24. Oktober 2024
Meinung am Donnerstag
Drei Jahre ist es schon wieder her, dass am 28. Oktober 2021 mit dem Vorchdorfer Gemeinderat auch der Bürgermeister angelobt wurde. Im damaligen Shoot-out einer Stichwahl hat sich Johann Mitterlehner (ÖVP) gegen Albert Sprung (Liste Vorchdorf) durchgesetzt. Halbzeit und Gelegenheit für eine Zwischenbilanz – sollte man meinen. Leider hat das Ortsoberhaupt aber kein Interesse an einem Gespräch zu den vergangenen und zukünftigen drei Jahren seiner Amtszeit. Mangels Gesprächspartner ziehen wir unsere eigene Bilanz.
Einige Redaktionskollegen haben es befürchtet, manche wiederum nichts Anderes erwartet. Und der Bürgermeister hat uns mit seiner Absage tatsächlich nicht enttäuscht. Kann er nicht, will er nicht, darf er nicht, traut er sich nicht? – Wir wissen es nicht. Dass ein Bürgermeister nicht über seine Arbeit für die Gemeinde reden will, ist fast schon bezeichnend.
Rückblick: Undankbare Aufgabe, Altlasten ohne Ende und als Draufgabe eine Bürgerliste
Nach der eher überraschenden Ankündigung von Gunter Schimpl, bei der Bürgermeisterwahl 2021 nicht mehr anzutreten, wurde ein Urgestein der ÖVP Vorchdorf, der Landwirt Johann Mitterlehner, als Zugpferd eingespannt. Herbe Verluste seiner Fraktion und eine notwendige Bürgermeister-Stichwahl bescherten ihm einen, höflich ausgedrückt, eher mühseligen Start.
Schimpl hinterließ Mitterlehner tatsächlich jede Menge Baustellen und halbfertige Projekte. Wobei: Damals gab es zumindest Projekte, Visionen und Vorhaben – ob umsetzbar (z. B. Pool-Hotel) oder sinnvoll (z. B. Ein-Euro-Deal), das steht dann auf einem anderen Blatt.
Bürgerlisten entstehen vornehmlich dort, wo die Unzufriedenheit mit der Politik überhandnimmt. Es war zu erwarten, dass die neue Fraktion jeden Stein umdrehen würde – und so kam es dann auch. Nicht überall war der Skandal so groß, wie behauptet wurde. Einfache Bürger:innen haben schon bald den Überblick verloren. Die Streitereien wurden immer vehementer, teilweise auch ausfällig geführt, und sogar die anderen, eher ruhigen und schweigsamen Fraktionen waren alsbald mehr als genervt. „Kabarett Vorchdorf“ – so die Beschreibung aus der Nachbarschaft. Der inhaltliche Wert der hiesigen Gemeinderatssitzungen war oftmals enden wollend.
Wunschkonzert: Der perfekte Bürgermeister
Der Bürgermeister ist das geschäftsführende Organ der Gemeinde und sorgt für die Ausführung der Beschlüsse des Gemeinderates. Er ist das Gesicht der Gemeinde und vertritt sie nach außen. Damit sind aber nicht unbedingt regelmäßige Schlagzeilen in den Medien gemeint. Berufliche Qualifikationen und Vorerfahrungen sind für das Amt dagegen nicht dezidiert verlangt. Anhand unserer Gemeinde lässt sich aber festmachen, dass bestimmte Vorkenntnisse aus dem erlernten Brotberuf, wie z. B. Management- und Führungserfahrung definitiv nicht schaden können.
Was macht einen perfekten Bürgermeister aus? Er soll eine starke, selbstbewusste und vor allem durchsetzungsfähige Persönlichkeit sein. Die Freude am Umgang mit Menschen muss spürbar sein. „Einer von uns“, der nicht distanziert ist und gerne kommuniziert. Aber auch „einer für uns“, der als führungsstarke Persönlichkeit Entscheidungen trifft, Probleme nicht aussitzt oder verschleppt – auch die unangenehmen. Aus meiner Sicht unbedingt notwendig, in Vorchdorf aber ganz und gar nicht der Fall: Unabhängig von parteipolitischen Zielen soll er die Rolle des Moderators in der Kommunalpolitik übernehmen – für ein Miteinander stehen!
Unabdingbar außerdem der Wille, das Image des Orts zum Positiven zu verändern. Voraussetzung dafür ist eine Vision und ein Programm für die Gemeinde, zu dem mehrheitlich gestanden wird, vom politischen Mitbewerb und den Bürger:innen. Die Fähigkeit, Menschen für sich und seine Ideen zu begeistern, ist ebenso ein Must-have. Damit ist aber kein Grüß-Gott-Hansl gemeint, sondern eine entscheidungsfreudige, umsetzungsstarke Persönlichkeit, die verbinden kann und sich für eine positive Weiterentwicklung seiner Gemeinde einsetzt. Und zu guter Letzt: Man muss sich kritischen Fragen stellen, sich nicht davor verstecken! Kritiker als die Bösen hinzustellen und dumm sterben zu lassen, ist die falsche Antwort.
Vorchdorf: Ein Soll/Ist-Vergleich
Was, wenn man nun diesem Wunschbild die Vorchdorfer Realitäten gegenüberstellt? Eine von Beginn an strategisch sinnvollere Herangehensweise hätte wohl ganz viel Zank und Stillstand vermeiden können. „Umarme deinen Feind“ – so machen das große Politiker:innen. Die „Sturschädl“-Taktik, ständig Öl ins Feuer gießend, kann letztendlich keinen Konsens bewirken.
Wann immer ein Politiker auf sein Tun und Machen zurückblickt, sollte er mit Stolz auf vollendete Projekte verweisen können. Wie das wohl 2027 in Vorchdorf aussehen wird? Nachbargemeinden beweisen uns ja, wie rasch Projekte diskutiert, beschlossen und dann umgesetzt werden können. „Das Reden alleine reicht nicht, nur die Umsetzung zählt“, sagte mir unlängst ein Lokalpolitiker aus der Nachbarschaft. Wahre Worte gelassen ausgesprochen.
Weniger der Inhalt („Schreibt´s doch einmal was Positives, z. B. dass wir einen Bademeister suchen!“) als die Gesprächsbereitschaft zu Beginn der Ära Mitterlehner ließen mich persönlich ja noch hoffen. Rückblickend ein Irrtum, leider. Gerne wird von Offenheit und Miteinander gesprochen, aber es gab zu keinem Zeitpunkt Unterstützung, wenn es um Informationen seitens z. B. des „Vereins Zukunft Vorchdorf“ ging, eine barrierefreie Verfügbarkeit zu den Unterlagen zur „Gartenzeit 2031“ oder gar eine Einladung bei Pressekonferenzen der Gemeinde (stattdessen als besonderes Highlight der Rauswurf). Es gab keine klaren Worte zu Parteikollegen, die ohne nachvollziehbare Erklärung fremde Unterlagen an sich nehmen oder als in Parteimedien von „Bluthunden“ im Zusammenhang mit der Redaktion eines Ortsmediums die Rede war. Unzählige Beispiele, die das Gefühl vermitteln, der Bürgermeisten hat das Heft nicht in der Hand und zeigt lieber mit dem Finger auf die anderen. Dazu passend die Wahlkampf-Sujets mit dem aktuellen Bundeskanzler, auf denen demonstrativ die Hände in der Tasche sind und die mich an die radikalen Worte meiner Volksschullehrerin erinnern: „Hände aus dem Hosensack, das dürfen nur Diebe und Faulenzer machen!“. Aber vielleicht hat sie ja doch übertrieben.
Wo steht Vorchdorf
Durchaus bemerkenswert auch das Beharrungsvermögen und der Unwille zu absolut notwendigen Veränderungen: „Bewahrungsorientiert“, „mutlos“, „zögerlich“ – alles Worte, die in Gesprächen mit Mitbürgern gefallen sind.
Ist das Glas zur Halbzeit nun halb voll oder halb leer? Aus meiner Sicht gab es in der ersten Hälfte der laufenden Legislaturperiode zu viel Streit und zu wenig Umsetzung. Was sind denn die Leuchtturmprojekte und wann werden sie angepackt? Da muss man schon ein ziemlicher Optimist sein, um sich bis zur nächsten Wahl 2027 mehr Herzeigbares zu erwarten. Wenn schon für die Renovierung von kleinen Brückerln oder einen Spielplatzbau Jahre ins Land ziehen, wie wird das dann erst bei den wirklichen Herausforderungen, wie z. B. dem Neubau des Bildungszentrums, dem Lückenschluss des Ein-Euro-Theaters, der Attraktivierung der Bahnhofstraße, der Entschärfung von Verkehrs-Hotspots (Hofer-Kreuzung) und der Errichtung von Geh- und Radwegen sein? Halbzeit-Bilanz: Von ganz wenigen Projekten (z. B. Pumptrack der Naturfreunde, Gartenzeit 2031, nach jahrelangem Druck der Opposition dann Salvida) abgesehen, gibt es keine Visionen, keine Vorhaben, nichts Fertiggestelltes, das die Bevölkerung begeistern könnte. Verwunderung anstatt Bewunderung.
Wahrscheinlich ist die Bilanz am Gemeindeamt ähnlich ausgefallen. Von daher nachvollziehbar, warum der INVO.report keine Audienz erhalten hat. Somit darf es aber auch Hoffnung geben, dass die Strategie überdacht und angepasst wird, damit die nächsten drei Jahren produktiver werden und dass wir uns gemeinsam über viele tolle, abgeschlossene Projekte freuen können!
… denkt sich mit besten Wünschen
Alfred E. Neumann
Da bleibt nur zu hoffen, dass sich unser Bürgermeister den Podcast mit Klenk vom Falter und ÖVP-Bürgermeister Pressl anhört. Überhaupt würde es vielen Funktionären der Vorchdorfer Gemeindepolitik guttun, da reinzuhören (keine Fraktion ausgenommen). Und am Ende tut es der gesamten Dorfpolitik und damit den Bürgern gut.