23. November 2021
Noch kurz vor dem vierten Lockdown, der das Leben auch in Vorchdorf seit gestern – mehr oder weniger flächendeckend – bestimmt, hat sich der INVO.report mit einer Vorchdorfer Diplomkrankenpflegerin, Mitarbeiterinnen der örtlichen BIPA-Filiale und der Ärztin Claudia Westreicher über das pandemische Zeitgeschehen unterhalten.
Auch in dem oberösterreichischen Krankenhaus, in dem eine unserer Mitbürger*innen auf der Intensivstation arbeitet, ist die Lage so angespannt wie anderswo im hochinfektiösen Oberösterreich auch: „Wir haben die Zahl der Intensivbetten sukzessive erhöht“, erzählt unsere Gesprächspartnerin. Dazu mussten schon viele der geplanten Operationen verschoben werden, um möglicht wenig Intensivkapazitäten zu verplanen. Sollte die Situation weiter eskalieren, werden in den OP-Sälen Kojen zur Betreuung von Erkrankten eingerichtet. Denn ein Intensivbett muss immer frei sein – so verlangt es die Regel.
Dienst nach Vorschrift? Unmöglich
Normalen Dienst nach Vorschrift gibt es für die Vorchdorferin und ihre Kolleg*innen schon lange nicht mehr. Seit Mitte September ist die Atmosphäre im Krankenhaus angespannt, nachdem es den Sommer über ruhiger war. In den zwölfstündigen Diensten kommen die Pflegekräfte nie zur Ruhe: „Die Pflege von Corona-Patienten ist aufwändig – sie brauchen mehr Unterstützung und Überwachung und sind auch wesentlich länger bei uns auf der Intensivstation als Patienten nach einer Operation.“ Zu den besonderen Herausforderungen gehört zum Beispiel, dass Corona-Patient*innen oft in Bauchlage gedreht werden müssen, um ihnen das Atmen zu erleichtern.
Kaputt nach Arbeitsschluss
Nach Dienstende fühlen sich die Pfleger*innen ausgelaugt und erschöpft: „Selbst Kolleginnen und Kollegen, die schon sehr lange im Beruf sind, haben noch nie eine derart belastende Arbeitssituation erlebt. Daheim fällt das Abschalten schwer, weil das Thema so allgegenwärtig ist.“
„Lasst euch impfen“, lautet der dringende Appell der Vorchdorferin, die aus ihrer Praxis weiß, welche Covid-Patient*innen in erster Linie auf der Intensivstation landen: „Es sind hauptsächlich Ungeimpfte. Die Impfdurchbrüche, die zu uns kommen, haben fast alle massive Vorerkrankungen.“
Warteschlangen vor der BIPA-Filiale
Mit einer Intensivstation lässt sich die Arbeit in der Vorchdorfer BIPA-Filiale nicht vergleichen, doch auch dort wird man die Pandemie noch lange in Erinnerung behalten. Denn einen Ansturm wie den auf die PCR-Tests vergangene Woche hat man dort noch nicht erlebt.
Zu Spitzenzeiten reichte die Schlange der Wartenden bis zum Kreisverkehr. „Wir mussten den Zugang regeln und Blockabfertigung machen, damit nicht zu viele Kunden auf einmal im Geschäft waren“, berichtet eine BIPA-Verkaufsmitarbeiterin. Vergangenen Mittwoch wurde die Vorchdorfer Filiale mit 17.000 Tests beliefert, von denen gleich ca. 7.000 Stück in gerade einmal zwei Stunden über die Theke gingen. Am Donnerstag trafen 12.000 weitere Testkits ein – und die wurden dringend gebraucht, wurden doch am selben Tag weit über 10.000 Tests ausgeben. Am Freitag beruhigte sich die Nachfrage ein wenig, summierte sich aber immer noch zu rund 10.000 abgeholten Tests. „Die meisten haben nicht nur die vier Tests mitgenommen, die ihnen zustehen, sondern gleich noch Nachbarn, Freunde und Verwandte mitversorgt“, hat eine der Wartenden beobachtet.
„Alle Ärzte in Vorchdorf impfen“
Wie alle ihre Kolleg*innen verfolgt auch Claudia Westreicher die Entwicklung der Corona-Zahlen sehr aufmerksam. „Die Daten der BH Gmunden sind sehr zuverlässig“, sagt sie. Da aber nur Gesamtzahlen für den ganzen Bezirk veröffentlicht werden, tappt auch die Vizepräsidentin der oberösterreichischen Ärztekammer im Dunkeln, was die aktuellen Zahlen an Geimpften, Genesenen, Infizierten und an Covid-19 Verstorbenen aus Vorchdorf betrifft. Wie die Vorchdorfer Intensivpflegerin kann auch Westreicher nur zum Impfen raten: „Es gibt fast keine Kontraindikationen für die COVID-19 Impfung. Alle Ärzte und Ärztinnen in Vorchdorf und Kirchham impfen – am liebsten nach telefonischer Terminvereinbarung.“
Nach der dritten Impfung sei man selbst sehr gut geschützt; gleichzeitig sei das Risiko sehr gering, andere anzustecken.
Nicht auf den Totimpfstoff warten
Vom INVO.report befragt, erklärt Westreicher zum Unterschied zwischen Tot – und Lebendimpfstoffen: „Auch mRNA-mpfstoffe sind keine Lebendimpfstoffe. Bei den mRNA-Impfstoffen wird der Bauplan für das Spikeprotein in den Körper gebracht. Die körpereigenen Zellen produzieren das Spikeprotein, das dann vom Immunsystem als fremd erkannt und bekämpft wird.“
Laut Westreicher ist der nächste Impfstoff, der in der EU auf die Zulassung wartet, ein von Novavax produzierter Impfstoff auf Proteinbasis: „Da werden die Spikeproteine auf Fettkügelchen montiert und dann gespritzt.“ Mit einer Zulassung sei frühestens zu Jahresende zu rechnen. Im Gegensatz dazu solle ein anderer Impfstoff – von Valneva – ein Ganzvirus-Totimpfstoff sein: „Dazu werden Viren gezüchtet, dann getötet und injiziert.“ Wann dieser Impfstoff komme, wisse noch niemand: „Möglicherweise im Frühjahr 2022. Meines Erachtens gibt es aber keinen Grund, der Pandemie durch Warten auf die beiden Impfstoffe die Chance auf noch mehr Verbreitung zu geben.“
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Impfen in Oberösterreich mit der Impflotterie auch für bereits Geimpfte