2. November 2024
Kommentar von Michael Praschma
Die ultimative Spaltung der Gesellschaft ist ja nicht so wünschenswert. Können wir uns darauf erst einmal einigen? – Gut, dann reden wir doch einmal darüber, was wir dagegen tun können, nach dem alten Motto „Global denken, lokal handeln!“. Denn die Welt macht nicht Halt vor Vorchdorf.
Wer die letzte Zeit nicht unter einem Stein verbracht hat, wird es mitbekommen haben: Die Fans von Trump und Harris in den USA sind nicht einfach verschiedener Meinung – sie leben in unterschiedlichen Welten. Also, natürlich nicht tatsächlich, aber sie glauben an unterschiedliche Realitäten und Fakten. Dasselbe passiert in Österreich, es ist bloß noch nicht so extrem wie in den USA. Die Bruchlinie verläuft hier im Wesentlichen zwischen Fans und Gegner:innen der FPÖ. Und in Vorchdorf kann man mitunter den Eindruck gewinnen, etwas Ähnliches ist zwischen dem Lager der Liste Vorchdorf und – mit Abstufungen – den übrigen Parteien im Gange.
Du bist, was du liest – doch muss das so sein?
Fake News – den Begriff hat Donald Trump nicht erfunden, aber er hat ihn groß gemacht. Mit der Folge, dass immer mehr Menschen genau den Medien nicht mehr trauen, die noch am ehesten versuchen, Fakten zu checken. Stattdessen „informieren“ sie sich nur noch bei jenen Medien, die ihnen ihre Weltsicht bestätigen. Und bleiben dann eisern und gegen jede Evidenz dabei, dass Migranten die Haustiere der Einheimischen essen oder dass ein Entwurmungsmittel für Pferde gegen Covid 19 hilft.
Ja, stimmt, das sind Extremfälle. Aber wenn du mal mit jemandem zu tun hattest, der ganz sicher glaubt, dass die Erde eine Scheibe ist, dann weißt du, was auf uns zukommt, wenn es so weitergeht. Es fängt mit einer Diskussion über Ausländerkriminalität an und irgendwann ist der Mensch im Nachbarhaus einer, der weg gehört. Nämlich wirklich: weg.
Ein wesentlicher Grund für diese fatale Entwicklung ist eben die Mediennutzung. Es ist für Österreich gerade erst untersucht worden, dass auch hier die Leute schon angefangen haben, ihre Informationsquellen in bedenklichem Ausmaß tendenziös zu wählen. Eine Zusammenfassung dieser Studie gibt es u. a. bem ORF und beim Standard. Das hört sich dort noch relativ sachlich an, nicht so alarmierend. Aber wer sich umhört und umsieht, merkt doch, dass die Tugend, auch die andere Seite anzuhören, im Schwinden begriffen ist.
Und Vorchdorf? – Der INVO.report kann es sicher nicht allein!
Ein wirklich nur kurzer Lagebericht, denn der Zustand der örtlichen politischen Medienlandschaft ist bekannt. ÖVP und Liste Vorchdorf unterhalten auf ihren Websites und Social-Media-Seiten eine routinierte, wechselnd informationshaltige Gegnerschaft und werben in eigener Sache. Print kommt gelegentlich hinzu. Die Grünen informieren gedruckt und online mit ihrem Organ „GRÜNerLEBEN“ mit teils ausführlich recherchierten Themenbeiträgen. Die übrigen Parteien sind nur sporadisch medial mit breiteren Informationen vernehmbar.
Vorchdorfer Tipp und vorchdorfonline.at sind nach wie vor als Medien des Werberings eine gut und auch breit angelegte, schnelle Informationsquelle für alles, was im Ort passiert, aber erklärte Politik des Werberings ist eben, dass (kontroverse) Politik hier keinen Platz hat. Bezirksrundschau und Tips recherchieren selbst kaum. OÖ Nachrichten und Krone greifen manchmal etwas auf, können aber nur sehr ausnahmsweise an einem Ortsthema dranbleiben.
Nun zum INVO.report. Wir wären ja sehr gerne das Vorchdorfer Medium, in dem sich alle über alle Dinge und alle Positionen informieren können, wir streben danach, sind aber mit einem massiven Misstrauen – vor allem der ÖVP – konfrontiert, was dazu führt, dass wir Informationen aus dem Gemeindeamt meistens, wenn überhaupt, dann nur gegen großen Widerstand erhalten. Aber hier laufen nun einmal sehr viele Fäden zusammen. Diese Bunkermentalität macht die Arbeit schwer, umso mehr, als wir das alles mit wenigen Leuten in der Freizeit machen.
Die Chance wäre sehr groß für Vorchdorf: Ein Medium, in dem man sie alle findet und vergleichen und sich eine Meinung bilden kann: den Mitterlehner, den Sprung, den Schuster, den Ammer, die Gottenhumer und die Steinbach. Und Leute aus Gruppen, Vereinen und gescheite Menschen aus allen Ortschaften. Aber das können wir nicht erzwingen, sondern nur immer wieder und beharrlich dazu einladen. Unser Trägerverein führt das große Wort „Kommunikationskultur“ im Namen. Na ja. Es wäre schon viel, wenn Vorchdorf die bereits erkennbaren Spaltungen aufhalten könnte. Mit etwas gutem Willen vielleicht sogar schließen.
Wenn man argumentiert, dass Menschen ihre Informationsquellen in bedenklichem Ausmaß tendenziös wählen, um dann die Verbreitung einer Zusammenfassung der genannten Studie über selbst massiv tendenziöse und gesteuerte Medien wie ORF und Standard zu zitieren, ist das nicht nur hanebüchen. Es ist lächerlich. Nein, noch mehr: Es zeugt von einer Unkenntnis der wahren Ausrichtung und ideologischen Verpflichtung unserer österreichischen Medienlandschaft.
Dieser harsche Tadel bezieht sich auf etwas, das für die Aussage meines Beitrag völlig nebensächlich ist (aber bitte …). Für den im Kern wohl unbestreitbaren Befund, dass es „Informationsblasen“ gibt, deren jeweilige Bevölkerung die merkwürdigen Kreaturen aus anderen Blasen für nur vermindert existenzberechtigt hält – also dafür habe ich einfach die ersten greifbaren Quellen herangezogen. Geschenkt, ich bin an der Stelle nicht an einer Diskussion über ORF und Standard interessiert. Sehr wohl interessiert bin ich aber daran, dass auch morgen noch ein Herr Edtmeier und ein Herr Praschma gepflegt und ohne sich an die Gurgel zu gehen miteinander streiten können (Was ja derzeit der Fall ist). Das war eigentlich das Thema.
Lieber Michael, das war kein harscher Tadel. So viel Selbstüberhöhung kenne ich nicht. Aber wenn man im Zusammenhang mit tendenziöser Berichterstattung ORF und Standard als Quellen zitiert, dann wäre das, als würde man Berichte über einen umtriebigen Feuerteufel von der „Selbsthilfegruppe Brandstifter e. V.“ verbreiten lassen.
Na gut, einen noch, obwohl es ja, wie gesagt, nur am Rande zum Thema gehört und aus reiner Neugierde: Wenn nun ORF und Standard als Quellen für eine zitierte Studie hanebüchen und lächerlich sind, welche österreichischen Medien – bitte nur bis zu drei aufführen! – würdest du denn dann als spürbar (!) weniger tendenziös bevorzugen?
Vorab einigen können wir uns gerne darauf, dass es ein von jeder Tendenz völlig freies Medium nicht gibt und auch nicht geben kann. Es geht darum, wer sich wie viel Mühe gibt und deswegen eher vertrauenswürdig ist.
INVO.report über weiteste Strecken beispielsweise. 😉
Wenn Menschen anderen Menschen, die sie bereits lange Zeit kennen, und Medien, die sie ebenfalls schon lange Zeit kennen, weniger Vertrauen schenken als Web-Informationen mit unbekanntem Ursprung und nicht deklarierter Zielsetzung, ist der Schritt zur totalen Manipulierbarkeit gelungen.
Wir können uns anders verhalten: anrufen anstatt WhatsApp und sms, miteinander reden statt posten.
In diesem Sinne ist meine Notiz hier genau der falsche Weg!
Es erfordert Einsatz und Ausdauer und manches Mal auch Mut, sich offen für lokale Themen einzusetzen, hat uns ein hochrangiger Vertreter einer kommunalen Organisation als Reaktion auf die M.a.D. #45 wissen lassen. Unser Engagement, insbesondere, dass die Diskussion im Podcast unseren Alltag und unsere Erfahrungen aufgegriffen habe, bestätigt die breite Perspektive des Beitrags auf kommunale Herausforderungen.
Wie richtig die beiden Gesprächspartner im Podcast mit ihren Einschätzungen liegen, beweist unsere hohe Ortspolitik ja recht regelmäßig – leider! Soviel also zum Thema „Kommunikationskultur“ – entgegen einem Bürgermeister, dem anscheinend sogar der Mut zu einem Gespräch fehlt. Von Antworten zu einer kritischen Analyse der ersten Hälfte seiner Amtszeit reden wir da noch gar nicht.