26. Mai 2022
Meinung am Donnerstag
Als ich mir Ende März an dieser Stelle Gedanken über die Notwendigkeit eines Mediators für die Ortspolitik gemacht hatte, war ich aufgrund der zahlreichen Rückmeldungen doch ein wenig überrascht. Sie waren durchwegs positiv. „Alfred spricht mir aus dem Herzen“ war eine der nettesten überhaupt. Kurzum, ich hatte doch das Gefühl, dass der Dauerstreit in der Ortpolitik nicht nur mir gehörig auf die Nerven geht.
„Bitte keine Reklame“ hat auch Nachteile
Auf die Nerven gehen mir auch die Papiermengen all der Flugblätter von Bauhäusern und Supermärkten, daher prangt ein „Bitte keine Reklame“-Aufkleber auf meinem Postkastl. Wenn ich einen der Prospektausträger dabei erwische, mein Kastl trotzdem verstopfen zu wollen, dann zeigt der eigentlich recht entspannte Alfred seine ganz ungute Seite …
Aber der Sticker hat auch Nachteile, da ich mir die unadressierten Aussendungen der politischen Kräfte dann auf Umwegen organisieren muss – denn daran bin ich natürlich durch meinen unentgeltlichen Zweitjob höchst interessiert.
„Zensur in der Gemeindezeitung durch Bürgermeister Mitterlehner.“ So hat man die Mitbürger*innen in einem Postwurf in Schwarz auf Orange informiert. Ganz ehrlich, ich habe ziemlich lange gebraucht, um zu verstehen, um was es denn dabei überhaupt geht. Wie viele von euch haben denn diese Aussendung im Detail durchgelesen und gleich verstanden?
Und schon wieder: Durchs Reden kommen die Leut´ z´sammen
Mir geht es aber heute weniger um den Inhalt als um die Art und Weise. Und da bin ich jetzt wieder beim Mediator. Ich bin ja ein furchtbar einfach gestrickter Mensch und lebe jetzt schon über 55 Jahre mit der Einstellung, dass man Konflikte ausschließlich durch Kommunikation lösen kann. „Durchs Reden kommen die Leut´ z´sammen“ ist für mich mehr als ein Sprücherl.
Wenn es wie in der hiesigen Ortspolitik ausschließlich um den Mikrokosmos Vorchdorf geht, in dem man die Gemeinde gemeinsam konsequent und konstruktiv weiterentwickeln soll, dann müssen die besten Ideen und nicht der schier endlose Streit im Vordergrund stehen. Mit den neuen politischen Kräften haben viele die Hoffnung auf eine aktivere Kommunalpolitik verbunden.
Ja, es gibt viele Projekte mit zwei Meinungen. Wobei: Es könnten theoretisch neben schwarzen und orangen ja auch noch rote, blaue, grüne und pinke sein, nur sind die halt gar so still. Aber es scheint absehbar, dass sich bald gar nichts mehr weiterentwickelt, weil Zank und Streit die Energien binden, Frust fördern und Engagement verhindern. Mal ehrlich, wer will sich denn das schon antun, für mehr oder wenig nix nur zanken? So viele Masochisten wird es in unserem Dorf dann doch nicht geben, oder?
Beispiel Kirchham: Es geht auch anders
Ich hatte vor kurzem beruflich in unserer Nachbargemeinde zu tun. Es war für mich wirklich beeindruckend, wie dort gemeinsam ein zukunftsorientiertes Projekt betrieben wird. Kein Streit, keine Eifersüchteleien, kein mutwilliges Hacklschmeißen, alle haben das Ziel und damit den Erfolg für die Gemeinde verfolgt – und werden es auch erreichen. Toll, einfach nur toll, das hat wirklich Spaß gemacht!
Da ich mir doch sehr wünschen würde, dass unser so lebenswerter Ort all die wichtigen und für die Zukunft so entscheidenden Dinge anpackt, umsetzt und erledigt, appelliere ich nochmals: Mediatoren vor, gebt euer Bestes und geht vorsichtshalber gleich mit allen 37 Gemeinderäten in Klausur. Nur diese Ziele zählen: Politiker*innen aller Couleurs, diskutiert intensiv über die besten Lösungen für Vorchdorf und seine Bürger*innen. Präsentiert gemeinsame Visionen, für Ort und Einwohner*innen. Investiert Zeit, Geld und Energie in lesenswerte Informationen zu Projekten und nicht in Flugblätter – damit ich mich endlich wieder über politische Post im Kasterl freuen kann und der Vorchdorfer Stil zu einem positiven Beispiel wird.
Einen schönen Donnerstag wünscht
Alfred E. Neumann
Lieber Alfred E. Neumann,
dass eine neue – aus dem Stand mandatsmäßig zweitstärkste – politische Kraft in einem Ort wie Vorchdorf einiges durcheinander wirbelt, das liegt wohl darin gegründet, dass bei uns in der Vergangenheit doch nicht alles so rund gelaufen ist, wie es manche – jetzt entsprechend geschwächte – politische Kräfte immer so kommunizieren.
Derzeit gleicht es eher einem Hindernislauf, um den ganzen Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, auszuweichen. Aber mit Beharrlichkeit konnte schon einiges erreicht werden, wie z. B. dass Unterlagen für Ausschüsse und Gemeindevorstandssitzungen gesetzeskonform fünf Tage vor den jeweiligen Sitzungen den Fraktionen/Mandataren bereitgestellt werden. Wie man sich da in der Vergangenheit ohne Unterlagen vorbereiten konnte, entzieht sich meiner Kenntnis.
Aber es ist auch bereits gelungen, in dieser kurzen Zeit, gemeinsam einige sinnvolle Projekte für Vorchdorf zu entwickeln. Mit dem Pumptrack und Skillspark, initiirt durch den Naturfreunde-Vorstand Thomas Haudum, sei nur eines dieser Projekte erwähnt. Die Gemeinde kann sich glücklich schätzen, solche Projekte unterstützen zu dürfen.
Eine für Vorchdorf prosperierende Zukunft aufzubauen bedingt aber auch, sich der „Altlasten“ anzunehmen. Eine dieser Altlasten, wie die INKOBA, wurde ja bereits auf dem invo.report aufgearbeitet, und wir werden darüber ja noch einiges hören. Da ist ja auch dringender Handlungsbedarf.
Braucht es eine Mediation? Ja, wahrscheinlich. Solange sich der Dorfoberste weigert, Mitgliedern einer Fraktion die Hand zu geben, ist da wohl Handlungsbedarf. Damit wird nicht gerade eine Gesprächsbereitschaft signalisiert, wenn Grundregeln der Höflichkeit fehlen. Manch einer schüttelt da schon den Kopf, der Zeuge dieser „Verweigerung“ wird.
In diesem Sinne: Die Tür ist weit offen. Man muss nur durch gehen.
Lieber Herr Sprung,
urplötzliche Abgänge von politischen Dorfgrößen lassen den gelernten Österreicher Leichen im Keller vermuten, sind aber wohl auch der richtige Zeitpunkt für neue Listen. So ließe sich das Wahlergebnis der LV erklären. Der stärkste Verbündete, um größtmöglichen Druck für eine gründliche Kellerreinigung zu erzeugen, ist aber aus meiner Sicht die Bevölkerung, denn Langzeit-Gemeinderäte werden ihr Tun in der Vergangenheit nicht hinterfragen wollen. Es ist sicher nicht leicht, politische Verbündete für eine Flurreinigung zu finden. Ich für meinen Teil möchte gerne unaufgeregt informiert und mit Fakten versorgt werden, bin aber nicht an ständigen Anschuldigungen und Boxkämpfen interessiert. Ohne Dialog wird es die nächsten fünfeinhalb Jahre aber einfach nicht gehen, Leiche im Keller hin oder her.
Lassen Sie den Feiertag friedlich ausklingen,
Alfred E. Neumann.
PS: Wenn das mit dem bürgermeisterlichen Händeschütteln tatsächlich stimmt, tja, dann hilft wohl auch ein Mediator nix mehr. Stil und Niveau hat man oder nicht, sind aber definitiv nicht käuflich!
Lieber Alfred E. Neumann,
auch ohne „bürgermeisterliches Händeschütteln“ – wie Sie es formulieren – gibt es eine Zusammenarbeit. Für vernünftige Projekte, die notwendig oder eine Bereicherung für Vorchdorf sind, gibt es jedenfalls Unterstützung. Ob jetzt gewisse Formen des Respekts und der Höflichkeit seitens des Dorfobersten gezeigt werden oder nicht, oder auch wenig Bereitschaft besteht, in geforderte Unterlagen Einsicht zu gewähren, um eben diese Themen aufzuarbeiten. Wir stehen da drüber und bleiben mit viel Beharrlichkeit dran.
Dass es in jedem Ort Probleme gibt, die gelöst werden müssen, gehört für uns zur politischen Arbeit. Dass es in Vorchdorf dabei zu einer signifikanten Häufung dieser Probleme über die letzten 13 Jahre gekommen ist, darüber soll sich jeder selbst seine Gedanken machen. Drüber wegschauen, diese zu ignorieren, zuzudecken, kleinzureden oder gar Lügen darüber zu verbreiten und damit die Bevölkerung zu täuschen, das sollte keine politische Fraktion einfach hinnehmen bzw. akzeptieren. Wir tun es jedenfalls nicht.
In diesem Sinne freue ich mich heute schon auf den Kommentar von nächster Woche und danke für die stetigen Anstöße eines kritisch über die Lokalpolitik sinnierenden Journalisten. Wir machen uns jedenfalls darüber Gedanken.
Lieber Herr Sprung,
wie´s scheint, werden wir jetzt hier zu Alleinunterhaltern. Soweit habe ich all Ihre Botschaften verstanden. Ob sich nun ein Mangel an Höflichkeit durch einen fehlenden Handschlag oder angriffige Beiträge äußert, ist ja eigentlich egal. Dass sich Schwarz und Orange nicht wirklich mögen, das hat auch schon jeder verstanden. Man muss sich ja auch nicht liebhaben, aber es muss endlich was für die Gemeinde weitergehen. Und das liegt ausschließlich in der Verantwortung derer, die Ämter und Würden nach der letzten Wahl übernommen haben. Noch einen schönen Sonntag,
Alfred E. Neumann
P.S. In einem Punkt muss ich Sie aber doch korrigieren: Ich bin kein Journalist, sondern ein ganz einfacher Durchschnittsbürger – der davon ausgeht, dass es noch weitere Mitbürger*innnen gibt, die sich mehr konkrete Umsetzung anstatt negativer Presse und Dauerstreit von der Dorfpolitik wünschen würden.