Campus bedeutet „Feld“. Und manche Felder zu beackern, scheint in Vorchdorf besonders hart zu sein. Zum Beispiel der Bildungscampus, mit dem wir uns ab heute in einer Miniserie beschäftigen. Teil 2 folgt am Sonntag, Teil 3 kommenden Mittwoch.
28. April 2022
Meinung am Donnerstag
Wenn zwei Menschen aus der Vorchdorfer Landwirtschaft – und ja, auch aus der Ortspolitik – „symbolisch“ das Konzept für den Vorchdorfer Bildungscampus an die für Landwirtschaft, Gemeinden, Ernährung und Feuerwehren zuständige Landesrätin überbringen, wie sich auf Seite 6 einer Dorfparteizeitung kürzlich lesen ließ (unklar blieb dabei, ob die eigentlich für Bildung zuständige Landesrätin noch dazugestoßen ist), dann dürfte es konkrete Ergebnisse mal wieder keine geben, was aber bei diesem Thema ohnehin fast schon Tradition hat. – Böse Worte am Donnerstag? Wohl wahr, aber ich glaube, ich kann meinen Unmut erklären.
Dauerlauf, neuer Anlauf oder doch Verschleppen?
Meines Wissens hat sich um 2013/2014 ein sehr engagierter und vor allem kompetenter Personenkreis des Projekts Bildungscampus angenommen. Es wurden beispielgebende Schulprojekte besucht und konkrete Konzepte für Vorchdorf erarbeitet. Hätte man damals losgelegt, wäre die Kostenschätzung bei maximal 4 Mio. Euro gelegen. Schulbauexperten und die damalige Bildungslandesrätin befürworteten das Projekt stark. Nur zum Verständnis: Genannte Landesrätin und der damalige Bürgermeister haben ein Parteibuch der gleichen Farbe, was im Normalfall für eine rasche Umsetzung ja fast Voraussetzung ist.
Alles gut also, sollte man meinen, aber unabhängige Quellen erzählen von – diplomatisch gesagt – verhaltensoriginellen Besuchen des Dorfobersten, sodass sich die Begeisterung (und damit wohl auch die Unterstützung) der Linzer rasch abkühlte. Kurz gesagt: Das eingangs erwähnte aktuelle Konzept geht jetzt von Kosten von rund 24 Mio. Euro aus! Eh klar, die hochmodernen Standardausreden für so ziemlich alles, nämlich Corona und Baukostenerhöhung, sind mal wieder schuld. Auch bei einer Versechsfachung in 8 Jahren? Lächerlich, meine ich. Und selbst wenn es so wäre, dann ist dieser Dauerlauf, den manche doch tatsächlich als neuen Anlauf feiern, ein grausamer Beleg dafür, wie viel Geld eine mangelhafte politische Umsetzung kosten kann.
Gelten Bauernregeln auch im Bildungsbereich?
Mein Opa, ein fleißiger Landwirt, hat immer gesagt: „Bub, wennst sparen lernen willst, dann nimm dir ein Beispiel an einem Bauern wie mir. Der repariert alles, bevor er Neues kauft“. Eigentlich ein vernünftiger und auch moderner Zugang. Umgelegt auf Vorchdorfs Schulen bedeutet das jede Menge Arbeit für die Schulwarte. Allerdings sind die Instandsetzungen schon dermaßen verschleppt, dass selbst die talentiertesten Heimwerker kaum mehr Chancen hätten. Fotos meines Nachwuchses aus seiner Schule sprechen Bände, sie haben mich schockiert und erwecken eher nicht den Eindruck, aus einem der wohlhabendsten Staaten zu kommen.
Gerüchte besagen ja, dass es zwischenzeitlich schon neues Lehrpersonal gab, das ob dieser Zustände eine Stelle abgelehnt hat. Egal, ob Schule oder Job, eine moderne und attraktive Arbeitsumgebung motiviert alle Beteiligten, also Lehrer und Schüler. Spinnt man diesen Gedanken weiter, dann sollte eine moderne Bildungsstätte gute Lehrer anziehen, die wiederum für besser ausgebildete Schüler sorgen. Standortvorteil nennt man das neuzeitlich, und eine an sich ambitionierte Schule hätte sich das wohl auch verdient.
Gefahr in Verzug – nicht nur bei den alten Bauteilen!
Fakt ist, dass sich die Verschleppung des Bildungscampus als Ganzes nahtlos in die Vorchdorfer Versäumnisse einreihen. Wenn dann selbst politische Neulinge, die Bildung auf pinke Fahnen schreiben, im Gemeinderat für ein Budget stimmen, dass einmal mehr keine Fertigstellung des Bildungscampus‘ ausweist, dann wird es echt finster. Chancen über Chancen – und keine wird genützt.
Ich durfte lesen, dass „Bürgermeister und Team auf jeden Fall an dem Thema dranbleiben“. Ist das jetzt gut für den Bildungscampus – oder eine weitere Drohung, wenn man an die letzten acht Jahre denkt? Ja, das ist eine weitere Frage an die Ortspolitik. Und miteinander kommunizieren heißt für mich auch, Fragen zu beantworten.
Für alle, die das Thema Bildung ebenso ernstnehmen wie ich, darf ich schon mal erwähnen, dass einige der Engagierten aus dem Jahr 2014 hier einen detaillierten Rückblick geben werden. Es bleibt also weiter spannend!
Einen schönen Donnerstag
wünscht Alfred E. Neumann
P.S. Ich habe keine meiner bisher gestellten Fragen vergessen – auch wenn mir bisher keine einzige beantwortet wurde. Opa sagte übrigens auch „Stillschweigen ist Zustimmung“ …
Herr Alfred E. Neumann,
gerne werde ich Ihre Fragen bei einem persönlichen Termin am Gemeindeamt beantworten und freue mich auf Ihren Besuch.
Johann Mitterlehner
Herr Bürgermeister,
zunächst vielen Dank für Ihre Rückmeldung und das Angebot für einen persönlichen Termin, welchen ich selbstverständlich sehr gerne annehme. Ich darf allerdings davon ausgehen, dass wir unsere sicherlich hochinteressierte Leserschaft an dieser Stelle mit den hoffentlich weiterführenden Antworten, die sich aus unserem Gespräch ergeben sollten, versorgen dürfen. Einen Terminvorschlag werde ich umgehend übermitteln.
Einen schönen Mittwoch
wünscht Alfred E. Neumann