Bahnhofstraße 14: Rückkauf „Ein-Euro-Haus“ steht am Dienstag zur Entscheidung an

9. Dezember 2022

Das Drama um das „Ein-Euro-Boarding-House“ geht in die nächste und vielleicht letzte entscheidende Runde. Der Gemeinderat beschließt am kommenden Dienstag über den Antrag, das Grundstück zurückzukaufen.

Ursprung der Geschichte war der umstrittene Verkauf des ehemaligen Standorts der Feuerwehr und des Roten Kreuzes um einen symbolischen Euro. Käufer der Liegenschaft in bester Ortskernlage war ein Unternehmen, das im Eigentum des erfolgreichen Bauunternehmers Ing. Norbert Hartl (Baugruppe Schmid) sowie seinem Mitarbeiter Johannes Huemer steht. Aufmerksamkeit erregte dabei der Umstand, dass Letzterer damals auch für die ÖVP im Gemeinderat saß. Die Begründung, warum der damalige Bürgermeister Schimpl, ebenfalls ÖVP, die Liegenschaft um die auf den ersten Blick für jedermann erschwingliche Summe in Höhe eines ganzen Euros an genannte Investoren „verkauft“ hat, lag in der Auflage, das bestehende Gebäude abzureißen. Diese Abrisskosten sollen, je nach Sichtweise und Angebot, im Bereich von unter € 100.000,- bis € 160.000,- veranschlagt worden sein.

Der Kaufvertrag sah außerdem vor, dass auf der besagten Fläche vom Käufer bis Oktober 2022 zumindest ein Rohbau zu errichten ist. Würde das nicht geschehen, stünde der Gemeinde ein Rückkaufsrecht zu. Die Fakten sind: Der Abriss ist erfolgt, der Rohbau dagegen steht nicht.

Soweit uns das Drehbuch bekannt ist, argumentiert der Eigentümer nun damit, dass das ursprüngliche Konzept eines „Boarding House“, also auf Deutsch eine Art Pension mit langzeitvermieteten Wohnungen, aufgrund der stark veränderten Rahmenbedingungen wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist. Mit den stark gestiegenen Baukosten lassen sich angeblich die Rendite-Erwartungen der Investoren nicht mehr erfüllen. Warum man so lange mit dem Baubeginn gewartet hat, ist dagegen etwas unklar. Wenn, so der Eigentümer, dann ließen sich noch Eigentumswohnungen realisieren – in diesem Falle müsste aber die Gemeinde von ihren Vorgaben abrücken.

Im Showdown am kommenden Dienstag wird es also darum gehen, ob die Gemeinde den Beschluss für einen Rückkauf fassen wird. In diesem Falle müsste man dem jetzigen Eigentümer die Abrisskosten ersetzen. Damit verbundene Kosten für Gutachter sollten sich im überschaubaren Bereich bewegen, wogegen die Gemeinde ein attraktives Grundstück in Ortskernlage übernehmen könnte, das mittlerweile wohl im Wert gestiegen ist. Offen ist die zukünftige Nutzung und Verwertung, für die es aber keinen wirklichen Zeitdruck gibt. So könnte man aber darauf hoffen, dass die Besucher der Vorchdorfer Beiträge rund um das Projekt „Kulturhauptstadt 2024“ zumindest eine Begrünung oder (nicht versiegelte) Parkplätze anstatt dem momentanen Schandfleck vorfinden werden.

Ob es bei dem über längere Zeit immer wieder heiß diskutierten Drama damit zu einem Happy End kommen wird? Die Chance besteht, dass es ein fraktionsübergreifendes Einvernehmen gibt, diese Möglichkeit gemeinsam zu nützen. Wie der Bürgermeister schon angekündigt hat, „wenn es Mehrheiten gibt, wird er sie akzeptieren“.

Wer der Diskussion und dem anschließenden Beschluss live beiwohnen will: Die Aufführung findet am 13. Dezember 2022 ab 19:30 in der Kitzmantelfabrik statt.

4 Gedanken zu „Bahnhofstraße 14: Rückkauf „Ein-Euro-Haus“ steht am Dienstag zur Entscheidung an

  1. Wögerbauer Jürgen

    Geschätzter Herr Ing. Norbert Hartl,

    ein Rückkauf ist nicht nur wegen der Fristen durchzuführen, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass die Gemeinde (über den Verein VFI) das Grundstück rechtswidrig der „cmc Boardinghouse GmbH“ (Miteigentümer Ex-ÖVP-Fraktionsobmann Johannes Huemer) verkauft hat und nicht dem Gemeinderatsbeschluss entsprechend an die construction management complete GmbH. Herr Hartl, Sie stellen es falsch dar, dass Sie die vertraglich festgeschriebene Frist nicht haben verfallen lassen. Aber wer denn sonst? Zwei Jahre für die Errichtung eines Rohbaus ab Baugenehmigung sollten für einen Profi doch genug sein, oder? Im Kaufvertrag wird in Punkt V „Wiederkaufsrecht“ klar geregelt, welche Kosten mit einem allfälligen Rückkauf verbunden sind:

    a. Errichtungskosten Rohbau. Da es keinen gibt, also Null Euro.
    b. Abbruchkosten. Lt. vorliegenden Angeboten liegen diese im Bereich von rd. € 100.000,-
    c. Anschluss samt Anlegergebühren. Sind meines Wissens keine erfolgt, also ebenfalls Null Euro.

    Zusätzlich muss man noch den Kaufpreis berücksichtigen, also EINEN Euro. Sie, Herr Hartl, behaupten fälschlicher Weise weiters, dass „Projektierungskosten“ abgegolten werden sollen. Wie kommen Sie denn zu dieser Forderung? Ich kann das aus dem Kaufvertrag jedenfalls nicht herauslesen. Sie selbst geben zu, dass die Schmid Gruppe das geplante und von der Gemeinde geforderte Boardinghaus durch die geänderten wirtschaftlichen Bedingungen ohnedies nicht mehr umsetzen kann.

    Derzeit wären nur Eigentumswohnungen wirtschaftlich machbar. Daraus ergibt sich aber auch, dass der von der Gemeinde geforderte Grundstücksverkauf um EINEN Euro für das Boardinghouse nicht mehr gerechtfertigt ist. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum der Miteigentümer, Ex-ÖVP-Fraktionsobmann Johannes Huemer, nicht mehr ordentliches Mitglied des Gemeinderats ist.

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  2. Albert Sprung

    Wenn nach einer Unterschrift unter einen Vertrag unerwartete Investitionen und/oder Verzögerungen auftreten, so ist das unternehmerisches Risiko und nicht das Problem des Wiederkäufers Gemeinde Vorchdorf.

    Fakt und die ganze Wahrheit ist, dass der Käufer des 1-Euro-Grundstücks den Vertrag nicht erfüllt hat. Zwei Jahre nach Baugenehmigung steht kein Rohbau. Somit ist das Wiederkaufsrecht für die Marktgemeinde Vorchdorf entstanden.

    Fakt und die ganze Wahrheit ist, dass im Vertrag vereinbart wurde, wie der Wiederkaufspreis festgelegt wird: Nämlich durch einen unabhängigen gerichtlich beeidigten Sachverständigen, der die Abbruchkosten schätzt. Dieser Abbruch wurde 2018 um rund 108.000 Euro angeboten. So liegt also die Vermutung nahe, dass sich dann die Kosten für den Abbruch auch in dieser Größenordnung bewegt haben. Ergo liegt die weitere Vermutung nahe, dass sich der Wiederkaufspreis in dieser Größenordnung bewegen wird.

    Die Gemeinde trägt auf jedenfall KEINE Projektentwicklungskosten. Diese sind das Problem des Projektentwicklers. Und da wären wir wieder beim unternehmerischen Risiko.

    Der Gemeinderat kann also am kommenden Dienstag ganz entspannt für einen Wiederkauf stimmen.

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  3. Norbert Hartl

    Wie immer, kommt von Hr. Albert Sprung nur die halbe Wahrheit. Tatsache ist, dass die Abbruchkosten und nachgereiht die Sanierungskosten der Nachbargebäude sowie die Kosten für die Projektentwicklung aufgelaufen sind.
    Tatsache ist aber auch, dass die Zeit-Verzögerung für das Projekt nicht bei uns als Projektentwickler, sondern vielmehr durch die Hürden und zusätzlichen Begleitumstände verursacht waren.
    So war zum Beispiel der notwendige Bebaunungsplan des Landes OÖ um circa eineinhalb Jahre verzögert, bevor dieser rechtskräftig wurde.
    Ebenso das Gerichtsverfahren mit dem anliegenden Nachbarn über angeblich bestehende Parkplatznutzungsrechte, musste von uns durchgesetzt werden, bisher wird diese Zeitverzögerung und der finanzielle Aufwand verschwiegen.
    Dieses Verfahren hätte die Gemeinde führen müssen. Das bedeutete wieder circa eineinhalb Jahren Projektverzug.
    Auch nicht dargestellt wird, dass wir als Projektentwickler sehr wohl der Gemeinde angeboten haben, den Vertrag einzuhalten und das Grundstück zurückzugeben.
    Wo der Vorteil einer Rückabwicklung für die Gemeinde liegen sollte, erschließt sich bei den aufgelaufenen Kosten kaum.
    Nach Abzug aller Kosten würde die Gemeinde bei einem neuerlichen Verkauf wohl dieselbe Summe erlösen können, als sie jetzt bezahlen müsste.
    Ob ein neuerliches Wohnprojekt oder das fix-fertig am Tisch liegende Projekt nicht die sinnvolle Lösung wäre, kann jeder selbst beurteilen.
    Fest steht, dass der Hr. Albert Sprung bei diesem Projekt für sich und seine Partei politisches Kleingeld machen will und mit einer völlig verdrehten Darstellung der Bevölkerung vorgaukelt, dass die Gemeinde hier unwirtschaftlich, ja fast fahrlässig gehandelt hat.
    Das Gegenteil ist der Fall.
    Die Gemeinde hat sehr wohl überlegt und vernünftig ein Projekt, das hochkomplex und schwierig umzusetzen ist, in professionelle Hände gelegt.
    Wiewohl wir auf die Entscheidung des Gemeinderats warten, ist es immer wieder interessant, wie mit Halbwahrheit und Falschinformation den Gemeindebürgern ein völlig verkehrtes Bild vorgesetzt wird, das den wahren Tatsachen widerspricht.
    Norbert Hartl, Eigentümer Bauunternehmen Schmid; Landesinnungsmeister Bau OÖ.

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