12. Mai 2021
Damit kein Missverständnis aufkommt: Im Normalfall beantworten Mitarbeiter*innen des Vorchdorfer Gemeindeamts und Amtsträger*innen Fragen umgehend und freundlich. Keine Notwendigkeit also, sich schon vorsorglich auf das Podest des souveränen Staatsbürgers zu stellen. Aber ist das bloße Gefälligkeit? Und gibt es Fälle, in denen genau das rechtlich unzulässig ist – oder aber sogar vorgeschrieben?
Die Amtsverschwiegenheit soll ja weg
Mit dem im Volksmund so genannten Amtsgeheimnis steht Österreich europaweit allein, als Schlusslicht. Diese Verfassungsbestimmung besagt, dass die gesamte öffentliche Verwaltung – von Ausnahmen abgesehen – über alles, was sie weiß, den Mund zu halten hat. Diese Amtsverschwiegenheit soll demnächst durch ein Informationsfreitsgesetz auf den Misthaufen der Geschichte befördert werden. „Demnächst“ gilt allerdings schon seit 2013.
Zusammen mit dem ebenfalls recht beliebten Argument „Datenschutz“ war die Amtsverschwiegenheit bisher ein bequemer Vorwand, wenn einmal eine Frage aus der Bevölkerung ungelegen kam. Selbst schlichte Gemüter haben ja meist schon etwas darüber gehört und resignieren dann schulterzuckend.
Nur wenige wissen von den Auskunftspflichten des Staates, wozu auch die Gemeinde gehört. Unter anderem gibt es ein eigenes Landesgesetz zur Auskunftspflicht. Speziell für Fragen des Umweltschutzes besteht außerdem eine Art Auskunftspflicht durch die Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes.
„Die Organe der Gemeinden haben jedermann Auskunft zu erteilen“
Die ersten Paragrafen des Auskunftspflichtgesetzes sind sehr klar. „Organe“ im Falle der Gemeinde sind jedenfalls Bürgermeister, Gemeindevorstand und Gemeinderat. Sie müssen über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs Auskunft geben, die ihnen bekannt sind oder bekannt sein müssen. Prinzipiell gehört dazu also alles, womit die Marktgemeinde sich befasst.
Ausnahmen davon gibt es z. B. tatsächlich durch den Datenschutz oder wenn die Auskunft so aufwändig wäre, dass die übrigen gesetzlichen Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllt werden könnten. Das kann fallweise strittig sein. Doch dann kann man verlangen, dass über die Verweigerung der Auskunft ein Bescheid erteilt wird.
Der Zugang zu Umweltinformationen ist ebenfalls sehr weitgehend. Anrecht darauf haben natürliche und juristische Personen, und zwar ohne jeden Nachweis eines Rechtsanspruchs. Solche Informationen können sein: „Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, Verwaltungsakte, Umweltvereinbarungen und Tätigkeiten“, die sich auf die Umwelt „auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zu deren Schutz“.
Langer Atem – oder: Der Teufel steckt im Detail
Sollte die Gemeinde Informationen unter der Decke halten wollen, so sitzt sie gegenüber einzelnen Bürger*innen an einem recht langen Hebel. Fristen bis zu vier bzw. acht Wochen zur Auskunftserteilung können bereits zu vollendeten Tatsachen führen, die man vielleicht gerade verhindern wollte. Das gilt erst recht, wenn die Auskunft verweigert wird und man auf den Rechtsweg angewiesen ist. Die Gemeinde wird hier juristischen Laien gegenüber meist im Vorteil sein. Denn um zu wissen, ob tatsächlich ein Weigerungsgrund schlagend ist, reicht oft der Gesetzestext allein nicht aus – dann heißt es die Rechtsprechung durchforsten.
Ist das, was man wissen will, ein schutzwürdiges Geschäftsgeheimnis? Stehen der Auskunft überwiegende Gründe wie die Vertraulichkeit von Beratungen entgegen? Oder der Schutz personenbezogener Daten? Allein die Frage, was damit jeweils genau gemeint ist, entspricht leider nicht überall dem allgemeinen Sprachgebrauch.
Augenmaß beiderseits statt Kriegsschauplatz
Wie auch immer das noch im Detail umstrittene Informationsfreiheitsgesetz ausfällt: Schon jetzt sind weder Gemeinden noch Bürger*innen in einer befriedigenden Lage. Mit den letzten gesetzlichen Feinheiten sind beide fallweise überfordert. Eine mutwilllige Anfrageflut kann durchaus auch Sand in ein sinnvolles Getriebe der Gemeindeverwaltung bringen. Andererseits kommen ja Fälle von Amtsmissbrauch, Pflichtvernachlässigung, rechtswidrigem Handeln usw. in der Wirklichkeit vor. Und dann sind in einer Demokratie die Elemente der Gewaltenteilung dazu da, Ordnung zu schaffen. Also Wahlvolk, Medien, Gerichte.
Zunächst steht man sich aber in einer Gemeinde wie Vorchdorf als Menschen gegenüber, die einander häufig sogar kennen. Und da sollte – außer in tragischen Einzelfällen – die Devise „Durch Reden kommen d’Leit z’amm“ gelten. Warum das Reden manchmal tatsächlich funktionieren kann?
- Nachvollziehbar erklärt, kann es einsichtig werden, dass die Weitergabe einer Information einfach nicht erlaubt ist.
- Mit Bestimmtheit vorgetragen, kann eine Frage einem Ortspolitiker klarmachen, dass er sich mit einer Auskunftsverweigerung mehr Arbeit und Ärger einfängt als mit einer ordentlichen Antwort.
- Unter vernünftigen Menschen kann sich durch ein Gespräch die Einsicht durchsetzen, dass Verschwiegenheit – zumindest momentan – ein Vorhaben im allgemeinen Interesse ermöglicht, das im Lichte der Öffentlichkeit keine Chance hätte.
- Genauso kann sich unter verständigen Leuten herausstellen, dass Transparenz ein Schmiermittel für das Funktionieren der Demokratie in einer Gemeinde ist, z. B. wenn die Leute dadurch Entscheidungen eher akzeptieren – weil sie sie verstehen können.
Als Vorchdorfer Medium ist der INVO.report dafür, dieses „Z’ammkommen“ stets in den Vordergrund zu stellen. Klarerweise wird es in Fällen, wo es nicht funktioniert, auch mehr von dem geben, was man „medialen Druck“ nennt.