Sommergespräch 2024/4 – Erich Spitzbart: „Eine ziemliche Wucht, was da in den Lagern schlummert“

26. Juni 2024

Es sind Einfälle wie der Veranstaltungstitel „Die Rache des Tafelbildes“, mit denen Galerie und Sammlung Tanglberg neugierig machen. Es sind 40 Jahre rastloser Begeisterung für die bildende Kunst, die Vochdorf zu einem Begriff für Kenner gemacht haben. Es ist die Frage nach dem Verhältnis zwischen Ort und „Hochkultur“, die zum Sommergespräch mit dem Galeristen Erich Spitzbart führte.

Erich Spitzbart bei einer Vernissage im Schloss Hochhaus, Januar 2024

„Ich bin in einer Minute da“, sagt Spitzbart kurz vor dem vereinbarten Termin im Schloss Hochhaus. Es ist tatsächlich ein Katzensprung von der Galerie am Tanglberg, wo alles anfing, zu den von ihm hoch ästhetisch gestalteten Sammlungsräumen im 2. Stock im Schloss, wo wir uns unterhalten werden.

Beide Gebäude, auch das ehemalige Bürgerspital am Tanglberg, kommen aus derselben Epoche. Renaissance, Mitte des 16. Jahrhunderts, architektonische Kronjuwelen des Ortes. Ein Glücksfall, sagt Spitzbart. Die Fernberger, die das Hochhaus errichteten, kannten Italien, ließen sich beim Bau davon inspirieren, und auch die italienische Wiege der klassischen Zeichnungen, die hier immer wieder auch ausgestellt sind, macht das Ganze zu einer gelungenen Komposition.

Ich betone immer, ich bin Vorchdorfer

Ob Galerie Tanglberg und Sammlung im Schloss ein Elfenbeinturm im Ort sind? – Die Antwort auf die Frage, welche Verbindung zwischen alter und zeitgenössischer Kunst und Vorchdorf bzw. den Vorchdorfer:innen es eigentlich gibt, diese Antwort gärt wohl bei Erich Spitzbart. Einerseits: Natürlich könne man die Galerie – wir nehmen das jetzt mal als Teil fürs Ganze – sofort woanders hin setzen. Aber dann ist da eben auch der genius loci der beiden Gebäude, das Einzigartige. Solitäre im Zentrum des Ortes nennt er sie. Und es ist wohl weder Übertreibung noch Angeberei, wenn Spitzbart sagt: „Ich habe den Geist (gemeint ist: der architektonischen Kunst) hier hereingenommen.“

Dazu muss man wissen: Zwar hat sich Erich Spitzbart schon in der Lehrerausbildung für Kunst interessiert, hat aber erst später parallel zu seinem Brotberuf, Kunstgeschichte in Salzburg studiert. Der Kauf und die Gestaltung des Tanglbergs, der Beginn der Sammlungstätigkeit, das war kein fertig durchdachter Plan, sondern ein work in progress, das bis heute anhält. Hier stecken 40 Jahre Leidenschaft und investierte Kraft, Zeit und Geld.

Ein Vielfaches der ausgestellten Werke schlummert im Lager, „eine Wucht“, inhaltlich auf Augenhöhe mit weitaus größeren und bekannteren Einrichtungen. Die Fernwirkung war und ist erheblich größer als die Resonanz innerhalb Vorchdorfs. Schon öfters hat Spitzbart von Menschen aus dem Ort gehört, dass sie, weit weg von zu Hause, hörten: „Ach, die Galerie?“, wenn sie ihre Herkunft erwähnten.

Das Metier ist schwierig

Nun ist bildende Kunst, besonders die zeitgenössische, nirgends eine volkstümliche Attraktion – auch wenn das Kulturhauptstadtjahr vielleicht mit dazu beigetragen hat, dass bei den bisherigen Ausstellungseröffnungen heuer mehr Vorchdorfer Gesichter im Publikum zu finden waren. Eine Belebung des Ortes sieht Spitzbart hier aber ohnehin schon durch die auswärtigen Gäste.

Eine Förderung durch die Gemeinde hat die Galerie allerdings nie beantragt, Spitzbart wollte unabhängig bleiben; ihm ist aber auch nichts derartiges angedient worden. Das Metier, also eine solche galeristische Tätigkeit, ist schwierig, stellt er fest. Sie lebt auch von der Verbindung zur Gastronomie; das gilt für Tanglberg und Schloss gleichermaßen. Und die Situation eben dieser Branche ist derzeit hochgradig kritisch. Sollte die Gastronomie aus Kostengründen im Schloss nicht mehr tragfähig sein, sieht Spitzbart schwarz.

Für den nachhaltigen Bestand der Galerie ist das wohl bedenklich, ebenso wie die in Wirklichkeit ungeklärte Nachfolgefrage. Dem Galeristen ist das durchaus bewusst. Auch wenn er vollauf mit pausenloser Sammlungstätigkeit, mit den kommenden Ausstellungen und etwa dem Symposion zur Gegenwart bildender Kunst im Juli mit dem kuriosen Titel „Die Rache des Tafelbildes“ beschäftigt ist. Der bekannte Historiker Wolfgang Kos wird dabei sein, die Künstlerin Eva Schlegel (unter anderem Biennale Venedig), der Kunstwissenschaftler Thomas Zaunschirm, bei dem Spitzbart in Salzburg Kunstgeschichte hörte, und andere bekannte Namen.

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