Gemeinderatssitzung: Harmonie bis zum Ende?

19. November 2022
Reportage von Alfred E. Neumannn

Was sich in den letzten Zusammenkünften des Gemeinderates andeutete, hat sich erfreulicherweise am letzten Dienstag zumindest anfangs fortgesetzt: breitere Mehrheiten, viele einstimmige Beschlüsse zu unterschiedlichsten Themen und deutlich weniger kontroverse Wortgefechte. Ob das bis zum Ende der Sitzung so bleiben würde, war die spannende Frage.

Die ersten 17 (!!!) Tagesordnungspunkte wurden zügig abgehandelt, ganz ohne gröbere Auffälligkeiten, immer wieder versehen mit Lob, wie gut die Zusammenarbeit in den Ausschüssen sei.

Erwähnenswert ist ein seit 2019 bestehender Nutzungsvertrag für die Funsporthalle in der Nachbargemeinde Gschwandt, über dessen Verlängerung abgestimmt wurde. Nützen tut´s wohl keiner, auch wenn Vorchdorf dafür nur die Lappalie von jährlich 100 Euro bezahlt. Die Appelle von Albert Sprung (Liste Vorchdorf) und Reinhard Ammer (Grüne), in den Vereinen und in der Bevölkerung Werbung zu machen, unterstützen wir an dieser Stelle gerne. Ammers Hinweis, dass die Halle auch mit der Traunseetram sehr gut erreichbar ist, unterstreicht die Attraktivität des Angbots zusätzlich.

Das Leben ist kein Wunschkonzert

Im Zuge der Abstimmungen zu Projekten im Bau- und Straßenausschuss wunderte sich Obmann Wolfgang Ettinger (LV), wie lange es dauern kann, bis Beschlüsse umgesetzt werden. So geschehen z. B. beim (ja längst bestehenden) Rad- und Begleitweg in Hörbach, über den acht Jahre nach den ersten Beschlüssen nun endlich abgestimmt wird.

Gut auch der von Norbert Ellinger (Grüne) wiederholt geäußerte Wunsch, dass man angesichts des Wohnbaus in Messenbach doch gleich an eine Anbindung für Fußgänger und Radfahrer über den Bahnweg denken möge. Schön und gut, aber würde ein konkreter Antrag nicht mehr bewirken können als fromme Wünsche?

Die mehrheitliche Annahme eines Zusatzantrages von Ettinger für eine „Verbreiterung der Messenbacher Straße unter Bedachtnahme auf Fußgänger und Radfahrer“ war Beispiel für eine weitere Erkenntnis: Die Gemeinderäte der einzelnen Fraktionen stimmen diesmal nicht immer en bloc ab, Stichwort: Klubzwang. Das hat es in der jüngeren Vergangenheit in dieser Form nicht oft gegeben – wohltuend, dass auch innerhalb der Fraktion unterschiedliche Meinungen erlaubt sind.

„Es ist ja heute fast schon a wengal zu harmonisch“

Diese Worte Reinhard Ammers an anderer Stelle waren spätestens bei Punkt 19 der Tagesordnung vergessen. Dabei ging es um den Vertrag mit Dr. Katja Raml, die erfreulicherweise nahtlos Dr. Gruber als Allgemeinmedizinerin in Vorchdorf nachfolgen soll. Dr. Raml möchte sich im Gesundheitsdienstleistungszentrum (GDLZ) niederlassen. Um ihr adäquate Bedingungen bieten zu können, sind Umbaumaßnahmen um ca. € 48.000 notwendig. Der Eigentümer will ca. 60 % davon übernehmen, den verbleibenden Rest von rund € 19.000 soll die Gemeinde als Mieterin tragen – obwohl die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des GDLZ für die Nutzung als „Arztpraxis“ angemietet wurden.

Der Wunsch von Albert Sprung (LV), seine Stellungnahme hierzu wortwörtlich zu protokollieren, lässt eine intensive Diskussion erwarten. Er erinnert daran, dass die Adaptierungswünsche des schon 2017 an einer Einmietung interessierten Dr. Hohn nicht erfüllt wurden. Laut Sprung hat das GDLZ der Gemeinde bisher einen Verlust von etwa einer halben Million Euro beschert. Die Liste Vorchdorf findet daher, dass die Umbaukosten vom Eigentümer und nicht von der Gemeinde als Mieter zu tragen seien, wie das wohl auch im Gemeindevorstand besprochen worden sei. Also Gegenantrag: Vermietung laut Mietvertrag an Dr. Raml, aber die Adaptierung soll der Eigentümer übernehmen. Der Bürgermeister soll entsprechend verhandeln.

Matthias Traunbauer (ÖVP) möchte daraufhin „die Kirche im Dorf“ belassen und appelliert an die Vernunft bei der LV: Die Gemeinde müsse Geld für die medizinische Versorgung in die Hand nehmen; man solle nicht kleinlich sein. Außerdem möge man „nicht über die Kanäle oder gar Plakate am Straßenrand kommunizieren“. Das war eine durchaus bemerkenswerte Forderung, wenn man die scharfe Attacke der ÖVP gegen die LV und Albert Sprung schon am folgenden Tag (inzwischen abgemildert) liest.

Der Bürgermeister weiß aus anderen Gemeinden zu berichten, dass neue Ärzte verloren wurden, weil man dort kein Entgegenkommen geleistet habe. Und ganz optimal wären die Räumlichkeiten für die Ärztin ja auch wieder nicht. Wie man das verstehen darf, wo die Gemeinde diese Räumlichkeiten doch als „Arztpraxis“ angemietet hat?

Gemeinderat befürwortet einmütig Ordination für neue Ärztin

Vizebürgermeister Alexander Schuster (FPÖ) appelliert dann ebenfalls eindringlich an die Vernunft. Er wünscht sich ein einstimmiges Abstimmungsergebnis, um die einzigartige Möglichkeit zu nützen, eine jüngere Ärztin zu gewinnen und zitiert aus dem Protokoll des Gemeindevorstands, wonach der Eigentümer zur Kostenübernahme für allfällige Umbauten bereit ist. Das heiße aber nicht, dass es zur Übernahme aller Kosten komme. Da fragt man sich, warum das Protokoll einer Vorstandssitzung in diesem Punkt vage bleibt – hat man hier etwa um den heißen Brei herumgeredet?

Hans Limberger (LV) unterstreicht nochmals, dass die Liste Vorchdorf die neue Ärztin auf keinen Fall verhindern will, nur müsse bei den Kosten nicht immer die Gemeinde herhalten. Für Eva Brandstötter-Eiersebener (Grüne) ist das ebenso eine Vernunftsentscheidung. Sie verstehe nicht, warum die Gemeinde keine Zuzahlung leisten solle. Offen bleibt allerdings, warum das dann aber nicht auch schon bei Dr. Hohns Anfrage so gemacht wurde.

Reinhard Ammer bemüht sich, Dampf aus der Debatte zu nehmen: Man müsse zwischen persönlichen Befindlichkeiten und Sachthemen trennen. Er verweist auf das Risiko, dass der Eigentümer den Umbau aus Kostengründen gar nicht umsetzt. Christian Beisl (VP) erachtet die € 19.000 als gut angelegt, daher wünscht auch er sich einen einstimmigen Beschluss.

Doch noch etwas Parteipolitik?

An die LV richtet Beisl die Bitte, man möge aufhören Vorchdorf schlecht zu machen. Es sei wie beim Gewerbegebeit Inkoba. Irgendwann würden Ärzte, Unternehmer, aber auch Bürger sagen, „in Vorchdorf wird nur gestritten, nach Vorchdorf komme ich gar nicht“. Sprung sieht die Liste Vorchdorf als Boten, der ausschließlich Fakten auf den Tisch bringt. Das dann als Schlechtmacherei zu bezeichnen, weist er zurück. Man könne ja schließlich nichts dafür, dass die Fakten nicht erfreulicher sind. Übrigens, wie die SPÖ zu all diesen Themen steht, ist der Sitzung nicht zu entnehmen. Es gab keine roten Wortmeldungen.

Und zum Abschluss nochmals der Livestream

Am Ende ist zum wiederholten Male der Livestream Thema. Matthias Traunbauer (ÖVP) sorgt sich, ob verlässliche Gemeindebedienstete vielleicht den Job wechseln könnten, weil sie nicht im Bild sein wollen. Er fragt sich tatsächlich auch, ob der Livestream für die politische Arbeit überhaupt zielführend sei. Fragt er sich denn auch, warum immer mehr Gemeinden versuchen, auf diesem Wege die politische Arbeit in öffentlichen Sitzungen den Bürger*innen besser zugänglich zu machen?

Hans Limberger (LV) fordert abschließend noch eine frühzeitigere und deutlich bessere Ankündigung der Bürgerfragestunde. (Hierzu berichten wir in Kürze.) Dann geht es nochmals hoch her, als er den Bürgermeister fragt, warum denn ein einstimmig beschlossener Antrag von Vizebürgermeister Schuster zur Demontage einiger Schilder im Brodwinkel nicht umgesetzt wurde. Es hätte sich wohl so zugetragen, dass die Schilder zwar demontiert, nach einer Intervention aus der Gemeindestube aber wieder aufgestellt wurden. Dass dabei eine nahe Verwandtschaft des Bürgermeisters im Spiel sei, mache für ihn gar keinen schlanken Fuß. Der Befragte reagierte etwas emotional und für mich daher inhaltlich nicht verständlich. Mit den Erläuterungen von Bernhard Ettinger (LV), dass die Gesetze mit diesem Vorgehen eindeutig nicht eingehalten wurden, obwohl das der Gemeinde bekannt sein sollte, wird auch dieses heiße Eisen abgelegt.

Die Vorfreude auf Weihnachten

Die von Franz Amering (ÖVP) ausgesprochene Einladung zum Christkindlmarkt war dann ein versöhnlicher Abschluss einer wechselnd stimmungsvollen Sitzung. In seinen Schlussworten berichtet der Bürgermeister noch, dass die ersten Bewohner Anfang Dezember in das neue Bezirksaltenheim einziehen werden.

Und hier noch ein Hinweis: Am 13. Dezember 2022 findet bereits die nächste Gemeinderatssitzung statt. Same place, same time, also um 19:30 in der Kitzmantelfabrik. See you there!

2 Gedanken zu „Gemeinderatssitzung: Harmonie bis zum Ende?

  1. Albert Sprung

    Wie zu erwarten wurde der Gegenantrag der Liste Vorchdorf „Vermietung laut Mietvertrag an Dr. Raml, die Kosten für die Adaptierung soll jedoch der Eigentümer zur Gänze übernehmen“ mehrheitlich abgelehnt (Abstimmung bei 1:48:31 des Live Streams).

    Beim eigentlichen Antrag aber haben dann Hans Limberger und Martin Rauscher für den Antrag gestimmt, Sandra Sprung, Wolfgang Ettinger Bernhard Ettinger, Albert Sprung haben sich enthalten und Sabrina Walther war nicht im Raum (Abstimmung bei 1:49:28 des Live Streams).

    Dass jetzt seitens einer Fraktion öffentlich, im Internet abrufbar, behauptet wird, dass die Liste Vorchdorf geschlossen dagegen gestimmt hat, das schlägt wohl dem Fass den Boden aus. Da zeigt sich wie wichtig auch der Live Stream ist. So entlarvt man schnell diese Lügen und dem kleinen Pinocchio seine Nase wird immer länger. Bald schaut sie wahrscheinlich schon bei einem Vorchdorfer Werbeblatt heraus.

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  2. Bernhard Ettinger

    Vorneweg: Eine sehr gute und treffliche Zusammenfassung der Gemeinderatssitzung.

    Mehr Infos zur Funsporthalle Gschwandt unter: https://www.gschwandt.at/BUeRGERSERVICE/Funsporthalle

    Nachtrag zum Brodwinkel: Es ist absolut unverständlich, wenn die Zuständigen in der Gemeinde die Umsetzung des Beschlusses in Auftrag geben und dann der Bürgermeister gemeinsam mit dem Bauamtsleiter (so wurde es mir mitgeteilt) die eigenen Mitarbeiter torpedieren und widerrechtlich die Montage anordnen. Und alles, nur weil es dem Schwager und der Schwägerin des Bürgermeisters nicht genehm ist? Sieht der Bürgermeister denn nicht, welch verheerendes Bild er von sich und der Politik da an den Tag legt? Willkür par excellence.
    Die Auskunft der Gemeindeaufsicht ist jedenfalls klar und eindeutig. Wer es mit Demokratie und Rechtsstaat ernst meint kann das nicht einfach ignorieren.

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