16. November 2024
Die Informationsveranstaltung zur geplanten Zählstelle des neuen Pfandsystems erzeugte bei den rund 80 Anwesenden am gestrigen Freitag Ärger und Fassungslosigkeit. Selbst mehrfach wiederholte eindeutige Fragen an den Anlagenbetreiber Ökopoint förderten nur Ausreden zutage. Hauptproblem: Lkw-Verkehr auf ungeeigneten Straßen im Grünland.
Die einzig handfeste Neuigkeit von Ökopoint-Geschäftsführer Reinhard Kerschner an diesem Nachmittag betraf die Logistik: Es sollen nicht täglich 100 An- und Abfahrten mit „Sprintern“, also kleineren Transport-Lkw zum und vom Standort Point 11 sein, sondern bis zu 30, dafür mit „großvolumigen“ Lkw. Unzuständig erklärte sich Kerschner für die Frage, auf welchen Routen im Gemeindegebiet von Vorchdorf und Eberstalzell der Schwerverkehr rollen soll. Das ist Sache der Transportfirmen. Damit stellt sich andererseits die Frage, weswegen Kerschner sicher sein kann, welche Fahrzeuge überhaupt eingesetzt werden.
50.000 km vermeidbarer Schwerlastverkehr pro Jahr
Fest steht: Der abgelegene Standort Point 11 ist auf den letzten Kilometern überwiegend nur auf engen Güterwegen und Gemeindestraßen erreichbar. Mittlere Entfernung von den Autobahnabfahrten Vorchdorf und Eberstalzell: 6 km. Unmittelbar daneben befinden sich Gewerbegebiete. Eine Zählstelle dort statt in der Pampa würde jährlich rund 50.000 km zusätzlichen Schwerlastverkehr vermeiden. Oder über 150.000 km Transporter-Verkehr.
Auf den engen Wegen sind Schulkinder und andere Fußgänger unterwegs, großteils ohne Ausweichmöglichkeiten, gaben Ortskundige und Anrainer zu bedenken. Außerdem seien die Zufahrten von Eberstalzell aus für große Lkw so schmal, dass diese mehrfach zurücksetzen müssten.
Warum überhaupt Point?
Das war der von Anfang an thematisierte Elefant im Raum: Warum hat Ökopoint überhaupt einen in jeder Hinsicht derart unpraktischen, teils gefährlichen und logistisch unsinnigen Standort gewählt? Es ist an dieser Stelle nicht unsachlich, es so zu formulieren: Kerschner hat sich gewunden wie ein Aal, aber geantwortet hat er nicht. Wie massiv das Unverständnis der Anwesenden hierfür war, wird durch die Mahnung von Bürgermeister Johann Mitterlehner deutlich, dies sei hier kein Verhör – was wiederum bei einigen Zweifel an der Position der Gemeinde in dem Ganzen weckte. Es blieb als einzig plausibler Verdacht, dass Ökopoint den Standort allein deswegen und ohne Rücksicht auf andere Umstände gewählt hat, weil er aufgrund eines konkurrenzlos billigen Mietpreises am gewinnträchtigsten ist.
Wäre es immer noch möglich, den Standort an eine verkehrsgünstige Stelle zu verlegen – wenn nicht jetzt noch, dann vielleicht in ein oder zwei Jahren? Auch auf diese Frage von Vizebürgermeisterin Margit Kriechbaum antwortete Kerschner nicht. Dubios blieb auch, wieso bereits jetzt Teile der Zählanlage in Point 11 stehen, obwohl der ganze Betrieb noch gar keine behördliche Bewilligung hat. Darauf wies Wolfgang Ettinger, Obmann des Straßenausschusses der Gemeinde hin. (Die mündliche Verhandlung dazu findet am kommenden Montag ab 9 Uhr vor Ort statt; Zuhörer:innen sind zugelassen.)
Auch im Kreuzfeuer: die Rolle der Gemeinde
Unbestritten ist, dass das Abfallwirtschaftsgesetz Betrieben wie der geplanten Zählstelle im Vergleich zu anderen Unternehmen sehr viele Hindernisse aus dem Weg räumt. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass Ökopoint „nur“ Auftragnehmer der gemeinnützigen „Einwegpfand Österreich“ (EWP) ist, selbst aber Vertragspartner des Eigentümers von Point 11. Die EWP war bei der Infoveranstaltung aber nicht vertreten. Der Liegenschaftseigentümer wiederum erklärte sich als Nichtjurist nicht in der Lage, Details zum Vertrag näher zu erklären. Die Verantwortung etwa dafür, dass genau dieser und kein anderer Standort den Zuschlag erhielt, blieb also ebenfalls im Dunklen.
Die Gemeindevertretung jedenfalls hat zuletzt in der Novembersitzung des Gemeinderates per Unterschriftenliste einstimmig gegen den Standort Point 11 Stellung bezogen. Man habe auch seit dem Frühjahr in verschiedenen Gesprächen, unter anderem mit Umweltlandesrat Stefan Kaineder, die Bedenken deponiert. Die Gemeinde habe aber, so Bürgermeister Mitterlehner mehrfach, keine Handhabe. Die Kritik von Anrainern, erst jetzt (falls man nicht die Mitteilung in der Gemeindezeitung vom September mitbekommen hat) informiert zu werden, wies Mitterlehner zurück: Man ziehe an einem Strang. Die Frage, weswegen die Gemeinde angesichts der eigenen beschränkten Möglichkeiten die Bevölkerung nicht schon viel früher auf den Plan gerufen hat, blieb allerdings offen. Es weckte auch Erstaunen, dass Mitterlehner knapp drei Tage vor der entscheidenden mündlichen Verhandlung nicht sicher sagen konnte, ob die Gemeinde dort überhaupt Parteistellung hat (laut Abfallwirtschaftsgesetzu nicht). Ohne Parteistellung sind Einwendungen im Verfahren unbeachtlich, es sei denn, die Behörde pflichtet aus eigenem Antrieb einem Gegenargument bei. Eine ablehnende Stellungnahme bei der mündlichen Verhandlung abzugeben („wenn sie mich lassen“), sicherte Mitterlehner zu.
Auswege mit Verkehrsschildern?
Eine Bereitschaft des Ökopoint-Geschäftsführers Kerschner zum Einlenken war bei dieser Veranstaltung nicht erkennbar. Die Chancen einer rechtlichen Verhinderung hatten Anrainer schon im Vorfeld juristisch abschätzen lassen – sie sind gering. Wolfgang Ettinger wies auf eine Entscheidung des Straßenausschusses hin, eine Tonnagebeschränkung für die Zufahrten zu erlassen, die vom Gemeinderat noch beschlossen werden müssten. Eine solche Möglichkeit stellte auch der anwesende Vertreter der Gemeinde Eberstalzell in den Raum. Das würde, falls rechtlich zulässig, einen erheblichen Druck auf Ökopoint ausüben, den Betrieb müsste es allerdings nicht völlig unmöglich machen, da die Anlieferung mit kleineren Lkw theoretisch weiterhin möglich bliebe.
Also, vielleicht kann mir ja mal jemand grundsätzlich erklären, warum es
1. eine Zählstelle für das Pfandsystem der Plastikflaschen braucht, es
2. nicht möglich ist, ähnlich wie beim System für Glasflaschen das Pfand ohne Zähler quasi direkt mit dem Verkäufer/dem Produzenten abzurechnen.
3. Frage: Rechnet sich der logistische Aufwand für so ein Zählsystem der Plastikpfandflaschen überhaupt, wenn die Entsorgung von diesen Plastikflaschen weiterhin über die gelbe Tonne möglich ist. Für die paar Cent Pfand und zusätzlicher gefahrener Kilometer rechnet sich für mich ein Abgehen von der gelben Tonne sicher nicht.
Fazit: für ein paar Prozent Plastikflaschen mehr in den Recyclingprozess baut man eine zweite, kostenintensive, ressourcenkritische Logistikschiene auf. Ohne groß bis ins Detail durchdacht, wie man sieht.
Noch eins zu künftigen Betriebsansiedlungen im oberösterreichischen Zentralraum: jede der aktuell vorhandenen A1-Autobahnauf-/Abfahrten haben Ihre Belastungsgrenze erreicht. Da wird’s eng auch in den Ortschaften mit der Verkehrsbelastung.
Generell ging es gestern nicht um das neue Pfandsystem an sich; dazu gibt es eine Pro-Argumentation des Bundesministeriums, aber natürlich auch Kritik, z. B. im Google-Suchergebnis dazu.
Was die Verkehrsbelastung der Autobahn-Anschlussstellen betrifft: Die ist unabhängig davon ein Problem, ob solche Zählstellen direkt dabei oder wie hier, unsinnig in der Pampa liegen. Unter anderem deswegen wurde in der Versammlung auch angesprochen, warum nicht ein Standort mit Gleisanschluss gewählt wird.