19. Oktober 2025
Kommentar von Michel Praschma
Ob Verhandlungen und Beschlüsse im Gemeindevorstand bzw. in Ausschüssen – alles nichtöffentlich – der Bevölkerung bekanntgemacht werden sollen, diese Frage haben die Fraktionsobleute im Gemeinderat jetzt beantwortet – und zwar aufschlussreich.
Die Redaktion war sich gar nicht sicher, ob in kurzer Zeit überhaupt alle auf diese Umfrage antworten würden. Es gelang dankenswerterweise (hier die Reaktionen). Das wichtigste Ergebnis vorweg: Niemand vertritt mehr die ohnehin rechtlich fragwürdige Ansicht, es sei grundsätzlich geheim, was in nichtöffentlichen Sitzungen geschieht. Es sind aber die Unterschiede zwischen den Parteien, die erst wirklich (be-)merkenswert sind. Auch wenn manches bei manchen Antworten nicht unerwartet war! Nicht ganz so erwartbar war, dass es einzelne durchaus waghalsige Deutungen der neuen Informationsfreiheit im konkreten Fall gab; doch davon gleich.
Beim „Ja, aber“ kommt alles auf die Betonung an
Parteipolitische Äußerungen kann man sehr oft da unterschreiben, wo es ums hehre Prinzip geht. Zum Beispiel um das Prinzip der „Freiheit“. Spannend wird es erst, wenn’s konkret wird. Und da lohnt es sich, sowohl auf den Ton als auch auf die Beispiele zu achten.
Hier sticht tatsächlich die ÖVP hervor, die die ausführlichste Stellungnahme abgeliefert hat, sich aber in rund 90 Prozent des Textes mit Einschränkungen und Missbrauch sowie Bedenken gegen die fragliche Transparenz beschäftigt. Kühn ist dabei die Aussage, die ÖVP habe „immer den Standpunkt vertreten, proaktiv zu informieren“. Das kann man bei „guten Nachrichten“ zum eigenen Wirken teils gelten lassen, auch bei Kritik vor allem an der Liste Vorchdorf. Bei vielen Themen, und durchaus nicht nur den heiklen, passt eher das Bild von den Würmern, die man ihnen aus der Nase ziehen muss. Aber immerhin, es gibt seit einiger Zeit glaubhafte Signale und Anzeichen, dass generell der Informationsfluss zum eigentlich ungeliebten Medium INVO.report einfacher und freier wird.
Was ÖVP und FPÖ teilen, ist ein Anliegen, das in der Praxis aber nur relativ selten vorkommt, nämlich der Schutz des Personals der Gemeinde. Durchaus berechtigt, besonders hinsichtlich des persönlichen, vielleicht sogar privaten Bereichs! Der ist allerdings von beruflichem Handeln, das von öffentlichem Interesse ist, zu unterscheiden, z. B. gravierendes Fehlverhalten im Umgang mit Bürger:innen oder ungesetzliche Schädigung der Gemeinde. Hier wird es Einzelfälle geben, die auf der Kippe stehen, aber es gibt schon auch einen Haufen Rechtsprechung, an der man sich orientieren kann.
NEOS, Grüne und SPÖ weisen auf die (eigentliche) Selbstverständlichkeit, dass geltende Gesetze, z. B. auch zum Datenschutz, bei der Weitergabe und Veröffentlichung von Informationen eingehalten werden müssen. Ohnehin treffen eventuelle Sanktionen ja die „undichten Stellen“ ebenso wie die Medien.
Aber es es ist eben doch etwas anderes, wenn man das stark in den Vordergrund stellt, als wenn – am äußersten anderen Ende der Skala – z. B. die LV will, dass der gesetzliche Rahmen für Transparenz so weit wie möglich ausgeschöpft wird. Oder die Grünen einleiten mit „Ja, die Bevölkerung soll gemäß der Rechtsgrundlage erfahren, welche Verhandlungen und Beschlüsse im Gemeindevorstand und in den Ausschüssen stattgefunden haben.“ Auch NEOS und SPÖ geben den berechtigten Einschränkungen der Transparenz durchaus Raum. Hier überwiegt aber doch die Perspektive, dass das Informationsfreiheitsgesetz in die richtige Richtung geht. Und die von der FPÖ am Schluss bekundete Bereitschaft, sich einer „Diskussion zur Weiterentwicklung der Transparenz in der Kommunalverwaltung“ zu stellen, ist es sicher wert, aufgegriffen zu werden. Auch wenn die fraglichen Gremien Gemeindevorstand und Ausschüsse politisch sind, nicht Teil der Verwaltung.
Was kaum vertraulich zu sein braucht, am Beispiel des Falles „Bauaufsicht“
Ins Rollen kam die ganze Umfrage ja, weil der INVO.report kurz nach der Sitzung des Gemeindevorstands über das Thema Gehaltsnachzahlungen an den Ex-Bauamtsleiter berichtet hat. Konkret dazu sagt die ÖVP zusammenfassend, dass sie diese Veröffentlichung ablehnt. Und die FPÖ zählt das Thema zu den Personalangelegenheiten, die in der Regel unter den Schutz der persönlichen Daten fallen und daher geheim zu halten sind.
Das ist nun im vorliegenden Fall aus gleich mehreren Gründen Unfug. Zum einen enthält der Artikel nichts, was nicht längst (und zwar auch in öffentlicher Sitzung des Gemeinderats) bekannt war. Neu ist lediglich der Beschluss des Gemeindevorstands, einer hohen Gehaltsnachforderung des früheren Bauamtsleiters nicht nachzukommen. Zum anderen: Selbst wenn sich hypothetisch Gründe fänden, etwas an dieser Entscheidung für verpflichtend vertraulich zu halten – spätestens bei der absehbaren, öffentlichen Gerichtsverhandlung käme es ohnehin heraus. Und schließlich, auch der Betroffene selbst hatte gegen den veröffentlichten Artikel in der Causa nichts einzuwenden.
Fazit: Die Sache mit der Informationsfreiheit ist ja neu. Dass sich da einiges einspielen muss, wie etwa NEOS auch ausdrücklich schreiben, ist klar. Entscheidend ist jetzt, dass quer durch die Parteien eine zumindest grundsätzliche Bereitschaft signalisiert wird, sich auf Transparenz einzulassen. Seitens des INVO.reports steht dem die stets geäußerte und auch bewiesene Bereitschaft gegenüber, mit allen Informationen verantwortungsbewusst umzugehen.
