20 Jahre Grüne Vorchdorf – Rückblick und Ausblick von einem „Urgestein“

22. Juni 2023
INVO.report im Gespräch

Herbert Huemer legt Wert darauf, dass nicht er es war, der die Grünen Vorchdorf gegründet hat. Allerdings: Bei der Partei und ihren Vorläufern war er, quasi Urgestein, sogar schon rund 20 Jahre zuvor involviert. In die aktive Ortspolitik würde er heute nicht erneut einsteigen, denn jetzt ginge es darum, Jüngere zu motivieren. Ein Gespräch über das Gestern, Heute und Morgen grüner Gemeindepolitik, und was einem Bürgermeister Huemer am wichtigsten wäre.

Grüne Vorchdorf Anfangszeit

Die Grünen im Grünen – zur Anfangszeit. 2. von links hinten: Herbert Huemer

2003 begann nicht nur die politische Arbeit der Grünen in der Gemeinde. Es war zugleich das Ende der Ära Schwaha, unter dessen Bürgermeisterzeit „Vorchdorfer Klima“ zum Begriff wurde. Huemer schildert das so: „Damals war das Ziel, das alles mit 100 Prozent dafür abgestimmt wird, was auf der Tagesordnung war.“ Als Grüne wollten sie das nicht mehr unbedingt – sondern auch aufzeigen, wo etwas nicht ganz passt. Das seien z. B. Verträge mit Asamer gewesen oder Straßenprojekte ohne Radwegplanung. Sie hätten mehr Transparenz in die Gemeindepolitik gebracht.

Für Reinhard Ammer – der Huemer angesprochen hatte – war entscheidend, dass auch jemand mit Erfahrung mit Umweltthemen aus der mittleren Generation und noch dazu mit unternehmerischem Hintergrund die Grünen mit repräsentiert. „Ich habe das gar nicht lange überlegen müssen, weil es für mich schon lange überfällig war als Thema, dass es auch auf Gemeindeebene in Vorchdorf konkrete Aktivitäten gibt.“

Sind die Grünen heute noch das gleiche?

… auch z. B. hinsichtlich der Ziele? In seiner Antwort bezieht Huemer auch die allgemeine politische Situation mit ein: „Was diese ganze Umwelt- und Klimabewegung betrifft, war ich optimistischer, also ich war der Meinung, dass sich da schneller etwas bewegt. Aber ich sehe schon den Widerstand; dass da ein enormer Bewusstseinswandel notwendig ist, um überhaupt zu begreifen, was da passiert. (…) Da haben sich die Grünen Vorchdorf sogar besser entwickelt als die ganze Bewegung. Aber ich dachte, dass man 2020 mehr umweltbewegte Menschen hat, mehr Grüne.“ Den aufkommenden Rechtspopulismus sieht Huemer als Folge der Angst der Menschen vor dem, was kommt. Umso wichtiger sei, dass die Grünen ihre Anliegen positiv darstellen.

Auf die provokante Frage, was er heute als Bürgermeister als vorrangigste Ziele verfolgen würde, meint Herbert Huemer zunächst: „Mein persönlicher Wunsch war eigentlich nie, Bürgermeister in Vorchdorf zu sein – ich würde trotzdem schauen, eine Konsenspolitik zu schaffen. Es gibt ja derzeit in Vorchdorf sehr viele auch persönliche Reibereien; wie man die beseitigen kann, weiß ich auch noch nicht. Ich würde aber irgendwelche Mediationsveranstaltungen machen, um den Gemeinderat wieder auf den Boden zu bringen, wieder realistisch zu arbeiten. Derzeit sind viele tagespolitischen Themen mit diesen Differenzen gespickt – soweit ich das von außen beurteilen kann.“

Inhaltlich würde Huemer noch konsequenter in Richtung erneuerbare Energie gehen – was Vorchdorf aber eh schon gut mache – oder für Radfahrer und Fußgeher die Möglichkeiten ausbauen. „Wo ich nicht ganz zufrieden bin, ist die Situation der Bodenversiegelung: Fischböckau, Lederau, Einsiedling … das geht immer noch weiter, dass man überall und nicht zentral in Ortsnähe baut.“

Wo siehst du die Grünen bei ihrem 25-Jahre-Jubiläum?

Huemer ist vorsichtig optimistisch: Die Grünen werden Zuwächse haben, nicht die großen Zuwächse, aber sie werden wachsen; solide Arbeit machen… Das Aufzeigen von Problemen haben die anderen von der Liste ein bisschen übernommen, aber „die Grünen sind nicht bedroht, dass sie Wähler verlieren. Die Grünen müssen fast noch mehr versuchen, auf die jungen Wähler zuzugehen, die Vorchdorfer genauso wie die Landes- und Bundesgrünen, diese ganzen Medienkanäle zu nutzen, um junge Wähler zu motivieren, sich in grüner Parteiarbeit zu engagieren.“

Herbert Huemer, geboren 1958, stammt vom Pametgut in der oberen Lederau. Bis 2009 vertrat er die Grünen sechs Jahre lang im Gemeinderat. Neben seiner politischen Aktivität im ökologischen Bereich gründete er als Pionier in Vorchdorf auch das Solaranlagenunternehmen Huemer Solar, das später in die Xolar in Eberstalzell überführt wurde. Er war auch zu Gast im Sommergespräch #7. – Das Gespräch führte Michael Praschma


Grüne Vorchdorf in Schlaglichtern

Eins von vielen Kernthemen der Vorchdorfer Grünen: Energie

Grüne Energiewende-Anträge vom 13. April 2004 für die Kitzmantelfabrik (damals abgelehnt) und vom 4. April 2006 für die öffentlichen Gebäude in Vorchdorf mit Nahwärme (= Nahwärme-Initiative, Antrag angenommen).
2012: Erstellung eines kommunalen Energiekonzepts (=EGEM-Konzept) und in der Folge laufende Umsetzung durch Umweltausschuss und Energiegruppe (mit starker Grüner Beteiligung).
Energie Star 2019 aufgrund der Arbeit im Umweltausschuss unter Führung von Christine Baumgartinger/Norbert Ellinger und der Energiegruppe unter Führung von Christian Hummelbrunner und Christine Baumgartinger, u. a. PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, Straßenbeleuchtung, Einspar-Contracting plus neue Heizungszentrale im Schulzentrum, Energieoptimierung im Freibad etc.
Energiesparoffensive 2022 – Grüner Entschließungsantrag im Umweltausschuss, 2022: einstimmig angenommen und in weiterer Folge im Gemeinderat beschlossen.
Personelle Verankerung Bereich Energie und Klima auf dem Gemeindeamt im Dienstpostenplan: langjährige Grüne Forderung; seit Herbst 2022 existierend
Parteienübergreifende Umsetzung Initiative #vorchdorf2027 (PV, Energiesparen) mit starker Grüner Beteiligung in der Arbeitsgruppe

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