Recherchen nach geht man von rund 2,3 Milliarden Gebinden in Österreich aus. Geschätzte 10 % davon werden über die Manuelle Rücknahme im System landen. In Vorchdorf wird mit ca. 50 Mio. Gebinden gerechnet, die gezählt, sortiert und gepresst werden. Dieses Material geht dann zurück zu den Herstellern – und der Kreislauf startet erneut. Auf Basis dieser Mengen kann Vorchdorf mit 6 – 8 LKW-Anfahrten/Tag rechnen.
Unsere Standort-Recherche läuft noch, wir warten auf eine finale Bestätigung. Ungern wollen wir uns auf Gerüchte verlassen, wonach die Zählstelle an der Adresse des ehemaligen Urkornhofs Kammerleithner angesiedelt werden soll. Nur weil diese Adresse auf Point 11 lautet, muss deswegen ja nicht gleich Ökopoint dort ein neues Zuhause finden. Abgesehen davon kann dieser Standort aus rein logistischer Sicht aber wohl nicht wirklich als Optimum bezeichnet werden, liegt der Urkornhof doch idyllisch zwischen Feldern und Wiesen, erreichbar nur über sehr enge Straßen. Die Anfahrtsskizze des ehemaligen Urkornhofs beschreibt den Weg übrigens über Vorchdorf und die Fischböckau, nicht aber über Eberstalzell. Geschenkt, beide Routen sind für die mutmaßlich großen (und vielen?) LKWs alles andere als geeignet.
Wir sind im Übrigen eher zufällig über diese Pressemeldung gestolpert, die, wie erwähnt, bereits mit 3. Juli 2024 datiert ist. Durchaus bemerkenswert, dass seither knapp drei Monate ins Land gezogen sind, ohne dass dieses Projekt in der Gemeinde ein großes Thema wurde. Ob die Ortspolitik im Hintergrund Aktivitäten gesetzt hat, um zumindest das Projekt besser zu verstehen, vielleicht sogar um auf deutlich besser geeignete Standorte hinzuweisen, ist uns leider nicht bekannt. Bei einem derartigen Projekt denkt man ja unweigerlich an für LKW gut erreichbare Industrie- und Gewerbeflächen, aber nicht an die Pampas und grüne Wiesen. Im von Asamer abgeholzten Ohlsdorf gäbe es wohl auch noch Platz – quasi ohne private Nachbarn. Aus Sicht einer Flächenwidmung sollte wohl nichts gegen einen derartigen Standort sprechen, ansonst wäre ein Betrieb dieser Art wohl nicht auf der grünen Wiese möglich.
Übrigens, ob und wann die Gemeinde zu einer Information ausrücken wird, ist ebenfalls nicht bekannt – schaden könnte es aber nicht. Mal schauen, ob man unserem Ratschlag folgt.
Stellungnahme des Gemeindevorstandes Albert Sprung zum Bericht von invo.report über die Errichtung der Zählstation Nord in Vorchdorf
Ich möchte auf den veröffentlichten Artikel im invo.report reagieren, der über die Pläne zur Errichtung einer Zählstation für das neue Pfandsystem in Vorchdorf berichtet. Die Marktgemeinde Vorchdorf ist sich der Wichtigkeit und der positiven Umweltaspekte des Pfandsystems bewusst, das einen essentiellen Beitrag zum Recycling von Einwegverpackungen leisten soll. Wir unterstützen grundsätzlich Maßnahmen, die zur Kreislaufwirtschaft beitragen und den ökologischen Fußabdruck unserer Gesellschaft verringern.
Jedoch möchte ich/wir betonen, dass die Wahl des Standortes und die Planung des Projekts bislang ohne ausreichende Einbindung der Marktgemeinde Vorchdorf und insbesondere der Anwohner/Anrainer erfolgte. Dieses Projekt wird erhebliche Auswirkungen auf die lokale Infrastruktur haben. Insofern war es für uns verwunderlich, dass keine Konsultation und Einbindung der Gemeinde stattgefunden hat. Besonders das zu erwartende erhöhte Verkehrsaufkommen durch Anlieferungen und Abholungen an der Zählstation ist ein Aspekt, der viele Bürgerinnen und Bürger direkt betrifft und eigentlich eine sorgfältige Prüfung und Planung erfordert hätte. Das wurde auch so bereits vor einiger Zeit im politischen Gremium Gemeindevorstand besprochen.
Seitens der lokalen Politik – das kann ich an dieser Stelle mit Sicherheit sagen – ist es unser Anliegen, dass Umweltschutz und Lebensqualität in Einklang gebracht werden, und wir fordern daher eine offene und transparente Kommunikation und Beteiligung in allen weiteren Schritten des Projekts seitens der Betreiber. Die Marktgemeinde Vorchdorf sollte aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden werden, um sicherzustellen, dass der Standort und die Ausführung des Projekts den Bedürfnissen und dem Wohl unserer Gemeinde und ihren Bürgern dienen.
Daher appellieren wir an die Projektverantwortlichen, die Bedenken der Gemeinde und ihrer Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und aktiv in den weiteren Planungsprozess einzubinden. Ein kooperatives und abgestimmtes Vorgehen ist entscheidend, damit das Projekt erfolgreich realisiert werden kann, ohne die Anwohnerinnen und Anwohner unnötig und über die Maßen zu belasten.
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen! Es ist zu begrüßen, dass sich die Gemeinde bei diesem Projekt Gedanken zu Auswirkungen auf die Infrastruktur und ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zum Wohle der Anrainer macht. Wenn dem so ist, wird der Gemeinde ja mutmaßlich bekannt sein, wo der genaue Standort der Zählstelle sein soll. Darf man das erfahren, da meine Recherchen wie berichtet bislang leider erfolglos blieben. Unter der Annahme, dass das Gerücht mit der Adresse Point, also einer Anfahrt über die Fischböckau, stimmt, könnte man sich ja umgehend die Frage stellen, wie die Gemeinde das Thema „erhöhtes Verkehrsaufkommen“ im Zuge einer unlängst erfolgten Umwidmung von exakt 4.999 qm (mit mehrheitlicher Zustimmung, richtig?) für eine Betriebserweiterung, ebenfalls in der Fischböckau, bewertet hat. Hier lag die Entscheidung ja in Händen der Gemeinde.