6. Mai 2021
Kommentar von Michael Praschma
Einen roten Teppich hatte sich die Redaktion gar nicht erwartet. Aber eine derart kalte Schulter, wie sie ein Teil der Ortspolitiker gegenüber einem neuen Verein und dem INVO.report zeigt, damit rechnete niemand. Bestandsaufnahme nach einem guten Monat, einige fast schockierende Beispiele und eine Standortbestimmung – mit ausgestrecker Hand.
Über 25.000 Seitenzugriffe seit dem Start, fast ausschließlich positive Rückmeldungen der Leser*innen, immer neue Anmeldungen zum Newsletter… Das Echo aus der Vorchdorfer Bevölkerung auf den INVO.report übertraf die Erwartungen der Redaktion deutlich. Der Grundtenor lautete: So etwas hat schon lange gefehlt!
Die ersten Beiträge gingen mit der aktuellen Gemeindepolitik kritisch bis bissig um. Das war jedoch den Umständen geschuldet: Eine nicht endenwollende und polemisch ausgetragene Fehde zwischen Bürgermeister und abgesprungenem ÖVP-Gemeinderat etwa ist kaum schönzureden – womit Lokaljornalismus auch seinen Job verfehlen würde. Genauso, würden wir den Unmut gegen ein Hotelprojekt verschweigen, der sich in demnächst vielleicht 1000 Unterschriften äußert. Aber, wie sich aus unserem Editorial klar ergibt: Dabei geht es um offene Auseinandersetzung, nicht um Kritik aus Prinzip, geschweige denn Herabsetzung.
Die Parteien sollten doch bestrebt sein, den Vorchdorfer*innen die Politik im Gemeinderat zu erklären. Daher forderten wir sie direkt auf, zu dem undurchsichtigen Vorgang bei der März-Sitzung Stellung zu nehmen. ÖVP und FPÖ antworteten gar nicht, die SPÖ schon, aber ohne die Frage wirklich zu beantworten. Die Grünen distanzierten sich von dem Geschehen.
„Medien brauchen wir nicht“?
Das allein könnte als „durchwachsene“ Reaktion auf den INVO.report als Medium, das am Vorchdorfer Parkett noch nicht einzuordnen ist, durchgehen. Doch zumindest seitens der bisherigen „Bürgermeisterpartei“ ÖVP hat die Sache erkennbar System.
Die Kronenzeitung und die Oberösterreichischen Nachrichten etwa erhalten seit einiger Zeit auch auf Anfrage gar keine Informationen mehr aus dem Bürgermeisterbüro. Und obwohl Gunter Schimpl uns kurz zuvor noch in einem einstündigen Gespräch über das Hotelprojekt Auskunft gegeben hatte, war er für eine Anfrage zu seinem Rückzug aus der Politik plötzlich nicht mehr erreichbar. Konkret: Auf fünf (!) von Mitarbeiterinnen ausgerichtete Anrufversuche gab es nicht nur keinen Rückruf, sondern schlicht gar keine Reaktion.
Nicht viel besser endete der Versuch, Johannes Huemer, ÖVP-Ausschussobmannn für Straßenbau, zu einem Gesprächstermin zu bewegen. Nicht ganz unwichtiges Thema: ein Parkraumkonzept für Vorchdorf. Auf rund ein Dutzend Anrufe und Anrufversuche erfolgte entweder kein Rückruf oder nicht zur angegebenen Zeit, vereinbarte Termine wurden abgesagt, und nach knapp zwei Wochen zog Huemer einen Termin wieder zurück, weil ihm der Hinweis, dass er das Gespräch verzögert, nicht schmeckte.
In der Januarsitzung des Gemeinderats hatte Huemer dazu aufgerufen, Vorschläge für den Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes zu machen. Eins unserer jetzigen Redaktionsmitglieder tat dies auch – nur um nie eine Reaktion darauf zu erhalten.
Hier gibt es ein Missverständnis, das ausgeräumt gehört
Vorweg: Wir sprechen (noch) von Einzelfällen, auch wenn die einen Bürgermeister und einen Ausschuss- und Fraktionsobmann der ÖVP betreffen. Eine Reihe anderer Mandatare, darunter auch der von der ÖVP designierte Nachfolgekandidat für die Bürgermeisterwahl, haben uns bereitwillig Auskünfte erteilt.
- Feier in der Kitzmantelfabrik: Es soll durchaus nicht nur „hässliche Bilder“ (und Artikel) geben!
Es hat in Vorchdorf eine Zeit gegeben – Stichwort „Vorchdorfer Klima“ –, in der die Presse als kritischer Partner der Politik gesehen wurde. Auch heftige Kritik an Entscheidungen der Gemeinde galten nie als Missachtung der Verantwortlichen. Im Gegenteil: Es belebte die Gemeinde. Man schätzte einander.
Was den INVO.report betrifft: Dahin wollen wir. Es wird wahrscheinlich nicht kuschelig mit uns, aber es wird fair bleiben. Doch den Respekt, den wir für eine engagierte, ehrliche und oft herausfordernde Arbeit in der Gemeindepolitik haben, diesen Respekt erwarten wir auch für uns als Teil der Medien, die in der Demokratie eine Aufgabe zu erfüllen haben.
(Name ist der Redaktion bekannt)
Einen roten Teppich als Dank und Anerkennung für Eure gelungenen Reportagen rolle ich Euch gerne aus – vor allem, nachdem ich an anderer Stelle lesen musste, dass Eure Andrea schon ein bisserl verzweifelt ist ob der Gesprächsverweigerung vieler örtlicher Würdenträger. Bitte durchhalten, es wird sich auszahlen! Ich bin überzeugt, die Anerkennung der Bürger habt ihr, einige Politiker disqualifizieren sich dagegen gerade selbst. Nur gut, dass darüber kritisch, akribisch und unnachgiebig, aber auch fair und in gemäßigtem Ton berichtet wird. So kann man sich seine Meinung bilden, noch dazu in einem Wahljahr. Dass auch Anfragen von OÖN und Krone ignoriert werden, könnte wirklich System sein. Oder aber einfach Furcht vor unbequemen Fragen. Jahrelang konnte man fuhrwerken, ohne dass irgendeine Opposition oder ein Fragesteller da war – und dann plötzlich ist man mit so vielen kritischen Fragen, Petitionen honoriger Bürger, Presseberichten, bösen Kommentaren vom Balkon usw. konfrontiert. Ich stelle mir als Bürger ja die Frage, warum das alles so ist, wie es ist. „Wer schweigt, hat etwas zu verbergen“, sagte meine Großmutter immer. Und die großen Vorbilder in Wien machen es ja vor, wie man versuchen kann, Dinge einfach aussitzen – funktioniert aber nicht wirklich. Wer aber in die Politik geht, und sei es nur in einem Dorf, dem sollte wohl klar sein, dass er seinen Wählern verpflichtet ist. Dem sollte ebenso klar sein, dass der Bürger offenen Umgang mit Projekten und Fragen erwarten darf, Kopf in den Sand geht nur beim Vogel Strauß – erstaunlich aber, wie viele Exemplare dieser Vögel davon anscheinend in Vorchdorf beheimatet sind. Oder könnte es sein, dass diese Unnahbaren in die Politik gehen, weil man den Vorfahren nacheifern will? Oder weil man zum eigentlichen Broterwerb in Branchen arbeitet, in denen solche Amterln dann extrem hilfreich sein können, ob für Aufträge, Grundstücks- oder günstigste Immo-Käufe ist ja dann egal. Dann wäre die Vogel-Strauß-Taktik verständlicher, aber noch weniger akzeptabel. Spannend für mich als Bürger und Wähler werden aber die Wahllisten 2021 sein. Werden die Vogel-Sträuße wieder die Pole-Positions besetzen oder wird in den Parteien, egal welchen Couleurs, auf dieses untragbare Gehabe reagiert. „Man muss die Menschen mögen“, sagte die erfolgreiche Alt-Bürgermeisterin aus Ottensheim in Eurem Interview. „Ein neuer Besen kehrt besser“, sagte mein Oma – egal, ob als Person oder Partei, ergänze ich. Das könnte zu einer offeneren Kommunikation führen – und hoffentlich Andreas Frust vertreiben.