„Kasberg“ – ein ehrenwerter Rettungsversuch, aber ist er auch klug?

3. Juni 2023
Kommentar von Michael Praschma

Hunderte „Freunde des Kasbergs“, wie sich die Aktiven nennen, haben der Landesregierung heute in Linz rund 30.000 Unterschriften übergeben. Die Forderung: Erhalt des Skigebiets u. a. durch einen seilbahnunterstützt forcierten Sommerbetrieb. Der scheitert bisher am kategorischen Nein betroffener Grundeigentümer. Sich darauf zu konzentrieren, ist aber ein „Nebenkriegsschauplatz“.

Das Skigebiet Kasberg ist seit vielen Jahren defizitär. Aber es ist ein Herzensanliegen in der ganzen Region – wirtschaftlich ebenso verständlich wie emotional. Der Tourismus im Almtal mit zahlreichen damit direkt und indirekt verbundenen Betrieben hängt daran. Generationen haben hier, mehr oder weniger vor der Haustür, das Skifahren gelernt. Das ganze hat den Charme des Überschaubaren, Familiären, und das Gebiet lässt sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln ansteuern. Das sind nur die wichtigsten Pluspunkte.

Wirtschaftlich allerdings hat es schon sehr lange nicht mehr aus eigener Kraft gereicht, und ein Ende war heuer nicht zum ersten Mal Thema. Doch darüber ist schon oft berichtet worden, auch über den „Elefanten im Raum“: den Klimawandel, der an immer selteneren schneesicheren Wintern schuld ist. Das nagt an den Einnahmen des Skibetriebs.

Nur die höheren Pisten des Kasbergs liegen zwischen knapp 1300 und 1600 Höhenmetern; wer darunter oder gar bis zur Talstation abfahren will, landet am Ende bei deutlich unter 600 Metern. Kein Mensch käme angesichts übereinstimmender Klimaprognosen heute noch auf die Idee, ein Gebiet wie den Kasberg für den Skibetrieb zu erschließen, einfach weil auch mit dem immer verzweifelteren Einsatz von Schneekanonen der Betrieb nicht mehr lange genug aufrechterhalten werden kann. Ähnlich sah das zuletzt auch der Landesrechnungshof.

Kann es der Sommerbetrieb bringen?

Lassen wir einmal das Njet der Grundeigentümer außen vor. Die Idee bei der Kasberg-Rettung ist ja, die Gondeln auch im Sommer laufen zu lassen und unter anderem dadurch so viel zusätzlichen Betrieb zu erzeugen, dass per „Mischkalkulation“ das Einnahmenplus im Sommer das Minus im Winter ausgleicht. Doch kann sich das ausgehen?

Zu bedenken ist: Allein durch das Hochberghaus und die ebenfalls gut frequentierte Sepp-Huber-Hütte gibt es ja bereits bisher viele Sommergäste; das Hochberghaus ist ohnehin per Auto erreichbar. Worauf stützt sich denn die Hoffnung, durch sommerlichen Seilbahnbetrieb noch deutlich, wirklich deutlich mehr Menschen anzulocken? Denn nur dieses Plus an Gästen lässt sich wirtschaftlich mit den Verlusten im Winterbetrieb aufrechnen.

Und dann ist ja immer die Rede davon, dass nur Sommer- und Winterbetrieb zusammen den gewohnten Tourismus im Almtal erhalten können. Da die Erderhitzung zuletzt (und vor allem in den Alpen) aber noch schneller als bisher erwartet zunimmt, ist absehbar, dass der Kasberg auf Dauer keinen Skibetrieb mehr zusammenbringt, wie man ihn bisher kannte. Das könnte in weniger als 10 Jahren so weit sein. Und gegen das Klima helfen nun einmal keine Unterschriften.

Jetzt ist die Frage: Steckt man den Kopf in den Sand und tut so, als brächte man den Kasberg auf diese Weise aus den roten Zahlen – nämlich nur mit einem forcierten Sommerbetrieb? Das bedeutet nicht nur weitere Dauersubvention (bisher bis 1 Million jährlich vom Land), sondern zusätzlich hohe Investitionen, die allein schon dafür erforderlich sind, um die teils abgelaufenen Betriebsbewilligungen für die Lifte sowie die Beschneiung verlängert zu bekommen.

Oder – und das ist die Alternative – man verwendet die nicht wenigen Millionen stattdessen dafür, nicht nur den Tourismus, sondern vielleicht überhaupt die Wirtschaftsstruktur des inneren Almtals nachhaltig auf neue Füße zu stellen. Wie Pettenbachs Bürgermeister Leo Bimminger bereit laut nachdachte: Die Gemeinden, die inzwischen ja zusammen mit dem Tourismusverband den Kasberg finanziell stemmen, könnten so auch glimpflicher davonkommen, wenn irgendwann die ganzen Anlagen auf dem Berg endgültig abgebaut werden müssen.

Es fehlt nicht an Geld, sondern an Mut zu Wahrheiten und Konsequenz

Fazit: Es gibt die Redensart, dass es keinen Sinn hat, einem kranken Pferd die Sporen zu geben. Leider ist es aber wohl das, worauf die Forderungen an die Landesregierung hinauslaufen. 30.000 Unterschriften sind ein klares und sehr respektables Bekenntnis, und das ist ja nur der „Papier gewordene“ Ausdruck von noch viel mehr Engagement. Dass sich kein Vertreter der Landesregierung – schon gar nicht Thomas Stelzer – eingefunden hat, um die Unterschriften entgegenzunehmen, sagt einiges. Dass Landesrat Achleitner sich vorsorglich als die falsche Adresse für die Forderungen bezeichnet und stattdessen mit dem Finger auf die vermeintlich eigentlichen Verhinderer, die Grundeigentümer, zeigte, zeugt auch nicht von Handlungswillen, geschweige denn von Mut zu klaren Worten.

Es schmerzt, dass die Politik den guten Willen und den Einsatz so vieler Menschen frustriert, indem sie die Illusion nährt, mit Geld und einem guten Tourismuskonzept könne man die Folgen der Erderhitzung aufhalten. Aber das ist dieselbe Mut- und Prinzipienlosigkeit, die ja auch vor der Wirtschaftskammer und einigen Populisten kuscht, wenn es um durchgreifende Maßnahmen zum Klimaschutz geht.

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