Ausschluss der Öffentlichkeit: Gemeindeaufsicht sieht keinen Grund zur Beschwerde

25. August 2024

In der Gemeinderatssitzung am 26. März wurde die Öffentlichkeit bei zwei Tagesordnungspunkten ausgeschlossen. Einer davon betraf die unrechtmäßigen Zahlungen der Gemeinde an den Leiter des Bauamts. Die Gemeindeaufsicht hat jetzt eine Beschwerde gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit zurückgewiesen.

Die Vorgeschichte ist bekannt: In der März-Sitzung musste dem Gemeinderat ein Schreiben der Gemeindeaufsicht mitgeteilt werden, wonach endgültig feststeht, dass jahrelange zusätzliche Zahlungen an den Leiter des Bauamtes von den geltenden Vorschriften nicht gedeckt waren. Seinen Antrag, hierzu die Öffentlichkeit auszuschließen, begründete ÖVP-Fraktionsobmann Mario Mayr im Wesentlichen mit dem Grundrecht auf Datenschutz für einen Mitarbeiter der Gemeinde. Dem Antrag stimmten die anwesenden Gemeinderäte der ÖVP und SPÖ geschlossen zu, die FPÖ mit Enthaltung von Monika Kronegger, die LV stimmte dagegen, von den Grünen enthielten sich Reinhard Ammer, Norbert Ellinger und Bettina Hutterer, von den NEOS Elisabeth Steinbach.

Was für ein Geheimhaltungsinteresse?

In einem Beitrag zum Tag der Pressefreiheit hatte der INVO.report Zweifel an der Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit geäußert und die von mehreren Redaktionsmitgliedern eingebrachte Beschwerde an die Gemeindeaufsicht dokumentiert. Zwei Schwerpunkte der Begründung lieferte ausgerechnet das eingestellte strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Bürgermeister Johann Mitterlehner und den Bauamtsleiter in derselben Angelegenheit.

Die in vollem Wortlaut im Gemeinderat verlesene Mitteilung der Staatsanwaltschaft enthielt deutlich mehr (auch persönliche) Details zu den Bauamtsleiter-Zahlungen; zugleich hatte das Oberlandesgericht Linz in einem anderen Verfahren festgestellt, dass eben diese und weitere Details aus der Angelegenheit nicht dem Amtsgeheimnis unterliegen, sondern vielmehr die Allgemeinheit einen Anspruch darauf hat, hierüber Auskunft zu erhalten.

Mit diesen und weiteren Argumenten beschäftigt sich die Gemeindeaufsicht in ihrer sogenannten Enderledigung der Beschwerde gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit kaum. Hauptsächlich beruft sie sich auf den Wortlaut der Gemeindeordnung, in der eine inhaltliche Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit nicht ausdrücklich gefordert ist, sondern nur die Antragstellung entweder durch den Bürgermeister oder mindestens drei Gemeinderäte (was allerdings im vorliegenden Fall ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht der Fall war). Das von Mayr behauptete Geheimhaltungsinteresse übernimmt die Gemeindeaufsicht ungeprüft, ohne darauf einzugehen, weswegen das OLG Linz genau das verneint hatte. Ein Rechtsmittel gegen die Zurückweisung der Beschwerde räumt die Gemeindeaufsicht nicht ein.

Kommentar: Rechtlich formal korrekt, demokratiepolitisch fatal

Man muss es so deutlich sagen: Mario Mayr und jene Gemeinderäte, die dafür waren, die Öffentlichkeit auszuschließen, haben von der zuständigen Behörde Recht bekommen. Ein Weg, im Rahmen der geltenden Vorschriften daran noch etwas zu ändern, ist nach erstem Anschein nicht zu erkennen, denn hier liegt kein Bescheid vor, gegen den man Widerspruch einlegen könnte.

Ein solcher Widerspruch wäre plausibel zu argumentieren, denn die Gemeindeaufsicht hat etliche Beschwerdegründe schlicht liegengelassen. Vor allem, ob es nicht gegen das Willkürverbot verstößt, ohne triftige Begründung die Öffentlichkeit auszuschließen, wo doch der Leitsatz der Gemeindeordnung lautet, dass Gemeinderatssitzungen öffentlich sind. Außerdem, dass es spätestens nach der öffentlichen Verlesung des Schreibens der Staatsanwaltschaft schlicht kein Geheimnis mehr zu schützen gab. Woher die Gemeindeaufsicht dann die zwei weiteren Antragsteller nimmt, die außer Mario Mayr erforderlich waren, die aber weder in der Videoaufzeichnung noch im Protokoll der Sitzung auftauchen – geschenkt. Es bleibt, dass die Gemeindeaufsicht ihre Entscheidung auf diese falsche Tatsache gründet. Sich darauf zu stützen, wäre allerdings kindisch. Denn dass der Antrag zwei weitere Unterschriften hätte bekommen können, kann man getrost unterstellen.

Nicht kindisch, sondern sehr ernst bleibt dagegen der Umgang mit der Öffentlichkeit auf der politischen Ebene. Es ist nicht weniger als Irreführung, wenn man in derselben Sache einerseits die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Bürgermeister – so à la „Siehst du wohl!“ – feiert, andererseits die für die Gemeindespitze, insbesondere den Bürgermeister extrem peinliche Stellungnahme der Gemeindeaufsicht unter der Decke hält. Geheim ist sie ja eh nicht mehr, seit der INVO.report sie veröffentlicht hat. Und sie war es nie, wie das Oberlandesgericht Linz festgestellt hat.

Michael Praschma

Ein Gedanke zu „Ausschluss der Öffentlichkeit: Gemeindeaufsicht sieht keinen Grund zur Beschwerde

  1. Albert Sprung

    In einer funktionierenden Demokratie muss es der Anspruch sein, dass nicht nur „quasi“ rechtliche, sondern vor alle moralische und ethische Standards eingehalten werden. Die Entscheidung, die Öffentlichkeit bei der Verlesung des IKD Bescheids rund um die mehr als zweifelhaften Extra-Zahlungen in Summe von an die 250.000 Euro an den Bauamtsleiter auszuschließen, ist nicht nur ein demokratiepolitischer Fehler (gestützt von den Vorchdorfer Parteien ÖVP, SPÖ, NEOS, GRÜNEN UND FPÖ), sondern ein klares Signal, dass Transparenz in unserer Gemeinde offenbar nur dann gilt, wenn es bequem ist. Der ganze Vorgang ist eigentlich ein Wahnsinn! Ein absoluter Wahnsinn. Und das in Österreich. In einer relativ kleinen Gemeinde. Ein absoluter Wahnsinn!

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