30. Oktober 2025
Meinung am Donnerstag
Schon bald werden drei Wochen vergangen sein, dass anfänglich 19, nach einer weiteren Zählung dann 23 Waffenbegeisterte aus vier Bundesländern Vorchdorf als Ziel eines Wochenend-Trips auserwählt haben. Da Mann und Frau an die 50 teils schwere Knarren im Reisegepäck hatten, fand dort, wo eigentlich Plastikflascherln gezählt werden, ein Cobra-Einsatz samt Panzerfahrzeug und zwei Drehflüglern zur Unterstützung der Dorfpolizisten statt. Den Sinn der Waffenübung muss man nicht verstehen, dafür ist sie aber Beweis für ein grundsätzliches Problem Vorchdorfs.
Abgesehen vom Betreiber eines Urlaubsbauernhofes, dessen Parkplatz kurzerhand von den Einsatzkräften in Beschlag genommen wurde, störte sich eigentlich kaum jemand daran, dass die Marktgemeinde Vorchdorf schlagartig zu einem Top-Suchergebnis bei Dr. Google aufstieg. Weiter gehypt wurde der Vorfall durch eine parteiübergreifende Aussendung, in der Aufklärung gefordert und zudem Einigkeit vermittelt wurde. Der frischgfangte SPÖ-Ortsparteiobmann hat die Totenstille der Ortsspitze mutmaßlich nicht mehr ertragen, mutig angepackt und eine PR-Aktion im Sinne Vorchdorfs umgesetzt – Chapeau! Herausgekommen ist ein wichtiges, sehr positives und vor allem parteiübergreifendes Zeichen. Damit vermittelte Vorchdorf vom Boden- bis zum Neusiedler See eine klare Botschaft, Einigkeit und Zusammenhalt – etwas, das man als gelernter Vorchdorfer so schon längere Zeit nicht mehr kennt.
Die ständige Stille ist der lauteste Beweis
Österreich hat 2092 Gemeinden. Davon hätten mutmaßlich 2091 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister das durch die Waffenbrüder (und auch -schwestern) hervorgerufene, bundesweite Scheinwerferlicht für einen medialen Auftritt genützt, denn zu verlieren gab es da genau gar nichts! Auch wenn keiner der Würdenträger etwas zur Aufklärung hätte beitragen können, in dieser Ausnahmesituation ist Führungsstärke gefordert. Einer aber hat sich anders entschieden – und wohl sehr viel verloren. Denn es gilt den Zusammenhalt im Ort zu betonen, zu beruhigen und, ganz besonders wichtig, transparent zu informieren. Auf Tauchstation zu gehen oder den Urlaub weiter zu genießen, zu schweigen und einfach nichts zu tun, ist definitiv die falscheste Herangehensweise! Dienstfrei hin oder her, in dieser Situation geht Krisenmanagement durch den Chef vor.
Unlängst wurde mir seitens eines schwarzen Parteimanagers vorgeworfen, ich ginge nur deshalb so hart mit dem Bürgermeister ins Gericht, weil ich „nicht mit ihm könne“ – ein völliges Missverständnis. Die Stille rund um die Waffennarren in Point 11 ist ja bloß der bisher lauteste Beweis für die Mängel beim Anpacken und Kommunizieren. Dass man für politisch besetzte Themen den eigenen Worten nach keine Zeit findet, ist die eine Sache. Es ist aber einfach unerträglich, dass ein von Parteipolitik völlig losgelöstes Thema den fast schon pathologischen Kommunikationsmangel für jedermann erlebbar macht.
Der Sondereinsatz reiht sich vielmehr nahtlos ein in die immer längere Liste des Nichthandelns. Ohne in die Details zu gehen, das beginnt bei der 1-Euro-Bude über keine Zeit finden für dringliche Antworten zum Bildungscampus, nicht umgesetzte Gemeinderatsbeschlüsse wie etwa beim LKW-Fahrverbot für Point 11 bis zur Verkehrslösung „Europaweg“ oder Geh- und Radwegen entlang der Einsiedlinger Straße sowie der Gmundner Straße. Da erst zwei Drittel der Legislaturperiode verstrichen sind, darf man sich durchaus fragen, ob denn dieses Verdrängen und Zaudern bis zum nächsten Wahltermin im Herbst 2027 so weitergehen wird. Sollen tatsächlich die publikumswirksame Eröffnung eines damals sogar noch gesperrten Brückerls über die Laudach und die Suche nach einem Bademeister als Highlights dieser Legislaturperiode in Erinnerung bleiben?
Wann findet man endlich wieder Zeit zum Anpacken?
Hinter vorgehaltenen Händen gibt es nicht wenige Stimmen, die überzeugt waren, dass die offen zur Schau getragene Entscheidungsunlust an der Ortsspitze spätestens im Herbst diesen Jahres zu einem Wechsel führen würde – einerseits, weil ab diesem Zeitpunkt der Gemeinderat und nicht mehr die Wähler einen Nachfolger wählen würden, was das Risiko eines politischen Erdbebens deutlich verringert hätte; andererseits, weil sich dann ein Nachfolger bis zur nächsten Wahl in das Amt einarbeiten könnte. Sich einen Amtsbonus in der verbleibenden Zeit aufzubauen, sollte angesichts der bisherigen Performance keine Herkules-Aufgabe sein.
Vorchdorf leidet zunehmend unter dieser schweigsamen Sesselkleber-Mentalität – wobei, auch diesen Ruf muss man sich erst einmal hart erarbeiten. Am Ende des Tages hilft aber alles nichts: Wie der Besuch der Waffenübenden einmal mehr bewiesen hat, die Gemeinde braucht dringend Anpacker und Umsetzer. Postings auf sozialen Netzwerken zu diesem Thema reichen einfach nicht mehr aus. Nicht immer wird es so sein, dass ein motivierter neuer Parteiobmann furchtlos in die Bresche springt. Zu oft haben die Ausschüsse ihre Arbeit erledigt, notwendige Beschlüsse gefasst, und es liegt „nur“ noch an der Umsetzung – und die wiederum halt oftmals beim Bürgermeister.
Mir persönlich dauert dieser notorische Dornröschenschlaf einfach schon zu lange. Auf der Straße wird einem ja offen vermittelt, dass nicht nur meine Geduld am Ende ist. Die Hoffnung, ob man doch noch die Zeit findet, endlich bei all den unerledigten Projekten anzupacken, ist wohl bei vielen zwischenzeitlich gestorben – das hat die Schießübung eindrucksvoll belegt.
„Die Stille ist der lauteste Schrei“ (ital. Sprichwort)
denkt sich
Alfred E. Neumann

Bravo! Ich mag diesen lässigen Stil!