Fast wie Kriegsberichterstattung

8. April 2022
Kommentar von Michael Praschma

Es war einmal, vor langer Zeit, da konnten Journalist*innen wie ich mit Genuss über die Gemeindepolitik berichten. Zwar waren die meisten Beschlüsse im Gemeinderat einstimmig, weil Bürgermeister Schwaha es schaffte, schon im Vorfeld alle Verantwortlichen irgendwie ins Boot zu holen. Langweilig wurde es trotzdem nicht, allein schon wegen der oft launigen Geplänkel zwischen Schwaha, seinem roten Vize Klaus Aschauer und nicht zu vergessen, Querkopf Josef Gaisberger. Nachher saßen eh alle vereint unten im Schloss.

Spannend und kontrovers schreiben konnte man dennoch genug, weil es auch damals Themen gab, die man so oder auch anders sehen konnte. Aber ganz wichtig: Es lag buchstäblich alles auf dem Tisch. Der Ortsberichterstatter der Salzkammergut Zeitung seligen Angedenkens (gemeint ist das Blatt; mir geht’s gut, danke!) bekam zu jeder Gemeinderatssitzung sämtliche schriftlichen Unterlagen auf den Tisch – genau, auch einen eigenen Tisch – und für Dinge, die er auch dann noch nicht überrissen hatte, in kürzester Frist eine Privataudienz bei Schwaha zum besseren Verständnis.

Ach ja, die guten alten Zeiten …

Das ganze lief unter dem Begriff „Vorchdorfer Klima“, und man hätte sich das, was jetzt vorherrscht, wohl ebenso wenig vorstellen können wie nach Ende des Kalten Krieges den Überfall auf die Ukraine. Ohne das zu idealisieren: Lokaljournalismus in Vorchdorf war schon mal erquicklicher.

Im Gegensatz zu jener Ära ist es heute nicht selten mühselig, selbst die schlichtesten Sachinformationen durch einen kurzen Anruf im Gemeindeamt zu erhalten – wenn überhaupt; siehe den Bericht von heute. Das gilt vor allem bei den zwischen Liste Vorchdorf und anderen Parteien strittigen Themen. Man braucht schon einen guten persönlichen Draht, z. B. zu einzelnen Mandataren, um in solchen Dingen etwas zu erfahren.

Die Liste Vorchdorf  sticht dabei heraus: Mehrere Gemeinderäte der Liste liefern immer wieder aus eigener Initiative teils ausführliche Informationen. Nur müsste man die bei kontroversen Sachverhalten natürlich journalistisch gegenchecken – womit wir wieder am Ausgangspunkt wären.

Man versteht es ja (auch akustisch) schwer

Hinzu kommt: Wer sich pflichtschuldigst die Gemeinderatssitzung (zuletzt rund vier Stunden) antut, ermüdet nicht nur wegen der immer wieder aufflammenden Streitereien. Auch das akustische Verständnis ist eine Zumutung, besonders seitdem selbst vor dem Mikrophon die Maske nicht abgenommen wird. Dabei verfügt die Kitzmantelfabrik über eine hochprofessionelle Tonanlage, die sehr wohl in der Lage ist, Wortmeldungen bis in die letzte Saalecke zu bringen. (Der Autor weiß das aus eigener Veranstaltungstätigkeit.)

Ein Trauerspiel ist dies alles nicht nur, weil Leute, die eigentlich engagiert und ehrenamtlich angetreten sind, für Vorchdorf zu arbeiten, ihre Energie sinnlos verschleißen, während die Gemeinde doch alle Kräfte bräuchte, um die Gegenwart und die Zukunft zu meistern. Es ist auch dumm, weil ebenfalls ehrenamtlich Aktive beim INVO.report als Medium so nur unter widrigsten Bedingungen ihrer Aufgabe nachkommen können. Wir wollen ja eine konstruktive Kraft im Ortsgeschehen sein, ein Hebel gelungener Kommunikation, eine Plattform ergebnisorientierter Auseinandersetzung. Aber es ist bei Gott nicht leicht.

 

Ein Gedanke zu „Fast wie Kriegsberichterstattung

  1. Albert Sprung

    Desinformation mit System?
    Seit Kurzem ist es der Liste Vorchdorf mit viel Beharrlichkeit gelungen, dass hinsichtlich der Unterlagen für die Gemeindevorstands- und Ausschusssitzungen in Vorchdorf Gesetzeskonformität herrscht und Unterlagen „spätestens fünf Tage vor der entsprechenden Sitzung übergeben“ werden (§18a, Absatz 5 der OÖ Gemeindeordnung).
    Für uns ist es ja unerklärlich, wie man sich als Mandatar*in in der Vergangenheit auf Gemeindevorstands- und Ausschusssitzungen vorbereiten konnte, ohne die entsprechenden Unterlagen im Vorfeld zu besitzen, um sich entsprechend einzulesen. Allein aus der Tagesordnung heraus, einer Aufzählung von Punkten, war das wohl schwer möglich.
    Nichtsdestotrotz regt sich politisch gesteuerter systemischer Widerstand, gerade wenn es um Unterlagen von vergangenen Gemeinderats- und Ausschusssitzungen geht. Besonders hartnäckig wehrt sich der Interims-Amtsleiter Ing. Gerald Spalt als Verantwortlicher für eine korrekte Versorgung der politischen Funktionäre mit Informationen, wenn es um die Unterlagen rund um die Beschlüsse für die Errichtung der Wickstraße geht.
    Seit Monaten versuchen wir, die Amtsvorträge GR 2015/36 Top 9, GR 2015/37 Top 21, GR 2015/03 Top 19.3 + Raumordnungsbeschluss vom 05.06.2014, GR 2016/06 Top 30.2 zu erhalten. Ohne Erfolg.
    Dabei geht es bei diesen Beschlüssen darum, ob sich ein im Bau- und Straßenausschuss beschlossener Schranken zum Schutz der Anrainer im Amtsvortrag zur Gemeinderatssitzung wiederfindet. Im Protokoll tut er es nur mehr mit einer Wortmeldung. Dieser vehemente Widerstand auf Herausgabe der geforderten Unterlagen lässt dann schon mal mutmaßen, ob vielleicht dieser besagte Schranken den Weg vom Amtsvortrag in das Protokoll nicht gefunden hat. Alles Spekulationen natürlich und Gedankenspiele. Und es wäre so leicht, diesen Spekulationen den Wind aus den Segeln zu nehmen, oder womöglich wäre es das eben nicht. Man weiß es schlichtweg nicht.
    Und die Leidtragenden bei diesem von politischer Hand geführten Spielchen sind natürlich die Mitarbeiter im Gemeindeamt, die womöglich Anweisungen erhalten, wo sie wissen, dass diese nicht korrekt sind, sie aber massiv in der Zwickmühle sind. Anweisungen ausführen oder sich mit dem Vorgesetzten anlegen? Wie eine solche Entscheidung ausgeht, das ist ganz klar, und absolut verständlich.
    Ich würde mir jedenfalls eine offene Information mit System wünschen.

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