17. April 2021
Von den wahlwerbenden Ortsparteigruppen in Vorchdorf weiß man im Großen und Ganzen, wofür sie stehen und was sie wollen. Mit Ausnahme der NEOS, die in Gestalt von Elisabeth Steinbach und Peter Schobesberger im Herbst bei der Gemeinderatswahl erstmals antreten. INVO.report hat mit ihnen per Videokonferenz über ihre Absichten und Motivation gesprochen.
INVO.report: Viele im Ort kennen Sie noch nicht – würden Sie sich bitte beide kurz vorstellen?
Elisabeth Steinbach: Da fange ich gerne an. Ich bin 26 Jahre alt, gebürtige Kirchhamerin und seit März 2020 in Vorchdorf. Mein Berufsweg hat mich zuerst in die Hotellerie, Gastronomie und Touristik geführt, dann in die Logistik und jetzt in die IT. Im Juni schließe ich mein Masterstudium Digitales Transport- und Logistikmanagement an der FH Steyr ab.
Peter Schobesberger: Ich bin 44 Jahre alt und seit 2013 in Vorchdorf, wobei mein Vater und mein Großvater gebürtige Vorchdorfer sind. Inklusive Lehre habe ich 14 Jahre bei der MIBA gearbeitet, berufsbegleitend Automatisierungstechnik studiert und anschließend in der Recycling-Branche sowie in England bei MAN gearbeitet. Seit 12 Jahren bin ich bei der Firma Nemak, einem Gießereiunternehmen für den Automobilsektor und dort seit zwei Jahren als Abteilungsleiter für globales Projektmanagement zuständig.
Die bestehenden Ortsparteigruppen haben Sie offensichtlich nicht überzeugen können. Worin unterscheiden Sie sich von denen?
Steinbach: Der Hauptgrund warum ich mich politisch engagiere ist, weil ich das Gefühl habe, dass meine Interessen und Werte durch die bestehenden Parteien nicht gut genug vertreten werden. Zu unseren Bürgerrechten gehört nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht, das ich nun gerne ausüben möchte. Wir sehen ganz klar, dass es in Vorchdorf mehr Transparenz braucht. Hier scheitert es vielfach an der Kommunikation. Wie zum Beispiel beim Radstern: Geplant war ein sicherer Radweg. Geworden ist es eine Autostraße, entlang der dann gleich Flächenumwidmungen geplant werden. Dazu wird der Bevölkerung aber keine Erklärung geliefert.
Schobesberger: Ich nehme eine schlechte Stimmung im Ort wahr. Es gibt viele Gerüchte. Sei es zum Hotelprojekt, sei es zu verschiedenen Umwidmungen. Gerüchte gibt es, wenn keine klare Kommunikation stattfindet.
Wie stellen Sie sich so eine Kommunikation vor?
Schobesberger: In jeder Firma gibt es eine ganz klare Kommunikation zu Projekten, die gerade laufen. Es kann ja nicht so schwer sein, dass ich auf der Website der Gemeinde Vorchdorf einen eigenen Reiter mit anstehenden Projekten habe. Dort sollte ich dann Projektbeschreibungen und eine Aufstellung der Vor- und Nachteile sowie der Kosten finden. Dann kann sich jeder eine Meinung bilden und ist nicht mehr auf Informationen von Dritten angewiesen. Wenn man die Menschen informiert, fühlen sie sich auch ernst genommen und beteiligt.
Steinbach: Wir wollen Bürgern die Möglichkeit geben, Antworten auf die Fragen zu bekommen, die bisher nur im Hinterzimmer besprochen worden sind.
Woraus setzt sich Ihr Bild von der Stimmung in Vorchdorf zusammen?
Schobesberger: Ich habe sieben Onkel und Tanten plus dementsprechend viele Cousins und Cousinen in Vorchdorf. Durch die Arbeit bei der MIBA und das Fitnessstudio, in dem ich gerne trainiere, kenne und treffe ich auch sehr viele Leute. Da kriegt man ein ganz gutes Sample der Meinungen der Bürger.
„Als kleine Partei müssen wir ein paar Meter mehr laufen.“
Wie sehen Sie Ihr Verhältnis zu den anderen Parteien?
Schobesberger: Die Farbe ist uns egal …
Steinbach: … wichtig ist uns eine offene und ehrliche Kommunikation. Streit ist nicht unsere Kultur.
Schobesberger: Bei Vielen freue ich mich auf eine Zusammenarbeit im Gemeinderat. Da sind vife Menschen dabei. Mit den Grünen verbindet uns inhaltlich so Manches, auch wenn wir NEOS auf die Verbindung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit fokussieren.
Kommunalpolitisches Engagement braucht viel Zeit und viel Geduld, ohne dass man davon ein besonderes Sozialprestige hat. Warum tun Sie sich das trotzdem an?
Schobesberger: Wegen meiner Kinder. Die besuchen die Schule an der Alm, weil die Mittelschule Vorchdorf leider nicht den besten Ruf hat. Bildung ist mir sehr wichtig, und weil ich grundsätzlich gegen Jammern und für Anpacken bin, engagiere ich mich jetzt. Auch wenn wir als kleine Partei ein paar Meter mehr laufen müssen als die anderen. Mein anderes Herzensthema ist eine Marke Vorchdorf-Almtal, die nachhaltig wirtschaftende Betriebe und Konsumenten zusammenbringt. Und ich will, dass sich meine Tochter später einmal nie Gedanken über Gleichberechtigung machen muss, weil sie dann schon überall gelebt wird.
Steinbach: Als NEOS stehen wir nicht nur für Transparenz, Nachhaltigkeit und Bildung, sondern auch für Europa. Auch auf kommunaler Ebene: Schauen Sie sich einmal an, wieviele Vorchdorfer Projekte von der Europäischen Union gefördert worden sind.
Zum Beispiel der angesprochene Radstern.
Steinbach (lacht): Genau.
„Es sind zu wenig Frauen und Junge in der Politik.“
Bei den Nationalratswahlen 2019 haben die NEOS knapp 7 % in Vorchdorf erreicht. Das waren nicht ganz 260 Stimmen. Verglichen mit den anderen Parteien ist das nicht viel. Sie haben noch keine Verbündeten in der Politik und keine große personelle Basis. Wie wollen Sie diesen Startnachteil aufholen?
Steinbach: Engagement macht das wett. Wir werden auch den Wahlkampf mit einem kleinen Budget bestreiten und uns dafür persönlich umso mehr einbringen.
Schobesberger: Die NEOS sind dafür bekannt, aus wenig viel zu machen. Wir können auf Unterstützung von den größeren Ortsgruppen aus Gmunden und Bad Ischl zählen. Ich hoffe auch, dass wir noch Leute finden. Vor allem Frauen! Es sind zu wenig Frauen in der Politik, und es sind zu wenig Junge in der Politik. Die möchten wir gewinnen.
Werden Sie so keck sein, einen Bürgermeisterkandidaten zu stellen? Und wenn nicht, werden Sie einen anderen Kandidaten unterstützen?
Steinbach: Weder Peter Schobesberger noch ich können uns das vorstellen. Dazu arbeiten wir beide zu gerne in unseren derzeitigen Jobs. Ob wir jemand anderen unterstützen, kommt ganz auf die Person an.
Gehen wir davon aus, dass Sie es in den Gemeinderat schaffen: Dort haben Sie einen weiteren Startnachteil, weil Sie mit dem Prozedere nicht vertraut sind. Lässt sich das auch mit reinem Engagement kompensieren?
Schobesberger: Vielleicht besteht unser Vorteil gerade darin, dass wir das System noch nicht kennen. So sehen wir aus der Distanz womöglich klarer, was man daran sinnvollerweise verbessern kann und soll.
Steinbach: Wir werden über den Sommer und im Herbst NEOS-intern auf die Arbeit im Gemeinderat vorbereitet. Es gibt mehrere oberösterreichische Gemeinden, in denen die NEOS im Gemeinderat schon vertreten sind – oft auch nur als Einzelkämpfer, die sich bereits intensiv in bestimmte Themen eingearbeitet haben. Von der Vernetzung mit ihnen können wir profitieren.
Schobesberger: Vor zwei Wochen haben wir die erste NEOS-Schulung in Sachen Gemeindefinanzen absolviert. Apropos: Bei der letzten Gemeinderatssitzung habe ich miterlebt, wie in Vorchdorf Budgetzahlen präsentiert werden: Das wird in einer Leier vom Blatt abgelesen, statt dass man einen Beamer nutzt oder ein Handout austeilt.
Ihr Worst-Case-Szenario ist , dass Sie den Einzug in den Gemeinderat nicht schaffen. Was dann?
Steinbach: Wir sind grundsätzlich optimistisch. Unser Ziel ist es, mit zwei Gemeinderäten in den Gemeinderat einzuziehen. Sollte es nur einer sein, ist es so. Wenn es gar keiner ist, werden wir uns auch nicht auf die faule Haut legen, sondern uns in anderer Art und Weise ins politische Geschehen einbringen.
Das hier in gekürzter und bearbeiteter Form zusammengefasste Gespräch haben Florian Sedmak und Michael Praschma geführt. Andrea Hahn hat die rund 45minütige Konversation transkribiert. Elisabeth Steinbach und Peter Schobesberger haben die vorliegende Fassung autorisiert.
„Sehr geehrter Herr Schobesberger!
Das Kollegium der MS/PTS liest invo report regelmäßig und aufmerksam.
Die beteiligten Personen sind uns natürlich bekannt.
Als Direktorin der MS/PTS Vorchdorf würde ich mich freuen, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, mit mir ein Gespräch über schulische Angelegenheiten zu führen.
Natürlich unter den Covid-Auflagen.
In Erwartung Ihrer baldigen Antwort verbleibe ich mit Grüßen!
Helga Berndorfer
OSR Dipl.Päd. Dir an MS BEd“
Leider habe ich bis jetzt keine Antwort auf dieses obenstehende Mail bekommen. Ein Austausch unserer Gedanken und Ansichten wäre sinnvoll und wünschenswert.
Ich sehe es schon angemessen, zur eigenen Meinung zu stehen oder zu erklären. Man kann ja von einander lernen.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Hallo Frau Berndorfer
.
Herzlichen Danke für ihren Kommentar. Leider habe ich keine Mail von ihnen erhalten und kann daher erst jetzt auf ihren Kommentar reagieren.
Ich würde mich über ein gemeinsames Gespräch zum Gedankenaustausch freuen, da mir das Thema Bildung sehr wichtig ist. – Danke für das Angebot
.
Ich werde sie über die Mail Adresse der NMS Vorchdorf kontaktieren und ihnen meine Kontaktdaten senden.
Ich freue mich schon auf unser Gespräch.
Liebe Grüße
Peter Schobesberger
Das ist genau das, was wir mit dem INVO.report – unter anderem – erreichen wollen: Eine Auseinandersetzung über relevante Themen, auch und gerade zwischen Menschen mit kontroversen Ansichten! Es würde uns freuen, wenn bei eurem Gespräch etwas herauskäme, das wir dann auch veröffentlichen können, weil es allen eine Orientierung ermöglicht, sie sich für schulische Bildung interessieren.
Danke nochmals für das Interview, bei weiteren Fragen oder Interesse mitzuarbeiten stehen wir gerne jederzeit zur Verfügung, erreichbar via Facebook oder Homepage: oberoesterreich.neos.eu/gemeinden/vorchdorf