20 Ampeln – für ein Siedlungssträßlein bei der Brauereikreuzung

3. Oktober 2024

Seit einigen Tagen ist Vorchdorfs weltweit erste Ampel in Betrieb. Sie regelt den Verkehr an der Keuzung Brauereistraße/Gmundner Bezirksstraße. Und zwar nur, wenn die Traunseetram kommt, also werktags meist zweimal alle 30 Minuten. Was da wirklich Sinn der Sache ist? Ein kurzes Feldforschungsprojekt.

Frisch in Betrieb: die Ampelanlage der Brauereikreuzung

Es sind tatsächlich 20 Ampeln, allerdings nur rot und gelb, die anspringen, kurz bevor ein Zug aus Richtung Gmunden kommt oder vom Vorchdorfer Bahnhof Richtung Gmunden fährt. Sofort nachdem die Züge die Brauereistraße passiert haben, erlischt das beeindruckende kleine Lichtermeer wieder. Das heißt, nein! Ein Teil erlischt schon vorher. Und viele Autofaher:innen, die sowieso nie die Absicht gehabt hätten, die Gleise zu überqueren, fragen sich seither: Und zu was das jetzt?

Es ist kompliziert. Die ganze Installation inklusive städtisch anmutender neuer Asphaltflächen und Fahrspuren resultiert im Kern aus einer für das Eisenbahngesetz ungemütlichen Vorstellung: Der Zug naht, und ein Fahrzeug, das aus der Brauereistraße über die Gleise auf die Landesstraße will, muss, weil nachrangig, warten. Leider ist es aber vielleicht zu lang und sein Hinterteil steht noch im Gleis. Theoretisch: Kollisionsgefahr. Praktisch wohl kaum, denn egal aus welcher Richtung: Der Zug könnte problemlos bremsen. Oder ein Einbieger von der Bezirksstraße ignoriert die bisherige Stopptafel, weil er den Lkw von hinten mehr fürchtet als die Bahn, die kommen könnte.

Safety first! Aber wird das wirklich sicherer?

Deswegen gibt es nun folgenden Lichtertanz, der auf den ersten Blick bizarr erscheint, aber durchaus seine Logik hat: Rund eine halbe Minute vor Herannahen des Zuges bekommen alle Richtungen Rot. Und zwar nur, damit der arme Teufel, der bis jetzt (im Video theoretisch von links kommend) die Gleise blockiert hat, losfahren kann. „Seine“ Ampel ist auch rot, aber die hat er ja schon hinter sich. Kurz darauf – der Zug ist schon zu sehen – erlöschen die meisten Ampeln bis auf jene, die das Überqueren der Gleise verbieten. Das sind nicht ganz wenige, denn die Gleiskreuzung soll ja deutlich für alle vier Richtungen  „rot“ sein.

Wer mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertraut ist, versteht an dieser Ampelregelung ohnehin kaum mehr als „Bahnhof“. Muss er auch nicht, Hauptsache, er stoppt. Für halbwegs Ortskundige braucht es immer noch Hirnschmalz, um die Sache zu verstehen, zumindest solange man noch nie den erwähnten armen Teufel auf dem Gleis erlebt hat, der endlich auf die Bezirksstraße kommt. Man kann nur hoffen, dass insgesamt die Ampeldisziplin keinen Schaden bei denen nimmt, die nicht dahinterkommen, warum sie nun gehalten haben.

Von der Brauerei kommend: Kein Rot, außer geradeaus.

Verwirrung stiftet aber auch die schiere Anzhahl der Lichter und die Verkehrsführung. Von der Brauerei kommend, liegt  die Haltelinie um Etliches vor der Straßeneinmündung. Erlischt hier das Rot, kann man vorfahren bis zur Stopptafel, wird aber gleichzeitig von mehreren roten Ampeln irritiert, die eigentlich nur sagen: Nicht geradeaus fahren! Da man gleichzeitig den Querverkehr beobachten muss, kann das vor allem bei schlechten Sichtverhältnissen herausfordernd sein.

Keine Sache der Gemeinde – eigentlich

Hauptsächlich zuständig für die großformatige Lösung sind das Land und Stern + Hafferl. Die Gemeinde war bei dem Projekt, das bereits vor den letzten Wahlen fertig geplant wurde, zwar mit am Tisch, aber nicht entscheidend. Auch finanziell beteiligt hat sich Vorchdorf nicht, was sonst üblich ist. Der Deal war, dass man durch die neue Parallelstraße in Weidach einige Ampelkreuzungen „erspart“ hat. Ganz ohne Verantwortung ist die Gemeinde allerdings auch nicht. Denn dass die Brauereistraße wegen des geringen Abstands zwischen Gleis und Bezirksstraße nicht mit einer normalen Ampel nur für diese Gemeindestraße davonkommen konnte, war absehbar.

Doch offenbar wollte oder konnte sich niemand an einer Lösung die Finger verbrennen, die unterm Strich wohl einfacher und effizienter gewesen wäre – zum Beispiel die Brauereistrße an einer anderen Stelle in die Bezirks- oder die Bahnhofstraße münden zu lassen.

3 Gedanken zu „20 Ampeln – für ein Siedlungssträßlein bei der Brauereikreuzung

  1. Albert Sprung

    Der „Ampelwahn“ an der Brauereikreuzung in Vorchdorf ist ein Paradebeispiel für eine technische Überoptimierung und ein mangelndes Engagement für eine optimale, den lokalen Gegebenheiten angepasste Lösung durch unseren Dorfobersten. 20 Ampeln für eine kleine Siedlungsstraße sind eindeutig übertrieben und führen eher zu Verwirrung als zu mehr Sicherheit. Natürlich: Sicherheit an Bahnübergängen hat oberste Priorität, aber muss es wirklich ein solches Lichtermeer sein, das den Verkehr eher behindert, anstatt ihn flüssiger zu machen?

    Statt der Ampelanlage hätte vielleicht auch eine einfachere und mit Sicherheit günstigere Lösung, wie eine intelligente Schrankenregelung, ausgereicht. Stattdessen hat man nun ein komplexes Ampelsystem, das selbst Ortskundige verwirrt, und bei schlechten Sichtverhältnissen die Kreuzung noch gefährlicher macht.

    Als „ortskundiger“ Bürgermeister hätte man sich da einbringen müssen, um zu einer den lokalen Gegebenheiten und den Verkehrsfluss fördernden Lösung zu kommen. Das ist nicht passiert. Aber wenn unser Dorfoberster schon bei einer einfachen Kreuzung überfordert ist, dann frage nicht, was beim Schulneubau rauskommt. Mir schwant nichts Gutes.

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  2. Bernhard Ettinger

    Das Team des INVO.report leistet hier wieder einmal hervorragende Arbeit, und die ehrenamtlich. Leider hat der Bürgermeister nicht zugelassen, dass es ein derart fundierter Bericht in die Gemeindezeitung schafft. Der dortige Platz für Straßenthemen ist begrenzt, da hätte nicht einmal ein halber Artikel in dieser Ausführlichkeit Platz. Es wäre wünschenswert, wenn Straßenthemen mehr Platz vom Bürgermeister eingeräumt wird.

    Viele werden sich sicherlich über das abrupte Ende des Radweges beim Trafo wundern. Grund: der Bürgermeister. Ursprünglich wäre der Weg um den Trafo herum geplant gewesen. Weil der Bürgermeister das aber anders haben wollte, hat er sich selbstständig eingemischt, ohne Rücksprache zu halten.

    Nun hat Vorchdorf den Salat. Der Radweg endet mit einer Gehsteigkante. Als Draufgabe steht zusätzlich ein Mast mitten im Weg. Gute Lösungen sehen anders aus.

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  3. Christian Aschauer

    Danke für die Beschreibung. Da im Text auch die „Parallelstraße Weidach“ angeführt ist, wäre doch ein Update zum nur fast fertigen „Radstern Gmunden“, zum Begleitweg Weidach, zu den eingesparten Bahnübergängen und vor allem zum sicheren (Schul-)Weg von Falkenohren zur Traunseetram interessant.
    Und falls jemand das System für die Fussgänger von und zu der Zugstation Weidach über die neue Brücke nach Falkenohren versteht, würde ich mich über eine Klärung freuen. Danke fürs Forschen!
    (Als Anrainer ist hierzu keine konkrete Information erhältlich). MfG, CA

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