31. Oktober 2025
Die politisch rote Stadtgemeinde Trofaiach zeigt, wie Ortsentwicklung funktionieren kann: Dort wurden Bürger:innen aktiv eingebunden, mehr als 800 Ideen gesammelt und viele davon umgesetzt – vom Second-Hand-Laden im ehemaligen Leerstand bis zur neuen Begegnungszone im Zentrum. Ideen kamen über teils originelle Wege aus der Bevölkerung selbst.
Als Best-Practice- und Vorzeigegemeinde gilt der 11.000-Seelen-Ort, der noch vor einigen Jahren von Abwanderung geplagt war. Dann aber hat man sich mit Nachbargemeinden vereint und Gas gegeben, unter anderem in Sachen Bürgerbeteiligung. Bierdeckel in den Wirtshäusern wurden zu „Ideen-Deckeln“, und die Meinungen der Trofaiacher:innen wurden in Workshops sowie Befragungen eingeholt.
Besonderheit am Fokus für die künftigen Maßnahmen: Zu 90 Prozent sind es die Frauen, die entscheiden, wo eine Familie lebt. Die Konsequenz für den Trofaiacher Bürgermeister: Will man die Abwanderung stoppen oder gar umkehren, muss man die Wünsche und Interessen von Frauen bevorzugt anschauen – die sich übrigens von jenen der Männer klar unterscheiden. Das berichtet Kommunalnet, das größte Informationsportal der österreichischen Gemeinden.
Ideenschmiede mit hohem Output
Das Ergebnis: unter anderem ein Second-Hand-Laden, kurze Bus-Intervalle, weniger Leerstand, mehr Leben, mehr Zusammenhalt. Ein „Innenstadt-Kümmerer“ wurde angestellt, der vor allem Lösungen für Leerstände entwickelt, und das mit Erfolg. In verschiedenen Bereichen sucht sich Trofaiach Rat von Expert:innen z. B. aus dem Institut für Raumordnung der TU Wien. Ein Bericht von kontrast.at listet noch eine ganze Reihe weiterer bemerkenswerter Initiativen auf.
Parteipolitisch hält dieser Kurs die Ergebnisse bei Gemeinderatswahlen stabil. Die Bürgermeister-SPÖ hat seit Langem die absolute Mehrheit und legte 2025 gut vier Prozentpunkte zu. Mario Abl ist als Bürgermeister durchgehend seit 2009 im Amt. Die Wahlentscheidung ist anscheinend ganz überwiegend ortspolitisch zu verstehen, denn bei den letzten Nationalratswahlen war es im Gegensatz dazu die FPÖ, die die meisten Stimmen in Trofaiach erhielt.
In Vorchdorf sieht die Realität in Sachen Bürgerbeteiligung anders aus. Es gibt derzeit keinen erkennbaren Gesamtplan für Gemeindeentwicklung, kaum transparente Information über laufende Vorhaben, keine allgemeine Einladung zur Mitsprache – abgesehen von jener zur Entwicklung einer Klimastrategie. Die letzten „großen“ Initiativen in dieser Richtung waren die Studie für das Heimatbuch „Vorchdorf 2000“ und die Umfrage (400 ausgefüllte Fragebögen) zum Orstmarketing-Projekt – 31 Jahre her. Dabei zeigen Beispiele wie Trofaiach, dass genau hier der Schlüssel liegt: Menschen einzubeziehen, bevor Entscheidungen fallen – nicht danach. Zukunft entsteht offenbar, wenn alle mitreden dürfen.
