13. April 2021
Demokratie lebt nur von der Beteiligung der Bürger*innen. Die muss sich in der Gemeinde nicht auf die Stimmabgabe an der Wahlurne alle 5 Jahre beschränken. Sondern könnte gerade auf kommunaler Ebene mit einfachen Mitteln forciert werden. Das macht zwar ein bisschen Mühe, doch die würde sich lohnen. Hier sind 8 Ideen, wie man das angehen könnte.
- Bürger*innenbefragungen mit umfassender Vorinformation zu besonders wichtigen Themen und Projekten, die weitreichende Folgen für eine größere Zahl an Bürger*innen haben und hohe Investitionen erfordern. Das Ergebnis muss für den Gemeinderat nicht bindend sein, würde aber ein echtes Bild der öffentlichen Meinung ergeben. Damit wäre sichergestellt, dass große Projekte von der Mehrheit mitgetragen werden.
- Aktiv zu den Gemeinderatssitzungen einladen. Die Kommune Schwaz in Tirol wirbt dafür beispielsweise mit Transparenten. Und Interessierte nicht durch eine falsche Adressangabe (fälschlicherweise Pfarrsaal statt richtigerweise Fabriksaal in der Kitzmantelfabrik) in die Irre führen.
- Was die katholische Pfarrgemeinde zu Weihnachten und Ostern kann, kann die Marktgemeinde Vorchdorf auch: Die Sitzungen des Gemeinderates per Livestream auch im Internet öffentlich zugänglich machen. Das OTELO Vorchdorf hat die notwendige Ausstattung und das entsprechende Wissen dazu.
- Die spannenden, weil strittigen Tagesordnungspunkte in der ersten Hälfte der Sitzung unterbringen, wenn noch alle aufnahmefähig sind. Und nicht in der Hoffnung ganz nach hinten reihen, dass dann alle Beteiligten mit fortgeschrittener Sitzdauer und Uhrzeit schon zu müde sind, um noch lange zu diskutieren oder sich einzubringen.
- Zeitgemäße Präsentationstechnik (Powerpoint und Beamer) einsetzen, um die wesentlichen Informationen – Tagesordnung, Budget- und andere Zahlen, Schlüsselinformationen, Pläne, Renderings und Fotos – ansprechend und leicht erfassbar auch visuell aufzubereiten.
- Für juristisch und verwaltungstechnisch nicht vorgebildete und immer optimal vorbereitete Besucher*innen der Gemeinderatssitzungen ist es bei vielen Themen (wie Umwidmungen) schwierig bis unmöglich nachzuvollziehen, worum es inhaltlich geht. Im Sinne der Information und Bürger*innenbeteiligung wäre ein kleines „Programmheft“ mit kurzen Erläuterungen der wichtigsten Tagesordnungspunkte eine hilfreiche Handreichung.
- Aktiv auf der Website der Marktgemeinde und in den sozialen Medien dazu einladen, die Bürger*innen-Fragestunde zu nutzen. Damit sich alle aus erster Hand informieren können.
- Die Protokolle der Gemeinderatssitzung direkt in ein digitales Dokument umwandeln, aus dem man dann auch per Copy & Paste zitieren kann – statt einen Ausdruck des Word-Dokuments so einzuscannen, dass man daraus abschreiben muss.
(Name ist der Redaktion bekannt)
Super Punkte! So einiges ließe sich durchaus rasch umsetzen.
Eine aktive Einladung zu Gemeinderatssitzungen wäre im Sinne von bürgernahen Entscheidungen absolut begrüßenswert. Allerdings wurde mir von einem Betroffenen zugetragen, dass ein “namenloser” vom Gemeindeamt bei ihm angerufen hat, um ihn von einer wasserrechtlichen Bewilligung auszuladen obwohl er durch die dafür eigentlich zuständige Behörde dezidiert per Brief geladen wurde.
Weiters scheint es, dass der Amtsleiter lieber im kleinen Kreis arbeitet. Zumindest haben mir zwei betroffene (Namen sind mir bekannt) geschildert, dass er ihnen nahe gelegt hätte, sie brauchen nicht zu erscheinen. Mag schon stimmen, dass sich durch die Anwesenheit von Bürgern nichts ändert, im Sinne von checks and balances wäre dies aber sicherlich nicht zum Nachteil des demokratischen Prozesses. Zumal die Sitzungen meistens kein wirklicher “Kassenschlager” sind, rein bezogen auf die Quantität der Besucher.
Schade auch, dass in Vorchdorf unter betreiben des Grünen Fraktionschefs Reinhard Ammer die Bürgerfragestunde nicht ausgebaut, sondern im Gegenteil in einigen Punkten beschnitten wurde. Nachzulesen in der Verhandlungsschrift vom 30.06.2020 unter Tagesordnungspunkt 21.
Zwei Dinge die sich konkret zum schlechteren hin gewandelt haben: Erstens wurde die Frist für das Vorlegen von Fragen auf fast 5 Werktage verdoppelt und das obwohl die Tagesordnungspunkte inklusive Anberaumung der Bürgerfragestunde oft nicht einmal 7 Tage vor der GR-Sitzung kundgemacht wird. Durch diesen noch kürzeren Zeitraum werden die Fragen gegen Null gehen. Falls nicht, dürfen ohnehin nur noch maximal zwei Fragen pro ordentlichen Wohnsitz in der Gemeinde zukünftig gestellt werden. Lediglich eine Änderung lese ich als begrüßenswert für die Fragenden heraus und zwar, dass in Zukunft “maximal eine ergänzende Zusatzfrage gestellt werden” darf, im Zuge der Beantwortung versteht sich.
Bleibt die Frage, warum findet heuer überhaupt keine statt? Ich weiß, Corona und so. Nach über einem Jahr Pandemie gibt es aber bestimmt Konzepte, die eine geregelte Abhaltung ermöglichen. Wie wärs mit untertags und im freien mit Abstand? Einer Gemeinderatssitzung beiwohnen und zuhören mit Maske ist möglich. Warum sollte das Abhalten einer Bürgerfragestunde es nicht sein? In einer lebendigen Demokratie, noch dazu in einem Wahljahr, sollte das schon drin sein. Angeblich soll ja der der derzeitige Bürgermeister dem Gemeindevorstand erklärt haben, diese soll erst nach der Wahl stattfinden.
Was den Wunsch nach digitalen Protokollen anbelangt. Die ein oder andere Verhandlungsschrift findet sich tatsächlich bereits digital, zum Beispiel die oben erwähnte. Es scheitert also nicht an der Durchführbarkeit, man muss nur wollen.
Liebes INVO.report-Team!
Leider ist euch hier ein kleiner Fehler unterlaufen – die Gemeinderatswahlen in OÖ finden alle 6 Jahre statt (siehe auch https://www.sora.at/suche-download/wahlkalender.html).
In allen übrigen Punkten stimme ich euch restlos zu, vor allem Livestreams sollten im Jahre 2021 doch wirklich schon mehr Standard als eine Seltenheit sein.
Alles Liebe,
Elisabeth