27. April 2023
(Redaktioneller Hinweis: Eine ausführliche Kommentar-Battle zum Thema hat sich im Mai 2024 zu diesem Artikel verirrt.)
Seit Monaten gab es wechselseitige Vorwürfe zwischen Gemeindespitze und Liste Vorchdorf (LV), der Rückkauf des sogenannten 1-Euro-Grundstücks werde verschleppt – der INVO.report hat berichtet. Und seit Jahresbeginn hat man sich darauf geeinigt, einen Experten im Amt der oö. Landesregierung einzuschalten, der die Abbruchkosten und somit den Rückkaufpreis für das Grundstück in der Bahnhofstraße ermitteln soll. Was ist nun damit? Eine Auskunft von Bürgermeister Johann Mitterlehner.
Nachdem die LV im März bemängelt hatte, dass dem Sachverständigen beim Land auch fünf Wochen nach dem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss im Februar noch kein Auftrag erteilt worden sei, scheint in der Zwischenzeit Bewegung in das Verfahren gekommen zu sein. Wir Bürgermeister Mitterlehner mitteilte, habe es einen Termin mit dem Sachverständigen gegeben. Dass dieser zu einem vereinbarten Termin nicht erschienen sei – so hieß es etwa bei der Gemeinderatssitzung im März – habe er unglücklich ausgedrückt; der betreffende Termin sei einfach nicht zustande gekommen.
Ein weiterer Kritikpunkt der LV war, dass sie der Beauftragung des Experten so nicht zugestimmt hätten, wenn bekannt gewesen wäre, dass ein Gutachten aus dem Jahr 2017 die Abrisskosten „auf einer Zeile“ abhandelt – dieses Gutachten sei aber als grundlegende Information für den Experten angegeben worden.
Mögliche Pläne gehen weit auseinander
Hierzu erläuterte Mitterlehner: Neben dem sog. Feichtinger-Gutachten habe es mit dem Sachverständigen auch einen Lokalaugenschein der jetzigen Situation gegeben, außerdem seien ihm Fotos aus verschiedenen Phasen des noch stehenden Gebäudes Bahnhofstraße 14 übermittelt worden. Zusätzliche Informationen sollen Fachfirmen beisteuern.
Wichtig war Mitterlehner der Hinweis, dass nicht die Gemeinde den Sachverständigen beauftragen konnte, sondern die zuständige Abteilung beim Land. Die Frage nach einem absehbaren Zeitpunkt, wann das Gutachten vorliegen werde, konnte Mitterlehner nicht beantworten; der Sachverstänige wurde nicht danach gefragt. Nach seiner Aussage erwarte sich allerdings die Liste Vorchdorf den für derartige Gutachten üblichen Umfang von ca. 50 Seiten; ihm komme es aber vor allem darauf an, dass am Schluss ein Betrag da stünde, auf den sich alle einigen könnten.
Die Idee eines Boardinghouse sei gestorben. Vorstellbar sei jetzt vieles: von einer (dann sehr teuren) grünen Wiese bis zu verschiedenen Wohnbauten. Mit den bisher geltenden Vorgaben der Gemeinde – Tiefgarage und Geschäftsräume im Erdgeschoss – sei ein sozialer Wohnungsbau aber jedenfalls nicht zu finanzieren. Die mehrheitliche Ablehnung des Antrags auf einen Grundsatzbeschluss zum Rückkauf durch die Gemeinde habe ihre Gründe eben darin, dass man abgesehen vom Rückkaufpreis noch nicht einig sei, was hier entstehen soll.
Dass eine Vermarktung sich für die Gemeinde bezahlt macht, ein Wiederverkaufspreis also die ermittelten Abrisskosten übersteigen werde, ist für Mitterlehner allerdings klar. Insofern könne nach Klärung des Verwendungszwecks ein Grundsatzbeschluss gefasst werden.
Für meine Begriffe ist der Wiederkauf des 1-€-Grundstücks ein klassisches Beispiel von Führungsschwäche.
Im letzten Jahr war bereits abzusehen, dass kein Gebäude errichtet wird. Seit Herbst besteht ein Wiederkaufsrecht. Also seit mehr als einem halben Jahr. Und der Bürgermeister hat noch immer keinen Plan? Jetzt erst beginnt man damit ein bestehendes „1-Zeilen-Gutachten“ auf Plausibilität zu prüfen.
Ohne den Einsatz der Liste FÜR Vorchdorf wüsste man in Vorchdorf womöglich nicht einmal, dass die Gemeinde das 1-€-Grundstück zurückkaufen kann.
Ein Bürgermeister sollte vorausschauend planen und in einer aktiven Rolle agieren und nicht nur den Geschehnissen hinterherlaufen.
Eine nicht repräsentative Umfrage der Liste FÜR Vorchdorf mit 180 Teilnehmern hat ergeben, dass 85,2 % dieser Teilnehmer einen Rückkauf wollen, und die Verwertung betreffend wünschen sich 53,4 % eine Begrünung und später verwerten, und 33,5 % wünschen sich leistbares Wohnen. Also kann man gelassen den ersten Schritt setzen und zurückkaufen, um sich dann im zweiten Schritt in Ruhe eine Verwertung zu überlegen.
Und: Wir planen vom Jetzt in die Zukunft. Also sind wir auch nicht bei der Verwertung zwingend an Ideen von gestern gebunden. Denn manchmal sind diese Ideen dann auch „Schnee von gestern“.