12. Oktober 2021
Kommentar von Michael Praschma
Hauen und Stechen, Beißen und Gifteln – will irgendwer ernsthaft, dass so Politik gemacht wird? In ein paar Tagen werden der neue Gemeinderat und der Bürgermeister für Vorchdorf angelobt. Sechs Jahre lang sollen sie die Geschicke des Ortes maßgeblich bestimmen. Und aus mehreren Gründen ist schon heute klar: Ein „Weiter so“ würde die Gemeinde vor die Wand fahren. Das gilt natürlich nicht nur in der „Gemeindestube“.
Schockiert vom Umgang miteinander hat unser Gastautor kürzlich an dieser Stelle die letzte Sitzung des alten Gemeinderats geschildert. Wohlgemerkt: Er war nicht allein damit. Auch Gemeinderäte haben Mäßigung angemahnt. Und das nicht zum ersten Mal. Der Wahlkampf: von wechselseitigen heftigen Vorwürfen geprägt. Hickhack auf diversen Facebook-Profilen unter der Gürtellinie. Für Außenstehende ist dies alles schon längst nicht mehr durchschaubar.
Es ist guter Brauch, sich zuerst selbst bei der Nase zu packen: Der INVO.report hat sich in kürzester Zeit und komplett entgegen seiner erklärten Absicht als Teil des Problems etabliert, statt zu einer Lösung beizutragen. Die an sich goldrichtige Idee eines streitlustigen und zugleich konstruktiven lokalen Mediums befeuerte eine bereits zum Bersten angespannte und teils vergiftete Situation. Unsere wiederholten Aufrufe in die politische Arena, unseren Berichten durch Beispiele gelungener Politik einen „positiveren“ Touch zu geben, verhallten weitestgehend. Wir tanzten also munter auf vermintem Gelände herum und wunderten uns, welche Brocken uns um die Ohren flogen. Ob das vielleicht auch etwas Gutes an sich hatte, lässt sich noch nicht sagen.
Wir sind nämlich eigentlich ganz anders, aber wir kommen nur so selten dazu
… möchten wir mit Ödön von Horváth sagen. Wir kämen allerdings sehr, sehr gerne dorthin. Was soll das heißen? – Das heißt, wir glauben daran, dass Politik in Vorchdorf etwas Schönes sein kann. Wir glauben, dass die Leute das auch wollen. Und das ist mehr als Sozialromantik. Es ist sogar unbedingt notwendig: Es geht nämlich nicht nur darum, sich in Vorchdorf irgendwie wohlzufühlen – ja, auch als Gemeinderat! Notwendig ist es noch viel mehr deshalb, weil wir – die gesamte Öffentlichkeit – sonst die Zukunft versauen. Eine zerstrittene Gemeinde wird an den massiven Herausforderungen schlicht und ergreifend scheitern. Also, retten wir die politische Schönheit!
Denn wo sonst lässt sich das Lebensumfeld so direkt gestalten, wenn nicht in einer Gemeinde? Wo sonst ist das in derart befriedigendem persönlichem Kontakt möglich? Hautnah erlebbar? Aber das muss nicht nur zugelassen, sonder aktiv und gezielt gefördert werden. Alter Spruch: „Durch‘s Reden kommen d’Leut z’samm.“
Politisch schön wäre: Sich wechselseitig zunächst einmal redliche Absichten zugestehen. Eigene Fehler eingestehen und korrigieren; die Fehler anderer sachlich benennen, aber nicht ausnutzen. Es darauf ankommen lassen, was jemand sagt – nicht wer es sagt. Auch Gegner loben, wenn sie etwas richtig machen. Einander helfen …
Eigentlich weiß man doch, wie es funktioniert, dass man sich zumindest in die Augen schauen kann, ohne dass die Galle übergeht. Vorchdorf ist zu klein, um das vernachlässigen zu können. Und immer noch klein genug, dass es gelingen kann. Also, retten wir die politische Schönheit. Damit die nächsten sechs Jahre Freude machen.