M.a.D. #38: Man könnte herzlich drüber lachen, wenn …

9. Mai 2024
Meinung am Donnerstag

… es denn nicht gar so traurig wäre! Diese Redewendung passt zu den politischen Wortspenden in den letzten Wochen wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge – Unglaublichkeiten, die damit zur Realsatire verkommen.

Jede Wette hätte ich verloren, da ich niemals geglaubt hätte, als Bürger von „meinen“ Ortspolitikern aus einer Gemeinderatssitzung geworfen zu werden, just in dem Moment, als es richtig interessant wurde. Man müsse ja die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten schützen, wurde vorgebracht. So, so. Dass kurz zuvor ein staatsanwaltliches Urteil bis ins letzte Detail genau zum selben Sachverhalt im öffentlichen Teil der Sitzung vorgetragen wurde, hat aber den „Personenschützer“ nicht gestört.

In vielen persönlichen Gesprächen hat die Mehrzahl der Mitbürger mir gegenüber den Kopf über diese Geheimniskrämerei geschüttelt: eben weil sie nicht durchgängig erfolgt ist und auch noch völlig unkoordiniert abgelaufen ist. Wäre es denn nicht möglich gewesen, alle öffentlichen Punkte der Sitzung abzuhandeln, um dann die Saalräumung durchzuführen – so die denn überhaupt sein musste? Nein, man schickt die Leute raus, holt sie zurück, um ihnen dann mitzuteilen, dass sie beim nächsten Punkt gleich wieder unerwünscht sind. Kaum zu glauben, aber selbst erlebt! Dass mit diesem Dilettantismus das mutmaßlich ohnehin schon geringe Interesse am politischen Geschehen noch schwächer wird, ist nachvollziehbar. Will man das vielleicht sogar bewusst erreichen? Führt das nun zu Politikerverdrossenheit oder Politikverdrossenheit?

Persönlichkeitsschutz – aber nur dann, wenn es genehm ist

Und so stellt sich doch tatsächlich Fraktionsobmann Mario Mayr zur Verteidigung dieser Verbannungsmaßnahme ans Rednerpult. Übrigens war es unlängst auf der Vorchdorfer ÖVP-Facebook-Seite, auf der man mich mit Klarnamen bloßgestellt hat. Das sind die einzigen Respektlosen, aus persönlichen Gesprächen wohlwissend, dass ich aus beruflichen Gründen nicht googlebar sein möchte, und daher ein Pseudonym verwende (mich aber nicht dahinter verstecke!). Eigenartig, dass dem Herrn auf einer Facebook-Seite der Persönlichkeitsschutz wurscht ist. Dazu passt es für mich auch nicht, sich ständig über die Rhetorik anderer zu beschweren, und dabei wird auf seiner Partei-Seite ein örtliches Informationsportal (könnte das der INVO.report sein?) in seiner ehrenamtlichen Tätigkeit wortwörtlich mit „Bluthunden“ verglichen.*

„Mich interessiert die Zukunft, denn in der gedenke ich zu leben“

… sagte Einstein. Aber der war ja kein Vorchdorfer. Was aber richtig traurig macht, ist, wie selten es in den fünf Stunden der letzten Gemeinderatssitzung um Zukunftsthemen ging! Da stechen die vorgestellten Bemühungen rund um eine Bewerbung für die oö. Gartenschau 2027 sehr positiv hervor! Schön wäre es natürlich, wenn man als Lokalmedium detailliertere Informationen zur Bewerbung bekommen würde. Genauso wie die Errichtung von drei neuen eAuto-Ladestationen, auch wenn es hinsichtlich der endgültigen Standorte dann etwas Unsicherheit gab. Egal, Hauptsache sie kommen, die eAutomobilisten werden sie dann schon finden, so groß ist Vorchdorf ja dann doch nicht.
Übrigens, wurde es bei all dem sonstigen Schlamassel denn schon vergessen? 5 von 6 Fraktionen haben schon vor Wochen ihren ernsthaften Willen für einen Mediationsprozess bestätigt. Es stellt sich somit die Frage, warum denn kein einziger Mandatar/keine einzige Fraktion diesen Punkt zum Thema im Gemeinderat macht. Kann es sein, dass schon wieder auf Aussitzen und Verdrängen gesetzt wird, statt sich ernsthaft um eine Auflösung der eklatanten Kommunikationsprobleme zu bemühen? Oder will man gar bis zur Wahl 2027 munter weiterstreiten, damit man ja nichts umsetzen muss?

Irritierend einmal mehr auch Aussagen zu offenen Fragen betreffend INKOBA (InterKommunaleBetriebsAnsiedelung), zuständig für die Gewerbewüste in Feldham: Da stellt sich der Vorchdorfer Verbandsabgesandte hin und behauptet allen Ernstes, „man müsse sich ja nur erkundigen und Fragen stellen“. Ich staune, weil das doch exakt der Ansprechpartner ist, der bei unseren Recherchen vor geraumer Zeit recht rasch mit „no comment“ sein Schweigen gerechtfertigt hat. Die zugesagte Unterstützung für einen Info-Termin bei der INKOBA-Geschäftsführung erfolgte leider ebenfalls nicht. Also wir haben gefragt, mehrmals sogar, aber Antworten aus Vorchdorf waren leider Mangelware.

„Töte nicht den Boten“

Andere erstaunlich sinnbefreite Wortspenden, wie z. B. die von GR Prall zum Thema Rechenkünste, gehen eher ins Lächerliche, sind aber bezeichnend für die inhaltliche Leere sowie den völlig verfahrenen Umgang miteinander. Einige emotionale Sprücheklopfer mögen sich zudem Folgendes in Erinnerung rufen: Es muss nicht immer der der Bösere sein, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat. Soll heißen: Nur weil man Altlasten aufklären will, muss man ja nicht gleich als Grund für die schlechte Stimmung verurteilt werden.

Einen schönen Donnerstag und einen ebensolchen Feiertag wünscht
Alfred E. Neumann

(* In diesem Absatz wurden irrtümlich einzelne Aussagen dem Fraktionsobmann Mario Mayr zugeordnet; sie stehen aber in nicht namentlich gezeichneten Veröffentlichungen der ÖVP Vorchdorf. Die entsprechenden Formulierungen sind inzwischen richtiggestellt.)

2 Gedanken zu „M.a.D. #38: Man könnte herzlich drüber lachen, wenn …

  1. Albert Sprung

    Der Artikel von Alfred E. Neumann offenbart eine erschreckende Wahrheit: Die politische Realität in Vorchdorf ist zur Realsatire verkommen, nur leider bleibt das Lachen einem im Halse stecken.

    Die jüngsten Ereignisse rund um die Gemeinderatssitzung sind ein Paradebeispiel für diese Farce. Es ist unfassbar, dass Bürger aus einer Sitzung geworfen werden, um angeblich die Persönlichkeitsrechte zu schützen, während zuvor ein staatsanwaltlicher Bescheid öffentlich verlesen wird. Diese Inkonsequenz und Unverfrorenheit offenbaren eine erschreckende Missachtung demokratischer Grundprinzipien, wo der Bürger für dumm verkauft wird.

    Die Art und Weise, wie die Sitzung ablief – Bürger raus, Bürger rein, Bürger wieder raus –, ist nichts weniger als ein Affront. Dieser Dilettantismus zeigt, dass es den Verantwortlichen entweder an Kompetenz mangelt oder sie bewusst versuchen, das politische Interesse der Bürger zu ersticken. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier absichtlich Politikverdrossenheit geschürt wird.

    Besonders empörend ist die Rolle der ÖVP, bei der sich Fraktionsobmann Mario Mayr zwar scheinheilig für den Persönlichkeitsschutz einsetzt, es gleichzeitig aber zulässt, dass auf der VP-Facebook-Seite jemand, der bewusst und mit gutem Grund unter einem Synonym schreibt, mit Klarnamen bloßgestellt wird. Diese Doppelmoral ist höchst verwerflich und zeigt auch, dass es der ÖVP nicht um den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Bürger, sondern schlichtweg um die eigene politische Agenda geht.

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  2. johann limberger

    Herr Alfred E. Neumann, Sie haben es wieder einmal auf den Punkt gebracht!

    Ja, das Verhalten unseres Bürgermeisters in der letzten GR-Sitzung war schon ziemlich lächerlich! Und das nur, um die Rügen der Gemeindeaufsicht vor der Bevölkerung geheimzuhalten! Nach der ersten Bürgervertreibung wurden zwei Aufsichtsberichte vorgelesen, die der Gemeinde bzw. der ÖVP kein gutes Zeugnis ausgestellt haben. Mit der Verbannung der Bürger hat man eindrucksvoll bewiesen, wie man mit Macht umgeht und die Bürger für dumm verkauft.

    Da nicht geheim, darf man es ja sagen: Bei der Aufsichtsbeschwerde von Mario Mayr (wegen angeblichen Geheimnisverrats!!!) gegen meine Person ist genau nichts herausgekommen – aber das sollen die Bürger halt nicht wissen. Super, dass Mario damit die Bestätigung erhalten hat, dass im Prüfungsausschuss nicht alles streng geheim ist, wie die ÖVP halt gerne hätte.

    Die Staatsanwaltschaft hat festgehalten, dass Verfehlungen der Gemeinde auf den Tisch und nicht unter den Teppich gehören und entsprechende Veröffentlichungen strafrechtlich nicht relevant sind. Verheimlichen wollte der Bürgermeister außerdem, dass seine willkürlichen Redeverbote für Gemeinderäte nicht rechtens waren und zu unterlassen sind.

    Wir von der Liste für Vorchdorf werden daher weiter die Boten sein müssen, die jeden Hinweis auf Fehler der Vergangenheit überbringen – man möge uns dafür aber bitteschön nicht als Streithansln abqualifizieren und laufend diffamieren. Wir kämpfen für eine saubere Politik, für die Gemeindebürger, und nicht das Wohl der Parteimitglieder.

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