30 Jahre in der Trafik: Die Zigaretten sind teurer, der Umsatz bleibt

27. Februar 2025

Es ist das Jahr 1995, als Martin Fischer in dritter Generation die Trafik am Schlossplatz übernimmt. Ein Gespräch über drei Jahrzehnte Geschäft mit Tabak, Papier und Glück, über Dauerparker und die liebe Gemeindepolitik.

Vor 30 Jahren kommt das neue Vorchdorf-Logo auf die Welt; der Gemeinderat beschließt die „große Variante“ der Ortsumfahrung; die Pfarrkirche erhält eine neue Orgel – und Martin Fischer tritt als Trafikant in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters. Letzterer war kriegsversehrt; so hieß das damals, und es war die Bedingung dafür, eine Konzession für die Führung einer Tabaktrafik zu erhalten. Die kann nur begrenzt „vererbt“ werden – Martin ist da gerade noch reingerutscht. Den sozialen Zweck bestimmt das Tabakmonopolgesetz im Prinzip bis heute, nur dass jetzt eine mindestens 50-prozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegen muss.

„Der Charakter eines Tabakfachgeschäfts“

Auch das Sortiment einer Trafik ist gesetzlich beschränkt – also vorgegeben. Als Trafikant kann man zwar „vieles“ verkaufen, aber eben nur, was in diesem Artikelkatalog angeführt ist, sogar nichtalkoholische Getränke – „solange nach Art und Umfang dieses Angebots der Charakter eines Tabakfachgeschäftes gewahrt bleibt“, schreibt das Gesetz in § 36 vor. Und so finden sich bei Martin u. a. Geschenk- und Büroartikel, Schulbedarf, Zeitungen und Zeitschriften, Lose … und man kann hier jedes lieferbare Buch bestellen.

Schlange stehen bis auf den Gehsteig, das ist noch in den ersten zehn Jahren des Betriebs an der Tagesordnung, immer drei bis vier Tage lang nach dem Schulbeginn: zu siebt im Einsatz von früh bis spät mit vier Fischers und drei Angestellten. Vater Josef Fischer pendelt, damals noch mit dem Pkw, zwischen Wohnhaus und Geschäft für den Nachschub. Denn ein nennenswertes Lager hat die kleine Trafik nicht, das ist immer noch im Haus von Martins Eltern.

Der Löwenanteil dieses Stoßbetriebs ist längst zu den Discountern Libro und Hofer gewandert, was allerdings, so schätzt es Martin Fischer ein, mit einzelnen Produkten zusammenhängt, die prominent billig in der Auslage stehen.

Dass weniger geraucht wird, macht keinen Unterschied

Die Packung Zigaretten für 6–7 Euro, im April nochmal bis zu 50 Cent mehr – das ist rund doppelt so teuer wie vor 15 Jahren. Noch früher waren es unter 30 Schilling für das Tschickpackerl. Schon aus Kostengründen wird weniger geraucht, allerdings merkt der Trafikant das wegen der Preissteigerung kaum. Was ihm bleibt, ist nicht wirklich weniger, und das ist wichtig, denn 75 Prozent des Umsatzes bringt der Tabak. Pfeife und Zigarre? – Die Kundschaft dafür ist männlich, alt und zahlenmäßig minimal. Die Jungen kommen wegen Pouches und Heats, das liegt im Trend. Und neuerdings Hanfblüten, die seit einigen Tagen dem Monopol unterliegen.

Jugendschutz wird streng gehandhabt, berichtet Martin Fischer; die Strafen für Verstöße können drakonisch sein: vierstellige Beträge schon beim zweiten Mal, danach droht der Entzug der Lizenz. Kommt aber selten vor. Kuriosum: Martin ebenso wie sein Vater – Nichtraucher. Bei Zigaretten ist das kein Thema, bei hochwertigen Zigarren, die Martin führt, aber selten verkauft, wird durchaus „Komplizenschaft“ des Händlers erwartet.

Das große Los ist wichtiger als die Gewinnchance

Lotto, Toto und Co wird im Vergleich zu früher mehr gespielt, weil die Taktung der Ziehungen erhöht wurde, und dabei sind Aussichten auf Jackpots und Euro-Millionen ausschlaggebend, weniger die Wahrscheinlichkeit, überhaupt etwas zu gewinnen. Ob jemand bei ihm Millionär geworden ist, erfährt Martin aber gar nicht, denn bei Gewinnen über 1000 Euro wirft der Automat nur mehr eine Quittung für eine Großgewinnauszahlungsstelle aus. Immerhin: Ein Rubbellos mit 75.000 Euro hat Martin schon einmal erlebt.

Viel Geschäft macht die Trafik mit dem Glücksspiel nicht. Aber es ist ein enorm wichtiger Frequenzbringer, d. h., die Leute kaufen Lose und dazu eben noch etwas anderes. Das Thema Spielsucht? Ihm sind noch keine erkennbaren Fälle untergekommen; einen Verdacht müsste er auch melden, sagt Martin. Allerdings wissen das diese Kandidaten auch und klappern dann eine Trafik nach der anderen ab, um unterm Radar zu bleiben.

Frequenz am Schlossplatz – des einen Freud’, des andren Leid

Zentraler gelegen als die Trafik kann man in Vorchdorf nicht sein, aber ja: Die Supermärkte am Ortsrand ziehen massiv Kundschaft ab, keine Frage. Da ist man dann froh, wenn neue Geschäfte wie das erfolgreiche „Gwölb“ direkt nebenan wieder Leute anzieht, oder? Hier lächelt Martin etwas gequält, denn der Effekt ist teilweise gegenteilig – nicht nur für ihn, sondern genauso für Weltladen, EP-Kickinger und sogar die Raika. Denn die Gäste der Gastronomie (das Cafégeschäft des Gwölb läuft gut) einschließlich des Schloss’ Hochhaus blockieren die Kurzparkplätze, gerne auch länger als erlaubt, und kontrolliert wird zu selten, weil nun für die Gemeinde die Kosten für die Parkraumüberwachung höher sind als die durch Falschparker generierten Einnahmen.

Dass sich dies negativ auf die Umsatzentwicklung der betroffenen Unternehmen auswirkt und langfristig auch zu einem Leerstand von Geschäftslokalen führen kann, wird hier anscheinend gerne in Kauf genommen. Denn um eine Schachtel Zigaretten oder ein paar Semmeln zu kaufen, läuft niemand vom Schwarzlmüller- oder vom Pfarrgartenparkplatz her, und das ist etwas bitter, denn genau diese kleinen und tagtäglichen Umsätze sind enorm wichtig, um eine langfristige Umsatz- und dadurch auch Gewinnentwicklung zu gewährleisten.

Ach ja, die Gemeinde

Damit sind wir bei der Gemeinde: Es hat im Bau- und Straßenausschuss schon einen Antrag von Martin bezüglich einer Verringerung der Parkdauer auf 15 Minuten für die wenigen Parkplätze vor seinem Geschäft gegeben, um eben für kurze Einkäufe im Ort und Tätigkeiten im Gemeindeamt „Freiraum“ zu schaffen. Der Straßenausschuss soll einen diesbezüglichen Impuls bereits im Herbst letzten Jahres befürwortet haben, aber bis in den Gemeinderat hat es diese Idee eigenartigerweise bis heute nicht geschafft. Laut Martin war es schon immer eine Schwäche der Gemeindepolitik, den Bedürfnissen von Unternehmen zu wenig Beachtung zu schenken. Dabei sichern diese Unternehmen nicht nur durch ihre Kommunalsteuern die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinde, sondern tragen auch mit ihrem vielfältigen Angebot zur wirtschaftlichen Dynamik und Attraktivität von Vorchdorf bei.

Nach rund 20 Jahren zieht sich der Trafikant aus der Gemeindepolitik zurück – unter anderem, weil der Umgangston rauer geworden ist und das Gegeneinander zunehmend das Miteinander verdrängt hat. Da er nie einer Partei angehörte und seine Arbeit stets ausschließlich im Sinne der Gemeinde sah, ohne parteipolitische Interessen zu verfolgen, fehlten ihm zuletzt immer mehr die Möglichkeiten, etwas zu bewirken. Künftig möchte er sich lieber in Bereichen engagieren, in denen er positiv mitgestalten kann, etwa im Verein Zukunft Vorchdorf oder im Heimatverein. Dort hat er zuletzt für den neuen Audioguide verantwortlich gezeichnet.

Ein Gedanke zu „30 Jahre in der Trafik: Die Zigaretten sind teurer, der Umsatz bleibt

  1. Tom Edtmeier

    Bekanntermaßen sind die fußläufigen Strecken vom Schwarzlmüller- bzw. vom Pfarrgartenparkplatz zum Neptun-Brunnen mit ihren je 150 Metern für manche geradezu unüberwindbare Distanzen. Dass man sich dann jedoch stressfrei und ohne unnötiges Verstellen von Parkplätzen von EP-Kickinger beraten lassen oder nach einem Einkauf bei Martin Fischer, „Im Gwölb“ oder beim Plaichinger sich auch noch ohne Zeitdruck ein gemütliches Bierchen „im Dorf“ gönnen könnte, wird hier außer Acht gelassen. Der Vorschlag mit einer Parkdauer von 15 Minuten am Schlossplatz ist vollkommen richtig, angesichts der im wahrsten Sinn des Wortes naheliegenden Alternativen.

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