Was wir vom Gemeindevorstand wissen dürfen – Parteien antworten

15. Oktober 2025

Sollte die Bevölkerung erfahren können, welche Verhandlungen und Beschlüsse im Gemeindevorstand (und ggf. in Ausschüssen) stattgefunden haben? Diese Frage hat der INVO.report den Fraktionsobleuten im Vorchdorfer Gemeinderat gestellt. Die Antworten sind jetzt da.

Anlass der Umfrage: Es gab einen Bericht über einen Gemeindevorstandsbeschluss, der in die Kritik kam, weil dieses Gremium nichtöffentlich tagt. Daraufhin hat es einen weiteren Artikel zur Frage, wie geheim der Gemeindevorstand nun ist, gegeben. Dass die Meinungen der Parteien dazu weit auseinander liegen, ist bekannt.

Allerdings haben sich durch das neue Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die Spielregeln geändert, denn das Gesetz verpflichtet auch hier zu Auskünften, wenn nicht ganz bestimmte Gründe dagegen sprechen. Dabei gibt es noch Ermessensspielräume. Ausschlaggebend wird daher sein, wie groß der Wille zur Transparenz bei den jeweils verantwortlichen Gemeinderäten ist. Die Antworten (zur Abwechslung in alphabetischer Reihenfolge) sind durchaus aufschlussreich. Einige Fragen bleiben dennoch offen. Hierzu folgt in Kürze ein Kommentar.

FPÖ: Weiterentwicklung der Transparenz in der Kommunalverwaltung diskutieren

Die Frage beantwortete Alexander Schuster.

Wir verstehen Ihr Anliegen hinsichtlich des berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Die Transparenz kommunaler Entscheidungen ist ein hohes Gut, das wir grundsätzlich befürworten. Allerdings sind wir als Gemeindevorstand an die gesetzlichen Bestimmungen der Oö. Gemeindeordnung gebunden, die klare Vorgaben für die Öffentlichkeit von Sitzungen und die Geheimhaltung von Beschlüssen machen.

Gemäß § 57 Abs. 2 Oö. GemO sind die Sitzungen des Gemeindevorstands grundsätzlich nicht öffentlich. Dies dient dem Schutz sensibler Daten und der Gewährleistung einer ungestörten und ergebnisorientierten Beratung. Die Oö. GemO sieht vor: Die Verhandlungen und die gefassten Beschlüsse sind geheim zu halten, soweit und solange dies aus einem in Art.22a Abs.2 zweiter Satz B-VG genannten Grund erforderlich und verhältnismäßig ist. Zu diesen Gründen zählen insbesondere der Schutz der persönlichen Daten von Personen, die Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie die Vermeidung einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung.

Im vorliegenden Fall der Gehaltsnachforderungen des Bauamtsleiters handelt es sich um eine Personalangelegenheit. Personalangelegenheiten fallen in der Regel unter den Schutz der persönlichen Daten und sind daher gemäß den genannten Bestimmungen als geheim zu behandeln. Eine Veröffentlichung der Details der Verhandlungen und Beschlüsse würde eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Mitarbeiters darstellen und wäre somit nicht gesetzeskonform.

Das von Ihnen erwähnte Informationsfreiheitsgesetz ändert an dieser grundsätzlichen Geheimhaltungspflicht in Personalangelegenheiten nichts, da es ebenfalls Ausnahmen für den Schutz personenbezogener Daten vorsieht.

Wir sind uns bewusst, dass die Abgrenzung zwischen berechtigtem Informationsinteresse und notwendiger Geheimhaltung mitunter zu Diskussionen führen kann. Es ist uns ein Anliegen, hier eine rechtlich fundierte und gleichzeitig nachvollziehbare Linie zu verfolgen. Die Vertraulichkeit in Personalangelegenheiten ist essenziell, um ein vertrauensvolles Arbeitsklima zu gewährleisten und die Rechte unserer Mitarbeiter zu schützen.

Die Frage, ob die Bevölkerung grundsätzlich erfahren sollte, welche Verhandlungen und Beschlüsse im Gemeindevorstand stattgefunden haben, ist eine politische Grundsatzfrage, die im Rahmen einer umfassenden Diskussion über die Weiterentwicklung der Transparenz in der Kommunalverwaltung erörtert werden kann. Wir sind gerne bereit, uns an einer solchen Diskussion zu beteiligen und die Meinungen der Fraktionen im Gemeinderat dazu einzuholen.

Grüne: Ja, aber nicht ohne Absprache

Die Frage beantwortete Reinhard Ammer.

Ja, die Bevölkerung soll gemäß der Rechtsgrundlage erfahren, welche Verhandlungen und Beschlüsse im Gemeindevorstand und in den Ausschüssen stattgefunden haben.

Die Grüne Fraktion hält es jedoch für vernünftig, dass nicht unmittelbar und ohne Absprache im jeweiligen Gremium Informationen an Medien gehen. Ein vertrauensvoller Umgang mit Verhandlungs- und Beschlussergebnissen garantiert eine konstruktive Arbeitsweise und erhält die Gesprächsbasis zu den anderen Fraktionen, so unsere Erfahrungen seit 2003.

Liste Vorchdorf: Rahmen für Transparenz ausschöpfen

Die Frage beantwortete Albert Sprung.

Ich halte es für wichtig, den gesetzlichen Rahmen für Transparenz so weit wie möglich auszuschöpfen. Die Arbeit des Gemeindevorstands betrifft unmittelbar das öffentliche Leben und sollte daher – wo keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen – nachvollziehbar sein.

Transparenz stärkt das Vertrauen in die Gemeindepolitik und ermöglicht sachliche Diskussionen statt Spekulationen. Geheimhaltung darf kein Selbstzweck sein, sondern nur dort gelten, wo sie zwingend notwendig ist. Ziel muss eine offene, verantwortungsbewusste Informationskultur sein, die rechtliche Grenzen respektiert, aber demokratische Teilhabe fördert.

NEOS: Erfreut über jede Art Information, die veröffentlicht wird

Die Frage beantwortet Elisabeth Reisenberger.

Grundsätzlich begrüße ich das IFG und die Verpflichtung zur proaktiven Veröffentlichung von Informationen. Fraglich ist für mich jedoch noch die konkrete Handhabe der Beschlüsse aus Ausschüssen und dem Gemeindevorstand – diese sind ja nicht öffentlich (weiterhin, lt. Oö. Gemeindeordnung) und nicht explizit vom Gesetz erfasst. Dazu muss ich erwähnen, dass ich keine Juristin bin, aber die Auslegung in konkreten Fällen unterschiedlich sein mag. Geltende Gesetze und Verordnungen sind in jedem Fall zu berücksichtigen.

Meine persönliche Meinung dazu ist auch, dass sich der Umgang mit dem IFG erst noch in den nächsten Wochen/Monaten zeigen wird. Ich freue mich über jede Art von Information, die veröffentlicht und transparent kommuniziert wird.

Generell würde ich auch begrüßen, wenn nicht nur Gemeinden mit über 5000 Einwohnern Informationen nach dem IFG veröffentlichen müssten, sondern auch kleinere Gemeinden. Dass diese kleinen Gemeinden bewusst ausgenommen wurden, kann und will ich nicht verstehen. Warum sollte Vorchdorf Informationen veröffentlichen und Kirchham nicht? 😉

ÖVP: Keine Wiedergabe von Informationen mit der Brechstange

Die Frage beantwortete Mario Mayr.

Zunächst einmal bin ich etwas verwundert, dass genau diese Frage gestellt wird – schließlich hat der INVO-Report immer die Auffassung vertreten, alles zu veröffentlichen mit dem Hinweis auf das „öffentliche Interesse“. Führt hier eine berechtigte Kritik zu einem Paradigmenwechsel?

Es ist uns bewusst, dass mittlerweile zwei Fraktionen im Gemeinderat mit solchen Informationen kurz nach den Sitzungen an die Presse oder zu Einzelpersonen gehen, um hier „politisches Kleingeld“ zu lukrieren und sich im „Vorwahlkampf“ bereits Stimmen zu erhaschen – dieses rechtswidrige Verhalten lehnen wir jedoch entschieden ab.

Wir als ÖVP-Vorchdorf haben immer den Standpunkt vertreten, proaktiv zu informieren und beantworten gerne etwaige Fragen. Dennoch stellen wir uns, wenn notwendig, entschieden vor die Gemeindemitarbeiter und setzen uns für deren persönlichen Schutz ein. Eine Stigmatisierung kommt für uns nicht in Frage. Zum Anwendungsbereich des Art. 22a B-VG iVm §53 Abs. 2 OÖ GemO 1990: Grundsätzlich gilt dieser Paragraf, jedoch kommt bei Personalthemen auch das „berechtigte Interesse eines anderen“ zur Geltung, weshalb dieser Punkt nicht nur als „nichtöffentlich“, sondern auch als „vertraulich“ eingestuft wird. So besteht auch die Möglichkeit, bei einem dieser taxativ aufgezählten Punkte die Öffentlichkeit auszuschließen, gemäß der OÖ-Gemeindeordnung. Die Gemeindeordnung berücksichtigt hier folglich das „berechtigte Interesse eines anderen“, insbesondere die Privatsphäre der betroffenen Personen.

Daher sind Personalthemen immer besonders vor einer weiteren Veröffentlichung geschützt – das bedeutet nicht, dass keine Information erfolgen darf, aber es muss eine notwendige Sorgfalt beim Inhalt vor der Veröffentlichung herrschen. Im vorliegenden Fall ist diese Sorgfalt gänzlich unterblieben. Es kann nicht alles unter dem Deckmantel des „öffentlichen Interesses“ oder des „Journalismus“ uferlos subsumiert werden – auch hier gibt es Grenzen.

Es wird zunehmend die Meinung laut, dass die Arbeit in den Ausschüssen kritisch gesehen wird, wenn kurze Zeit später der genaue Wortlaut der Sitzungen publik wird und womöglich Repressalien zu befürchten sind. Man kann weiter versuchen, mit der Brechstange Informationen aus den Gremien nahezu wortidentisch wiederzugeben, das schädigt die Ortspolitik per se enorm. Auf diese Weise würde man in die gleiche Kerbe schlagen, wie das die Liste Vorchdorf macht. Ob dies gewünscht ist, können wir von unserer Seite nicht abschließend beurteilen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir die Möglichkeit begrüßen, die Bevölkerung regelmäßig und transparent über die Arbeit der Ortspolitik zu informieren. In bestimmten Fällen kann es jedoch notwendig sein, bestimmte Informationen aus rechtlichen oder moralischen Gründen auszuklammern. Wir möchten auch anmerken, dass wir eine Veröffentlichung von Beschlüssen und Verhandlungen aus nichtöffentlichen Gemeindevorstandssitzungen zu Personalthemen kritisch sehen und diese in vorliegender Form ablehnen.

SPÖ: Mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit – doch im Einzelfall beurteilen

Die Frage beantworteten Peter Grundner und Peter Haslinger

Das Informationsfreiheitsgesetz ist zweifellos ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit politischen Handelns. Gleichzeitig ist es aber ebenso wesentlich, dass sensible Themen, die in nichtöffentlichen Sitzungen behandelt werden, mit der gebotenen Sorgfalt und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben behandelt bleiben.

Grundsätzlich ist es im Sinne einer verantwortungsvollen Gemeindepolitik richtig, dass Informationen über Beschlüsse und Abstimmungen über den offiziellen, protokollarischen Weg erfolgen – also dann, wenn ein Protokoll erstellt, geprüft und genehmigt wurde. Erst dieser Weg gewährleistet, dass Informationen korrekt, vollständig und im rechtlichen Rahmen kommuniziert werden.

Eine pauschale Aussage darüber, was im Einzelfall veröffentlicht werden sollte oder nicht, wäre daher unseriös. Es ist immer zu prüfen, ob einer der in den rechtlichen Bestimmungen verankerten Schutzgründe – etwa der Schutz personenbezogener Daten, berechtigter Interessen oder laufender Verfahren – berührt ist. Diese Abwägung erfordert juristische Expertise, über die  Mandatar:innen naturgemäß nicht im Detail verfügen.

Klar ist aber: Transparenz ist wichtig und wesentlich für die Demokratie, darf aber nie auf Kosten von Datenschutz, Persönlichkeitsrechten oder eines fairen Verfahrens gehen. Es wird daher auch künftig notwendig sein, solche Fragestellungen im Einzelfall – und gegebenenfalls mit juristischer Unterstützung – zu beurteilen.

Ein Gedanke zu „Was wir vom Gemeindevorstand wissen dürfen – Parteien antworten

  1. Albert Sprung

    Es bleibt unklar, welche konkreten Informationen die ÖVP meint, die nach der Gemeindevorstandssitzung „rechtswidrig“ weitergegeben worden sein sollen – weder wird der Inhalt benannt gegeben, noch die Rechtsnorm, gegen die verstoßen wurde. Damit bleibt der Vorwurf im Ungefähren und wirkt mehr wie ein politisches Ablenkungsmanöver, als eine fundierte rechtliche Bewertung.

    Zudem ist klar festzuhalten: Die ÖVP ist nicht „die Gemeinde“. Eine Gleichsetzung von Parteiinteressen mit gemeindlicher Verwaltungshoheit ist einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie unwürdig. Wenn die ÖVP den Schutz von Gemeindebediensteten ins Treffen führt, dabei aber gleichzeitig jede kritische Information als parteipolitischen Angriff stilisiert, wird offenbar, wie wenig sich Rechtsstaatlichkeit und Gesetzestreue mit klientelistischer Politik für Parteifreunde vertragen.

    Gerade jene, die sich Transparenz und Rechtskonformität auf die Fahnen schreiben, sollten mit besonderer Sorgfalt zwischen Parteiinteresse – wo man es zum Beispiel für Partei-Spezis richtet – und Gemeindeinteresse unterscheiden – alles andere ist ein Schlag gegen die Glaubwürdigkeit kommunalpolitischer Verantwortung.

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