8. April 2022
Weil er mit abgestellten Fahrzeugen am 21. März Straßenbauarbeiten in Feldham verhindert hat, beschloss das Ortsparlament eine Besitzstörungsklage gegen Wolfgang Ettinger (Liste Vorchdorf). Ob dafür überhaupt eine Rechtsgrundlage vorliegt, erscheint jetzt fraglich.
Das schwere Geschütz einer Besitzstörungsklage wegen „widerrechtlicher Nutzung öffentlichen Guts“, beantragt von Bürgermeister Johann Mitterlehner und von allen Fraktionen außer der Liste Vorchdorf unterstützt, ist eins von vielen Symptomen der nachhaltig vergifteten Atmosphäre in der Ortspolitik.
Ein nur teilweise befestigtes Teilstück der Kramerstraße in Feldham (hier im Hintergrund) soll asphaltiert werden. Ettinger ist Anrainer der Straße, außerdem Gemeindevorstand und Obmann des Straßenausschusses der Gemeinde. In der letzten Gemeinderatssitzung – bevor ihm wegen Befangenheit das Wort entzogen wurde – wies er darauf hin, dass mit den Straßenbauarbeiten begonnen werden sollte, obwohl er den Bürgermeister am Vortag darüber informiert hätte, dass für diese Maßnahme die Bewillligung fehlt.
Informationen bekommen – ein hartes Brot in Vorchdorf
Wie ist das rechtlich nun tatsächlich? Vizebürgermeister Alex Schuster erwähnte zur Legitimation des Baubeginns einen einstimmigen Fertigstellungsbeschluss des Gemeindevorstands vom Juni 2019. Die Gemeinde gibt hierüber keine Auskünfte: Ausschusssitzungen sind nicht öffentlich. Das bedeutet zwar nicht, dass die Beschlüsse als solche geheim wären – Schuster erwähnt sie ja – aber hier bleibt man darauf angewiesen, seinem Wort zu glauben. Wogegen erst einmal nichts spricht.
Aber: Das ist belanglos, denn der Ausschuss kann keine Bewilligung aussprechen, und selbst das Votum des Ausschusses bedarf eines Beschlusses im Gemeinderat. Ob es den gibt, erfährt man ebenfalls nicht. Mehrere Stellen im Gemeindeamt verweisen immer nur weiter. Das sei eine politische Sache, man wolle sich nicht die Finger verbrennen. Alex Schuster selbst kann nicht sagen, wann die Sache im Gemeinderat war. Man müsste also ganze Jahre an Gemeinderatsprotokollen durchforsten. Es gibt keine Suchfunktion oder ein Sachregister dazu.
Schwarzbau oder nur gängige Praxis?
Noch ein „Aber“: Die Errichtung einer Straße erfordert nach dem Oö. Straßengesetz eine behördliche Bewilligung mit einem Verfahren, an dem z. B. Anrainer zu beteiligen sind. Das heißt: Das kann auch der Gemeinderat nicht einfach beschließen. Wolfgang Ettinger hat behauptet, dieses Verfahren habe nie stattgefunden. Die Maßnahme trotzdem zu beginnen, sei Amtsmissbrauch. Dazu gab es bei der Gemeinderatssitzung am 29. März 2022 keine Stellungnahme.
Auch zu dieser Frage hat der INVO.report vom Gemeindeamt keine Information bekommen – trotz des Hinweises, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Bewilligung ja keine politische Streitfrage ist. Zu Letzterem brauchen sich Gemeindebedienstete klarerweise nicht zu äußern.
Inzwischen wurde aber bekannt, dass das Bewilligungsverfahren für den Ringschluss Kramerstraße nun eingeleitet werden soll. Das hieße: Ettinger hatte Recht und es gab keine Bewilligung. Dann stellt sich allerdings die Frage, ob die Behinderung von unbewilligten Straßenarbeiten überhaupt klagbar ist. Die Besitzstörungsklage hat der Liste-Vorchdorf-Mandatar jedenfalls noch nicht erhalten.
Und warum überhaupt das Ganze?
Wer sich an Ort und Stelle oder auf Google Maps in der Satellitenansicht die Kramerstraße im Bereich des südöstlichen Sichtschutzhügels anschaut, erkennt auf Anhieb keine Notwendigkeit, dieses Teilstück unbedingt zu asphaltieren. Die beiden Zufahrten von der Feldhamer Straße erschließen alle Anlieger bereits. Es würde sich somit um eine weitere Bodenversiegelung handeln, ohne dass dafür ein zwingender Grund besteht.
Redaktioneller Hinweis: Wer über Informationen verfügt, die die geschilderten Sachverhalte in anderem Licht erscheinen lassen, ist ausdrücklich eingeladen, sich damit bei uns zu melden.
Siehe auch den Kommentar „Fast wie Kriegsberichterstattung“