Hat der Bürgermeister gegen die Antwortpflicht verstoßen?

26. Mai 2025

Gemeinderäte sind berechtigt, Anfragen an den Bürgermeister zu stellen, die dieser vorschriftsgemäß beantworten muss. Das bestimmt die oberösterreichische Gemeindeordnung. Ob Bürgermeister Johann Mitterlehner dieser Pflicht bei der letzten Sitzung des Gemeinderats nachgekommen ist, erscheint fraglich.

Die Amtsverschwiegenheit liegt in den letzten Zügen. Das ist aber auch erklärter Wille der Gesetzgebung und der Höchstgerichte. Letzter Baustein: das Informationsfreiheitsgesetz, das mit September 2025 inkrafttritt. Dahinter steht die Idee, dass in einer Demokratie der Staat nur in eng begrenzten Fällen Geheimnisse vor seinen Bürger:innen haben darf.

Nicht alles, was auf eine Frage gesagt wird, ist eine Antwort

Aus diesem Grund sieht auch die oberösterreichische Gemeindeordnung in einem eigenen Paragrafen 63a ein Anfragerecht für die Gemeinderäte vor. Gewollt ist dabei, dass auch solche Fragen öffentlich beantwortet werden, die für die Mandatare eventuell auf einfacheren Wegen klärbar wären. Kurz: Es geht um Transparenz für die Öffentlichkeit. Nun kommt es bei Gesetzestexten auf jedes Wort an. Wenn also dort steht, der Bürgermeister sei verpflichtet, die Anfrage zu beantworten, dann ist damit selbstverständlich eine Auskunft gemeint, die der Frage tatsächlich entspricht – nicht etwa, dass einfach irgendetwas gesagt wird.

Fünf Fragen hatte Albert Sprung (Liste Vorchdorf) für die Gemeinderatssitzung am 20. Mai vorgelegt. Beispiel: Wie hoch wird der Investitionsbedarf für das von der Gemeinde angekaufte Volksheim eingeschätzt? Gebeten wurde dabei um eine detaillierte Aufschlüsselung. Antwort: Keine – unter Hinweis auf irgendwelche Auftragsunterlagen für Anschlussgebühren (was nur einen Teil wahrscheinlich erforderlicher Investitionen darstellt), die Sprung über den Gemeindevorstand bekannt sein sollten.

Zweites Beispiel: Welche konkreten Schritte hat die Gemeinde unternommen, um das im Gemeinderat beschlossene Lkw-Fahrverbot auf dem Güterweg Point umzusetzen? (Die Maßnahme richtet sich gegen die geplante Zählstelle an Point 11 für Recyclingpfand-Gebinde.) Die Anfrage umfasste u. a., ob die Gemeinde die Maßnahme auch ohne Stellungnahme der BH Gmunden umsetzen kann, wann mit einer solchen Stellungnahme zu rechnen sei usw. Antwort: Die Gemeinde hat unverzüglich ein Schreiben an die BH gerichtet. Punkt und nächste Frage.

Bei diesen und den weiteren Fragen fiel die Antwort teils knapp, aber konkret aus, bei einigen Unterfragen wiederum aber auch ausweichend bzw. eher allgemein, oder sie fehlte ganz.

Kommentar

Wäre der geschilderte Umgang mit den §-63a-Anfragen ein Einzelfall, könnte man vielleicht darüber hinwegsehen. Tatsächlich hat aber der Umgang Mitterlehners mit Informationsweitergaben und Fragen (auch wenn diese völlig zweifellos berechtigt sind!) System. Er mag sie nicht, vor allem dann nicht, wenn sie kritisch sind. Das lässt sich daran ablesen, dass er sie zu ignorieren versucht, ausweicht oder sich eben schlicht weigert, sie zu beantworten. Was da erfolgt, könnte man als Geräusch bezeichnen – eine Antwort, die diese Bezeichnung verdient, ist es sicher nicht.

Die Erfahrungen, die der INVO.report mit diesem Verhalten macht, wurden hier schon mehrfach beschrieben. Aktuell steht z. B. aus, dass wir Informationen über den geplanten Schulumbau erhalten – nicht zu unserem Vergnügen, sondern weil das jedem Betroffenen unter den Nägeln brennt. Nach mehreren Urgenzen warten wir seit inzwischen geschlagenen vier Wochen auf Antwort zu einer am Ende schriftlich eingereichten Fragenliste, die Mitterlehner beantworten will, „sobald es meine Zeit zulässt“. Hallo?

Was der Bürgermeister geflissentlich ignoriert: Auskünfte an Bürger:innen, geschweige denn an Gemeinderäte, sind kein Gnadenakt, sondern ein mehrfach gesetzlich abgedecktes Recht. Wie er damit in einer trotzigen und teilweise vorschriftswidrigen Weise umgeht, zeugt von einem vorgestrigen Amtsverständnis, das einer auch nur halbwegs aufgeschlossenen Gemeinde unwürdig ist. Wenn Mitterlehner sich etwa „verwundert“ zeigt, dass Albert Sprung das Anfragerecht dazu nutzt, öffentliche Aussagen über Sachverhalte zu bekommen, die im nicht öffentlichen Gemeindevorstand schon bekannt sind, dann hat er nicht verstanden, was die Aufgabe einer Oppositionspartei ist. Und auch wenn ihm so gut wie gar nichts an der Liste Vorchdorf passt, sollte er in der Lage sein, wenigstens dann souverän und sachlich damit umzugehen, wenn die LV ordnungsgemäße Schritte in einer Gemeinderatssitzung setzt.

Ein Versäumnis ist es auch, dass die anderen Parteien dazu bislang keine klaren Worte gefunden haben. Der Tagesordnungspunkt „Allfälliges“ bietet bei jeder Sitzung Gelegenheit dazu. Heute – nein, genau genommen, seit Beginn der Amtsperiode – trifft es die Liste Vorchdorf. Man mag dieser Gruppe gegenüberstehen, wie man will, und man soll sie kritisieren. Aber zuzusehen, wie Bürgermeister Mitterlehner versucht, ihnen ihre Rechte vorzuenthalten, ist auch nicht akzeptabel. Der Gemeinderat – alle Fraktionen! – sollte ihm hier seine Grenzen aufzeigen, denn morgen kann es schon einen eigenen kritischen Mandatar treffen.
(Michael Praschma)

Ein Gedanke zu „Hat der Bürgermeister gegen die Antwortpflicht verstoßen?

  1. Alfred E. Neumann

    Man könnte Grundregeln für eine aktive und nachhaltige Kommunikationspolitik in der Art zusammenfassen:

    · Aktive Information und Kommunikation: Die Bürger erwarten einen regelmäßigen und konstruktiven Dialog, der über die reine Information hinausgeht. Positive Begleiterscheinungen sind ein mehr an Miteinander, Identifikation und Image.
    · Transparente, ehrliche und kontinuierliche Kommunikation: Typische Verhaltensmuster wie ausweichen, leugnen und erst dann bestätigen, wenn es nicht mehr anders geht oder die Schuld auf andere schieben, sind zu vermeiden.
    · Klare und durchdachte Strategie: Diese muss mittel- oder langfristig definiert sein und nicht von Taktik überlagert oder durchkreuzt werden.
    · Einbeziehen von Bürgern: Entscheidungen und Maßnahmen der Gemeinde werden verständlicher, wenn die Bürger in Aktivitäten und Entscheidungen miteingebunden werden.
    · Themenmanagement und Kernthemen: Diese schaffen allen Beteiligten die Möglichkeiten, frühzeitig Einfluss auf die Diskussion zu nehmen, Krisen vorzubeugen oder relevante Entwicklungen aufzuzeigen und damit langfristig das Vertrauen der Bürger zu sichern.

    Nein, das sind nicht meine Weisheiten! Vielmehr sind diese Regeln, zu denen es wohl keine zwei Meinungen geben wird, dem Buch „Strategische Kommunikation der Gemeinde“ von Gerhard Obermüller, dem Bürgermeister der Gemeinde Kirchdorf in Tirol, entliehen. Er ist überzeugt, dass „das Zusammenspiel aller eine aktive, nachhaltige und strategische Kommunikation impliziert“. Außerdem legt er auf über 200 Seiten einen besonderen Fokus auf „eine hohe Beteiligung von Zielgruppen und Stakeholdern in Entscheidungsprozessen“. Gelingen diese Prozesse, kann von einem dauerhaften und nachhaltigen Mehrwert für alle Beteiligten ausgegangen werden, so Obermüller, der bald 10 Jahren für die Liste „Zukunft Obermüller & Team“ im Amt ist. Nur so viel, ein Vergleich mit Vorchdorf macht sicher. Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen – außer, dass man die Lektüre dieses Buches einigen nur dringlichst ans Herz legen kann!

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