Sommergespräche #7: Herbert Huemer

6. September 2022

Herbert Huemer geht es gut: Weil er weniger tun muss und mehr tun kann. Seit seinem Rückzug aus der Gemeindepolitik und der Stilllegung seiner Firma steht dem ehemaligen Unternehmer mehr Zeit zur Verfügung, um sein Leben so zu gestalten, wie er das will.

Von 2003 bis 2009 war Herbert Huemer für die damals ganz neu gegründeten Vorchdorfer Grünen im Gemeinderat vertreten. Von 2009 bis 2015 war er dann zwar nur noch Ersatzmitglied, doch immer noch in der Ortspartei aktiv. Durch die damals neue Fraktion kam Schwung in die Gemeindepolitik. Nach der langen Zeit unter Bürgermeister Schwaha, in der fast alles mit 100% Zustimmung durchgewunken wurde, entwickelte sich der Gemeinderat auf einmal zu einem Ort der Diskussion. Dass auf einmal  Dinge hinterfragt wurden, war für viele Gemeinderäte neu.

Nach 2015 ist Huemer aus der Gemeindepolitik ausgestiegen und hat sich immer mehr aus dem Geschehen zurückgezogen. Bis dahin war er im Umweltausschuss vertreten. Sich selbst beschreibt er als keinen „Kampf-Grünen“; überhaupt sind seiner Einschätzung nach alle Vorchdorfer Grünen relativ zahm.

Während seiner aktiven Zeit hatten die Vorchdorfer Grünen einen guten Einfluss auf die Ortspolitik. Das sei auch heute noch so, meint Huemer. Als Bürgermeister Kofler zurücktrat, hatten die Grünen erstmals das Gefühl, dass ihre Themen mit einem Bürgermeister Schimpl mehr Platz bekommen könnten. Deshalb kam es auch zu dessen Unterstützung durch die Grünen, eine konkrete Vereinbarung mit den Oppositionsparteien Schimpl zu verhindern, habe es laut Huemer nicht gegeben.

Huemer verfolgt die Ortspolitik noch am Rande. Eher interessieren ihn die Bundes- und die internationale Politik. „Das finde ich interessant, was sich weltpolitisch so tut“, so Huemer. Ihm fällt aber auch auf, dass sich Manche stark bedroht fühlen und/oder ängstlich sind. „Das bin ich nicht. Ich habe Vertrauen in die europäische Politik.“
Ihm fällt auf, dass die Medien zu sehr im Krisenmodus sind – es sei nicht nur die Politik daran schuld, worüber wie berichtet werde. „Politiker denken in Perioden, natürlich denken die immer auch an die nächste Wahl.“ Mit der aktuellen Ortspolitik ist er nicht ganz glücklich, hegt aber noch die Hoffnung, dass die Akteurinnen und Akteure das wieder hinbekommen. „Ich denke, dass die Gemeindepolitik von zu vielen Privatinteressen geprägt ist, persönliche Befindlichkeiten und Kränkungen spielen eine zu große Rolle“, meint Huemer.

Wenn es mich juckt, schreibe ich Leserbriefe

„Wenn es mich juckt, schreibe ich Leserbriefe“, sagt der ehemalige Lokalpolitiker, „meistens allerdings eher zur nationalen Politik.“ Beispielsweise, wenn es um Zuwanderung geht – die findet er einfach unumgänglich und notwendig für uns als Gesellschaft.

Auch Huemer würde Sinn in einer Mediation auf Ebene der Gemeindepolitik sehen; die Grünen sieht er nicht direkt betroffen. Aber auch deren Sachpolitik werde durch die laufenden Unstimmigkeiten immer schwieriger umzusetzen. Doch realistisch betrachtet würde ein Mediationsprozess in etwa ein halbes oder ein ganzes Jahr dauern, und alle Beteiligten müssten bereit dazu sein.

Als größten gemeindepolitischen Erfolg sieht Huemer das Gelingen der Nahwärme: „Das war extrem wichtig. Gas war damals noch dominanter als jetzt. Als Grüne war es damals nicht möglich, das Thema durchzuboxen. Gelungen ist es erst, als die ÖVP und die Landwirte die Idee aufgegriffen haben.“ Obwohl es am Ende nicht Huemers Projekt war, sieht er es als absolutes Highlight. Er ist der Bauernschaft und der ÖVP dankbar, dass das gelungen ist. Die Nahwärme war nicht immer so erfolgreich wie heute, sogar ein möglicher Konkurs stand einmal im Raum. Das macht deutlich, dass Politik nicht immer „direkt“ gute Auswirkungen zeitigt, sondern Manches auch oft Zeit braucht oder sich Entscheidungen nur über Umwege auszahlen. Positiv für den Ort seien sicher auch die zahlreichen Vereine und die vielen Wohnmöglichkeiten im Zentrum, glaubt Huemer.

Ein Lowlight sind die Geschäfte in der Peripherie und das tote Zentrum. Auch die vielen Ansiedelungen weit draußen wie etwa in der Fischböckau oder der Lederau, hätten so nicht passieren dürfen. Huemer vermisst ein Ruftaxi und würde sich mehr Geh- und Radwege wünschen: „Schließlich müssen alle ins Dorf.“

Wäre Huemer Bürgermeister, würde er sich um eine Verkehrslösung bei Hofer, Lidl und Spar bemühen und die Kinderbetreuung ausbauen: „Jede Frau muss die Möglichkeit haben, mit gutem Gewissen arbeiten zu gehen. Derzeit ist in Vorchdorf da noch Luft nach oben.“ Außerdem brauche es eine Verkehrslösung rund um das INKOBA-Gebiet. Dort müssten, ginge es nach ihm, alle mit Holz und ökologischen Baustoffen bauen und ihre Unternehmen an die Nahwärme anschließen. Natürlich wäre es auch für das Altenheim sinnvoll gewesen mit Holz zu bauen, weil Holz CO2 bindet und Beton CO2 erzeugt. „Dazu noch eine Photovoltaikanlage aufs Dach ,und es wäre schon viel besser.“
Ein weiteres Must-have wäre eine laufende BürgerInnen-Beteiligung. Nicht nur alibihalber alle sechs Jahr kurz vor der Wahl: „So etwas wie ein BürgerInnen-Parlament wäre super.“
Und Huemer weiter: „Die Bodenversiegelung muss aufhören. Parkplätze können auch mal unter die Erde wandern und auch hier bei uns am Land muss der öffentliche Verkehr ausgebaut werden.“ Zuletzt könne noch mehr Energie in die Gestaltung eines wirklich augewogenen Unternehmensmix gesteckt werden: „Damit es für alle Arbeitsplätze vor Ort gibt – von Fertigung bis Forschung.

Neuer Leser für den INVO.report

Bisher hat Huemer den INVO.report nicht gelesen, einfach weil er wenig im Internet unterwegs ist. „Ich lese Zeitung“, sagt er. Grundsätzlich findet er das Angebot gut, würde sich aber wünschen, dass wirklich alle mit Klarnamen kommentieren.

Herbert Huemer (64) ist Solarenergiepionier, Vater von zwei Töchtern und einer Ziehtochter. In den nunmehr zwei Jahren, in denen er im Ruhestand ist, kümmert er sich gerne um seine sechs Enkelkinder.

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