Wohnen in Vorchdorf: Leistbar oder um 30 % zu teuer? (Teil 1 von 2)

21. April 2021

Für viele Familien und Menschen mit bescheideneren Einkommen stellt sich die Frage nach leistbarem Wohnen in Vorchdorf schon länger. Spätestens seit der Gemeinderatssitzung im Februar ist das Thema auch ein politisches geworden. Spannendes Detail: Immobilien-Insider sprechen davon, dass praktisch jede neu gebaute Wohnung in Vorchdorf um ein Drittel zu teuer ist.

Dass im Herbst Wahlen anstehen, war bis vor kurzem eine mögliche Erklärung dafür, dass Bürgermeister Gunter Schimpl in den vergangenen Wochen mehr als einmal die Mehrheit der Wohnbauprojekte in Vorchdorf dem leistbaren Wohnen zugerechnet hat – sowohl die zahlreichen geplanten und in Bau befindlichen als auch die in den letzten Jahren fertiggestellten Mehrparteienwohnungen im Ort. Angesichts der ortsüblichen Preise ist das eine großzügige Rechnung, die sich zu überprüfen lohnt.
Unübersehbar ist, dass Vorchdorf ins Blickfeld von Bauträgern, Projektentwicklern und Immobilienmaklern geraten ist. Der Ort liegt gut und wächst; zudem läuft das Geschäft mit dem Wohnen ausgezeichnet. Zwar werfen Wohnungen keine 7-8 % Rendite mehr ab, aber 3-4 % gehen sich noch immer aus.

3 Prozent sind eine ganze Menge

„Am Sparbuch gibt es nichts mehr zu verdienen, da sind drei oder vier Prozent sehr attraktiv“, sagt Erhard Etlinger. Der pensionierte Raiffeisen-Immobilienspezialist mit Bauträgerprüfung – selbst ein christlich-soziales Urgestein der Vorchdorfer ÖVP – sieht die aktuelle Entwicklung durchaus kritisch. Und er ist froh, nicht mehr mitmischen zu müssen: „Als Bauträger habe ich viel Geld für die Bank verdient und mich gleichzeitig immer darum bemüht, faire Quadratmeterpreise für die Kunden zusammenzubringen – ein aufreibender Spagat.“

Bauexzess im Almtal

In Vorchdorf wird dieser Tage geradezu exzessiv gebaut und geplant: Die Sodian’sche Wohnwelt Bergern ist bald gänzlich fertig, die Kieninger-Siedlung am Bahnhof wird erweitert, die Neu-Bau-Invest und Maximilianhof Immobilien bauen in Bälde in Messenbach bzw. am alten Lagerhaus-Standort. Darüber hinaus ist ein zweiter Generationen-Campus in der Pipeline, und der Baubeginn des Boarding House in der Bahnhofstraße wird nach abgeschlossenem Rechtsweg nicht mehr lange auf sich warten lassen. Zu den Großbauvorhaben zählt auch das Hotel-Projekt. Glaubt man der Zusammenschau des Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung am 9. Februar dieses Jahres, dann sind von 2009 bis zum vergangenen Jahr über 240 neue Wohnungen gebaut worden. Bis 2027 sollen über 270 weitere dazukommen.

Rendite versus Leistbarkeit

Hinter praktisch allen Projekten stehen Investoren, die logischerweise so viel wie möglich damit verdienen wollen. An Nachfrage besteht kaum Mangel: Wohnungen sind zunehmend Anlageobjekte, die wohlhabende Familie als künftige Alterssitze erwerben. Oder aus – inzwischen auch von Corona befeuerter – Sorge um die Zukunft als sichere Geldanlage in der Währung Betongold. Seit Beginn der Corona-Pandemie sind die Wohnkosten in Österreich deutlich gestiegen. Was Mieten und Kaufpreise betrifft, hat Vorchdorf mittlerweile urbanes Niveau erreicht.

Der zweite Teil des Artikels erscheint am 22. April 2021.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert