Gemeinderat: Der Ausschluss der Öffentlichkeit hat auch mit der Pressefreiheit zu tun

3. Mai 2024

Heute findet weltweit der Tag der Pressefreiheit statt. Österreich ist in der Rangliste der Pressefreiheit ein weiteres Mal zurückgefallen. Am 26. März hat der Gemeinderat die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Eine Beschwerde bei der Gemeindeaufsicht gegen den Mehrheitsbeschluss könnte zumindest lokal die Informationsfreiheit wieder stärken.

Gemeinderatssitzungen sind öffentlich. Das sagt die Gemeindeordnung in ihrem § 53 ganz klar. Der Gemeinderat kann davon unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen beschließen. Das steht aber nicht deswegen im Gesetz, damit der Öffentlichkeit Dinge vorenthalten werden, die Politikern peinlich sind. Worum es im konkreten Fall ging, wurde kurz vor der letzten Gemeinderatssitzung in einem Beitrag erläutert.

Mit einer Beschwerde bei der Gemeindeaufsicht gegen den Gemeinderat und den Bürgermeister als Vorsitzenden wollen nun Redaktionsmitglieder des INVO.report erreichen, dass der Beschluss aufgehoben wird, die Öffentlichkeit auszuschließen. Außerdem soll die Gemeinde verpflichtet werden, die Inhalte der betreffenden Tagesordnungspunkte öffentlich zugänglich zu machen.

„Gemeinderatsbeschluss widerspricht dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot“

Begründet worden war der Ausschluss im Wesentlichen mit dem Datenschutz. Die Beschwerde geht aber davon aus, dass schutzwürdige Daten gar nicht Gegenstand der beiden Tagesordnungspunkte waren. Belegt wird das mit einem Urteil des Oberlandesgerichts Linz. Hier heißt es (in derselben Angelegenheit, nämlich rechtswidrige Zahlungen an den Vorchdorfer Bauamtsleiter), dass die Öffentlichkeit ein Recht auf Information hierüber hat – und zwar obwohl dabei sensiblere Daten Thema waren als jetzt im Gemeinderat, z. B. Anschrift und Kontodaten des Bauamtsleiters.

Hinzu kommt, dass unmittelbar vor dem nichtöffentlichen Teil nochmals detailliertere Informationen über die „Causa Bauaufsicht“ öffentlich behandelt wurden: Eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wels über die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Bürgermeister und Bauamtsleiter wurden vollständig vorgelesen; die Videoaufzeichnung dazu dauert ca. 24 Minuten.

Heikle Fragen für die Gemeindeaufsicht

Dass hier willkürlich verfahren wurde, begründet die Beschwerde auch damit, dass eben in derselben Angelegenheit sensiblere Daten dann öffentlich behandelt werden, wenn Verantwortliche entlastet werden. Weniger datenschutzrechtlich relevante Inhalte werden dagegen der Öffentlichkeit vorenthalten, offenbar weil dort rechtswidrige Handlungen derselben Verantwortlichen festgestellt werden. Die Beschwerde argumentiert außerdem, dass zumindest jene Gemeinderatsmitglieder wegen Befangenheit gar nicht hätten mitreden und abstimmen dürfen, die z. B. als Mitglieder des Gemeindevorstands für die rechtswidrigen Zahlungen mitverantwortlich waren.

Wie die Gemeindeaufsicht mit der Beschwerde umgehen wird, ist nicht nur wegen der Auswirkungen auf die Gemeindevertretung interessant. Ein eventuell heikler Aspekt könnte hinzukommen, weil angeblich die Gemeindeaufsicht selbst die nichtöffentliche Behandlung ihrer eigenen Schreiben dringend empfohlen haben soll – dies jedenfalls laut Amtleiterin Nadine Klocker bei der Gemeinderatssitzung. Die Auskunft sei telefonisch erfolgt; schriftlich lag hierzu nichts vor.

Informationsfreiheit: national wie lokal in der Kritik

Beim heutigen 20. Welttag der Pressefreiheit sind neben schwersten Verfolgungen von Journalist:innen auch Behinderungen der Informationsfreiheit Thema. Österreich macht hier ein schlechtes Bild. Seit Jahren rutscht die Bewertung nach unten. Im Ranking von „Reporter ohne Grenzen“ findet sich das Land dieses Jahr mit knapp 75 Punkten auf Platz 32. Zum Vergleich: Deutschland liegt mit 84 Punkten auf Platz 11.

In Vorchdorf war es in der Vergangenheit vor allem die von der ÖVP geführte Gemeindespitze, die auf kritische Medienberichte mit Blockade reagierte. Bereits in der späten Amtszeit von Bürgermeister Gunter Schimpl gab es mehrfach ausdrückliche Informationsverweigerungen. Auch Johann Mitterlehner war mitunter nicht auskunftswillig, selbst bei Informationen, bei denen eine gesetzliche Auskunftspflicht bestand.

Die Zusage gegenüber dem INVO.report, einen regelmäßigen Informationstermin einzurichten, hielt Mitterlehner ebensowenig  ein wie die Gleichbehandlung bei Presseinformationen. Bis heute erfährt der INVO.report manche Neuigkeit, die eindeutig auf eine Presseinformation zurückgeht, eben erst aus der Presse. Immerhin, in individueller Absprache mit Gemeinderäten – einschließlich der ÖVP – funktioniert der Informationsfluss in einigen Fällen.

Der vollständige Text der Beschwerde an die Gemeindeaufsicht ist HIER nachzulesen.

Ein Gedanke zu „Gemeinderat: Der Ausschluss der Öffentlichkeit hat auch mit der Pressefreiheit zu tun

  1. Albert Sprung

    Der Bock wird zum Gärtner

    Die Öffentlichkeit bei Tagesordnungspunkten von der Gemeinderatssitzung auszuschließen, dafür braucht es schon triftige Gründe. Aber der Grund sollte nicht sein, kritische und auf Rechtswidrigkeit hinweisende Stellungnahmen der Gemeindeaufsicht der Bevölkerung vorzuenthalten. Das ist nicht ehrlich und zeigt keinen Respekt und keine Wertschätzung gegenüber der Bevölkerung, die man hier offenbar für dumm verkauft.Und: Da macht sich offenbar der Bock zum Gärtner.

    So wurde abgestimmt: Abstimmungsergebnis – Antrag Ausschluss der Öffentlichkeit für die Tagesordnungspunkte 27 und 28 – Information gem. §98 Abs. 2 Oö. Gemeindeordnung 1990:
    25 Stimmen dafür
    7 Gegenstimmen: Liste FÜR Vorchdorf
    5 Stimmenthaltungen:
    GV Mag. Reinhard Ammer, GRÜNE
    GR Mag. Norbert Ellinger, GRÜNE
    GR Bettina Hutterer, GRÜNE
    GR Elisabeth Steinbach, NEOS
    Ersatz-GR Monika Kronegger, FPÖ

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