Was macht der Gemeinderat in Südamerika?

9. Oktober 2025

Wenn Gemeinderatssitzungen schon 2,5 Stunden dauern wie am vergangenen Dienstag, dann stellen sich nicht nur Mandatare die Frage nach der Notwendigkeit von Anträgen, deren Thema weit außerhalb der Zuständigkeit des Vorchdorfer Ortsparlaments liegt. Zum Beispiel dem EU-Handelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. 

Nicht ganz zwei Sitzungsstunden sind schon vergangen, als Punkt 28 an der Reihe ist: Die FPÖ beantragt, eine Resolution zum Mercosur-Abkommen zu verabschieden. Zur Erinnerung: Dieses Abkommen hat es seit 30 Jahren noch nicht in die Umsetzung geschafft, Österreich hat es zuletzt torpediert und ist wegen der heimischen Landwirtschaft nach wie vor überwiegend dagegen – die Feinheiten der Geschichte sind überall nachlesbar, wohlwollend zusammengefasst etwa von der Wirtschaftskammer, kritisch dagegen von Greenpeace Österreich.

Kein Stich ins Herz unserer Landwirte, fordert die FPÖ

An die Bundesregierung adressiert ist die Resolution gegen das derzeit ausverhandelte Abkommen deshalb, weil es, so Gemeinderätin Natascha Mair, „ein Stich mitten ins Herz unserer Landwirte und Landwirtinnen“ wäre. Für die NEOS beantragt Peter Schobesberger eine Vertagung, um die grundsätzliche Ablehnung des Abkommens aus dem Text zu nehmen und nur auf die landwirtschaftlichen Interessen zu pochen.

ÖVP-Parteiobmann Matthias Traunbauer bekundet wie Schobesberger Erstaunen, dass im Gemeinderat überhaupt ein Handelsabkommen diskutiert werden soll. Die Aktion sei von der Bundesebene der FPÖ ausgehend flächendeckend ausgerollt worden, obwohl es seit 2019 sowieso eine immer noch gültigen Nationalratsbeschluss gibt, das Abkommen abzulehnen. Damit geht die Resolution ins Leere. Traunbauer vermutet daher, eigentliches Motiv sei, bei den bevorstehenden Wahlen im landwirtschaftlichen Bereich Stimmen zu fischen. In ähnlichem Sinn äußert sich für die Liste Vorchdorf Albert Sprung: Der Gemeinderat sei nicht zuständig und solle sich mit den Dingen beschäftigen, für die er zuständig ist.

Kein Enthusiasmus bei der Abstimmung

Der Vertagungsantrag zur Neuformulierung der Resolution bekommt wenige Stimmen aus verschiedenen Fraktionen und fällt damit durch. Beschlossen wird die Resolution dann hauptsächlcih von FPÖ, ÖVP und SPÖ, ansonsten gibt es meist Enthaltungen. Gute zwölf Minuten hat die Behandlung des Themas beansprucht.

Resolutionen – sie debattiert auch der Landtag immer wieder – können mitunter eine Gelegenheit sein, zu aktuellen Themen Farbe zu bekennen. Das ist zwischen Wahlen ein berechtigtes Instrument, die Politik einer höheren Instanz darauf aufmerksam zu machen, was die kommunale Ebene denkt und so Einfluss auszuüben. Oder es geht darum, ein sonst nicht erkennbares Meinungsbild der Mandatare im Gemeinderat zu gewinnen – in krassen Fällen auch: sie vorzuführen.

Inwieweit dabei ein Erkenntnisgewinn der Bevölkerung für kommende Wahlentscheidungen herausspringt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie relevant eine Resolution ist. Im vorliegenden Fall hat die FPÖ den skeptischen Anmerkungen dazu, wie sinnvoll die Resolution war, nicht widersprochen.

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