12. Mai 2024
„Du handelst ja echt mit allem“, meinte erst kürzlich das Lehrmädl eines Lieferanten in burschikoser Du-Form zu Karl Plaichinger. „Ja, ich bin quasi das Amazon Vorchdorfs“, so seine Antwort, womit sich das Kramergeschäft im Herzen Vorchdorfs tatsächlich recht gut beschreiben lässt. Wir haben den Ur-Vorchdorfer zu einem Gespräch und seiner Einschätzung der aktuell wohl etwas verfahrenen Lage in seiner Heimatgemeinde gebeten.
Die Familie Plaichinger ist in Vorchdorf alteingesessen. Mütterlicherseits kam durch den Umzug seines Großvaters für ihn auch ein prägender Teil aus dem Hausruck- bzw. Innviertel hinzu. Teile seiner Schulzeit verbrachte Karl Plaichinger an der Handelsakademie in Linz. Politisch durchaus motivierend sollte wohl die Aussage „Ihr seid´s die besseren Bürgermeister“ seiner damaligen BWL-Professorin sein. Richtig, denn kaufmännisches Wissen kann bei einem Ortsoberhaupt ja wirklich nicht schaden. Aber zunächst freute er sich auf die praktische Arbeit als Bewährungsprobe in der Privatwirtschaft. Nach 18 recht erfolgreichen und interessanten Jahren in Industriebetrieben übernahm er 1989 die Firma seines Vaters im heimischen Vorchdorf.
Und ja, er selbst bezeichnet sich als politisch sehr interessierten Menschen, aber ein Amt auf Gemeindeebene würde er nicht bekleiden wollen. In der Wirtschaftskammer oder im Land mitzuarbeiten, das könne er sich dagegen schon vorstellen, hat es aber nie aktiv angestrebt.
Ein gut vernetzter Vorchdorfer, der den Ort, die Bevölkerung und die Politik als Unternehmer und Bürger sehr gut kennt. Ja, Gespräche zur Ortspolitik, aktuellen Geschehnissen sowie den Zankereien im Gemeinderat gibt es mit seinen Kunden recht häufig – aktuell spürt er sogar verstärkten Gesprächsbedarf. Was glaubt er, der schon mit einigen Bürgermeistern und Politikern zu tun hatte, wieso es zu dieser verfahrenen Situation kommen konnte? Eine gewisse Nervosität verspüre er, „dass gewisse Dinge aufkommen, die man halt jahrelang hingenommen hat“. Dabei sei es doch wichtig und richtig, Problemfelder aufzuzeigen. Mit Streithansl-Mentalität habe das doch nichts zu tun, das müsse man schon trennen. „Streiten bis zum absoluten Stillstand, da kann ja nichts rauskommen“, so sein ernüchterndes Fazit.
Als Unternehmer, aber auch als Grundstückseigner habe er immer wieder mit der Gemeinde zu tun, erzählt er. Bei Verpachtungen oder Bauthemen, dabei war er in der Vergangenheit immer wieder einmal über den Umgang mit ihm irritiert. In den letzten Gesprächen mit Bürgermeister und Amtsleiterin habe er sich aber sehr über deutlich mehr Respekt gefreut.
Er sei sich nicht sicher, ob denn allen Beteiligten so ganz klar sei, was denn die wirklichen Aufgaben einer Gemeinde seien. Seiner Meinung nach müsse man auf Ortsebene vor allem im Interesse der Bürger tätig sein. Zwangsläufig würde man dabei aber mit den Vorstellungen der Landes- und Bundespolitik anecken. Ob denn so viele Gemeinderäte (Anmerkung: in Vorchdorf gibt es 37 Gemeinderäte, zum Vergleich im Nationalrat 183 Abgeordnete) notwendig seien, bezweifelt er. Wichtiger wäre wohl die Qualität als die Quantität. Wie viele Hände bei Abstimmungen gehoben werden, sei nicht das Thema, sondern vielmehr, wie intensiv man sich mit den Themen im Vorfeld auseinandergesetzt habe.
Wünschen würde sich Plaichinger eine Art „anonymer Ideensammlung“: Es müsse die beste Idee zählen, nicht aber, wer den Vorschlag gemacht hat. Justament dagegen sein sei erkennbar, aber für die Ortsentwicklung nicht förderlich. Nach Bewertung, Kosteneinschätzung und Priorisierung müssten dann alle politischen Kräfte gemeinsam für eine rasche Umsetzung sorgen. Das Ein-Euro-Grundstücks-Dilemma sieht er übrigens als so eine Chance. Seiner Ansicht nach sollte die Gemeinde das Grundstück zurückkaufen, um dann ein ins Ortsbild passendes Projekt umzusetzen. Seine Vorstellung wären Geschäfte im Erdgeschoss und Wohnungen in den Obergeschossen, natürlich nicht zu hoch gebaut, dafür aber mit einem schönen, grünen Hof. Würde die Gemeinde eine Art „jährlichen Rechenschaftsbericht“ vorlegen, in dem zu Projekten und Aktivitäten, inklusive Ausgaben und Einnahmen informiert wird, würde man Karl Plaichinger einen weiteren, dringlichen Wunsch erfüllen.
Interessant auch seine Aussage, wonach noch mehr neue Fraktionen die Ortspolitik spannender machen würden. Er meint, mehr Parteien würden die Machtverhältnisse weiter auflösen und zu mehr Eigenständigkeit führen. Neue Parteien würden sich damit nicht so sehr von den Platzhirschen vereinnahmen lassen, wie das zum Teil gerade geschieht. Mehr Unabhängigkeit würde er sich im Übrigen auch bei Interessenvertretungen wünschen.
Bei örtlichen Bauprojekten vermisst er eine frühzeitige Information, transparente Verfahren sowie eine engere Einbindung der Bevölkerung. Die Abkehr von den früher üblichen kommunalen Finanzierungen hin zu rein profitorientierten Investoren würde oftmals dazu führen, dass Bauprojekte nicht ins Ortsbild passen oder nicht den Vorstellungen der Bürger entsprechen. Wünschen würde sich Plaichinger auch ein breiteres Angebot im Bereich der Erwachsenenbildung, mit spannenden Vorträgen von Fachleuten. Die vielen Vereine im Ort könnten aus seiner Sicht noch aktiver und offener agieren, um die Jugend möglichst früh einzubinden. In den Gesprächen mit seinen Kunden bekommt er verstärkt den Eindruck, „dass sich die Bevölkerung nicht gut informiert und vertreten fühlt“ und es diesbezüglich eine wachsende Unzufriedenheit gibt. Für eine bessere Ortsgemeinschaft müsse man hier rasch gegensteuern.
Den immer wieder herumschwirrenden Gerüchten einer Schließung seines Geschäftes entgegnet er mit dem Hinweis auf gute Gesundheit und Freude an der Arbeit. Man solle halt nicht alle Geschichten glauben.
Gefragt nach seiner Botschaft an die Politik, antwortet er ohne jedes Zögern: „Im Zweifelsfalle für den Bürger!“. Ein perfektes Schlusswort eines sehr spannenden Gesprächs.
Das „Ziehen der vor eineinhalb Jahren erwachsenen Option Wiederkauf“ des Ein-Euro-Grundstücks ist für die Gemeinde Vorchdorf nicht nur wirtschaftlich betrachtet sinnvoll (für geschätzt 120.000 Euro erhalten wir einen Wert von ca. 450.000 Euro), sondern es wäre gerade auch im Hinblick auf die Gartenzeit 2031 eine äußerst kluge Sache.
Die Veranstaltung Gartenzeit 2031 wird Vorchdorf nachhaltig verändern und dieses Grundstück könnte neben der Brauerei und der Kitzmantelfabrik eines der zentralen Elemente der Gartenschau werden – alleine schon wegen der sehr zentralen Lage. Eine gut durchdachte Nutzung des Grundstücks könnte das Thema „BlütenHOCHZEIT“ hervorragend ergänzen und zur Steigerung der Attraktivität des Ortes beitragen.