Bürgerfragestunde – und niemand geht hin?

19. November 2022

Für den 15.11.2022 war die diesjährige Bürgerfragestunde angesetzt, wie üblich vor Beginn der Gemeinderatssitzung. Genutzt wurde das Angebot zwar, doch mangels leicht auffindbarer Ankündigung praktisch nur durch Leser*innen des INVO.report. Ein Überblick zum Ablauf und ein kritischer Kommentar.

Vor der eigentlichen Bürgerfragestunde gab es noch ein kleines Geplänkel zwischen Amtsleiterin Nadine Klocker und Gemeinderat Albert Sprung (Liste Vorchdorf) bezüglich der Berechtigung, die Gemeinderatssitzung aufzuzeichnen, das in der Aussage der Amtsleiterin gipfelte: Ihr sei die Rechtsauskunft des Landes natürlich bekannt, aber „ich teile diese Ansicht nicht“.

Zur Fragenbeantwortung:

Ein Bürger („Ich habe von INVO.report erfahren, dass es diese Bürgerfragestunde gibt.“) urgierte den durchgehenden 70er in Feldham. Wolfgang Ettinger (Bau- und Straßenausschuss) antwortete, dass zwar im Ausschuss Einstimmigkeit herrsche, ein Antrag  von der BH aber abgelehnt worden sei. Der Ausschuss werde aber „dran bleiben“ und nehme die Bürgeranfrage gerne in den neuerlichen Antrag auf.

Die Bitte, einen Mistkübel beim Parkplatz Theuerwanger Forst aufzustellen, wird Bernhard Kontschieder (Umwelt-, Energie- und Klimaausschuss) gleich bei der nächsten Sitzung auf die Tagesordnung setzen und ergänzt, dass man auch gleich einen Antrag an die Gemeinde stellen könne.

Eine Bürgerin (INVO.report) richtet eine Frage an Bürgermeister Mitterlehner: Gibt es angesichts des Wohnungszubaus Vorgaben/Planungen, bei wie vielen Bewohnern insgesamt, aber auch in einzelnen Wohngebieten die vorhandene Infrastruktur (Verkehr, (Ab-)Wasser, Strom, soziale und Bildungseinrichtungen an ihre Belastungsgrenzen stößt und wie sehen diese Planungen aus? Bürgermeister Mitterlehner antwortet, dass es Vorgaben bezüglich Bebauungsdichte gäbe. Eine konkret geplante maximale Einwohnerzahl konnte nicht herausgehört werden. Die Kläranlage müsse vielleicht erweitert werden, ein Standort sei noch ungewiss. Das Seniorenheim (Anm.: derzeit wegen Personalmangels nicht in vollem Umfang eröffnet) und der Kindergarten Fischböckau werden erwähnt. Planungen im direkten Zusammenhang mit dem Bevölkerungszuwachs, besonders im Bereich Verkehr, lassen sich leider nicht erkennen.

Die zweite Frage, wer den Zaun der Verabschiedungshalle zu welchen Kosten bestimmt hat, wird ebenfalls durch Bürgermeister Mitterlehner beantwortet: Ein Gremium aus Vertretern der Religionsgemeinschaften und der Gemeinde Vorchdorf hat sich für den Zaun aus Gabionen und Eiben entschieden, der nur ein Drittel der ursprünglich vorgesehenen Mauer (€ 88.000) gekostet hat.

Ein Bürger fragt, ob der Gemeinde Vorchdorf weitere Ausbaupläne für den geförderten Glasfasernetzausbau bekannt sind? Bürgermeister Mitterlehner antwortet, dass die Jurysitzung für die Fördervergabe noch nicht stattgefunden habe. Mit der Information, dass Bürger*innen Anfragen einreichen sollen, um den Netzausbau zu beschleunigen, wird die Bürgerfragestunde abgeschlossen.


Kommentar von Andrea Hahn

Ich halte das Prozedere der Bürgerfragestunde in Vorchdorf für undemokratisch und nicht bürgerfreundlich. Die Misere beginnt für mich mit der fehlenden Veröffentlichung. Diesmal war die Bürgerfragestunde nicht einmal in der Gemeindezeitung angekündigt. Wenn man echte Bürgerbeteiligung installieren möchte, könnte man doch gleich für alle Jahre festlegen, dass die Bürgerfragestunde z. B. vor der letzten Gemeinderatssitzung im Jahr stattfindet. Fortgesetzt wird die Misere mit der Geschäftsordnung der Bürgerfragestunde:

  • Man muss anwesend sein, um Fragen beantwortet zu bekommen. Es gibt Bürger*innen, die aus gesundheitlichen, beruflichen oder anderen Gründen nicht an der Bürgerfragestunde teilnehmen können. Sind das Menschen zweiter Klasse?
  • Die Beantwortung ist mit 60 Minuten begrenzt. Zählt hier das undemokratische Prinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“?
  • Es kann maximal eine Zusatzfrage gestellt werden. Damit kann die konkrete Beantwortung leicht umgangen werden.

Zu guter Miseren-Letzt werden die Fragen und die Antworten nicht veröffentlicht. Welchen Sinn hat eine öffentliche Bürgerfragestunde, wenn die Vorchdorfer*innen nicht nachlesen oder -sehen können, was gefragt und geantwortet wurde? Selbst bei Anwesenheit ist es oft unmöglich, den Ausführungen zu folgen – es gibt Redner, die akkustisch und semantisch schwer bis gar nicht zu verstehen sind. Und wie schon eingangs erwähnt, ist es nicht allen Bürger*innen möglich, zur Bürgerfragestunde oder auch zur Gemeinderatssitzung zu kommen. Ich bin daher als Vorchdorferin auch zutiefst bestürzt, dass es solche Widerstände gegen die Aufzeichnung der Gemeinderatssitzungen gibt. Sind den Zuständigen die Interessen der Vorchdorfer Bürger*innen so wenig wert, dass man immer wieder über Stream und Abrufbarkeit streiten muss?

Ein Gedanke zu „Bürgerfragestunde – und niemand geht hin?

  1. Bernhard Ettinger

    Die Vorschläge der Liste für Vorchdorf (LV) für echte Verbesserungen der Bürgerfragestunde liegen seit einem 3/4 Jahr auf dem Tisch. Der Gemeinderat hat sie vertagt und der Gemeindevorstand schließlich mehrheitlich abgelehnt, ohne darauf inhaltlich einzugehen.
    Insbesondere, dass sich Fragesteller vertreten lassen könnten, wäre eine gute Verbesserung gewesen. Leider fand sich keine Mehrheit.

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