12. November 2021
Klimaschutzmaßnahmen und die Umsetzung von Wünschen aus der Vorchdorfer Bevölkerung waren Themen des Interviews mit Bürgermeister Johann Mitterlehner
INVO.report: Es sollte ja auch auf Gemeindeebene alle Mögliche getan werden für den Klimaschutz und für die Klimafolgenabwendung. Auf was sollte da am meisten Wert gelegt werden?
Johann Mitterlehner: Ich verstehe darunter auch das Klima, wie wir miteinander umgehen. Das ist etwas, das wir in Vorchdorf ganz, ganz schnell verändern können; es ist schon auf einem besseren Weg, aber es war – für mich persönlich – ziemlich düster.
Das andere, das Weltklima, werden wir in Vorchdorf nicht verändern können. Aber wir werden etwas dazu beitragen, mit allen Fraktionen. Wir haben Experten, die sich schon lange damit beschäftigen, die wir wieder abholen möchten. Wir sind alle dabei, dass wir eine Klimastrategie entwickeln.
Hast du dazu schon konkrete Dinge im Kopf, die mit Priorität diskutiert werden sollten?
In erster Linie sollte das in Richtung PV-Anlagen (Photovoltaik) gehen, da wir als Gemeinde Flächen dazu haben. Was in der Gemeinde schon passiert: Die Nahwärme Vorchdorf baut ein Blockheizkraftwerk, das schon relativ weit gediehen ist. Es wird voraussichtlich Ende März ’22 eröffnet werden. Es wird ein Beitrag zur Stromproduktion und für die Wärmeerzeugung sein und u. a. auch das Betriebsbaugebiet INKOBA mitversorgen und vieles mehr.
Wie sieht es bei der Vermeidung von Flächenversiegelungen aus, wo die Gemeinden ja viel Spielräume haben? Was könnte sich da ändern gegenüber der doch eher großzügigen Flächenpolitik bisher?
Das ist ein österreichweites Problem. Es gibt in Vorchdorf schon Projekte mit Vorbildwirkung z. B. das ehemalige Wick-Gelände, das die Fa.Futura betreibt. Genau da will man hin: dass Gebäude wieder an einen bestehenden Standort gebaut werden, wo weniger Quadratmeter versiegelt wird.
Gibt es bei der Nachnutzung konkrete Initiativen?
Beim alten Billa (Bahnhofstraße) gibt es schon lange Überlegungen für ein Wohnbauprojekt. Da wird sehr zeitnah etwas geschehen. Aber natürlich wenn bei einem Privatbesitzer etwas leersteht, kannst du ihn ja nicht zwingen. Beim Parkplatz Manglberger (hinter dem Gemeindeamt, Anm. der Redaktion), da ist jeder Gemeindebürger gefordert, das Gespräch mit der LiegenschaftsbesitzerIn zu suchen und etwas Positives beizutragen, dass wir eine andere Lösung finden. Ich werde sicher auch das Gespräch suchen, aber in der Vergangenheit hat es keine so gute Gesprächsbasis gegeben.
Zur INVO.report-Umfrage, bei der auch Verbesserungswünsche geäußert wurden – die häufigsten haben wir hier ausgewählt. Eins betrifft verschiedene Punkte, um das Freibad attraktiver zu machen. Gibt es Überlegungen der Gemeinde vor dem Hintergrund der Erfahrungen der vergangenen Saison, Dinge besser zu gestalten?
Besonders wichtig ist mir Wertschätzung, Respekt und Ehrlichkeit. Damit ist nicht immer so umgegangen worden, wie man es sich wünscht. Da tun sich Mitarbeiter, die sich wirklich redlich bemühen, sehr schwer, weil sie manchmal nicht sehr fair behandelt werden. Deswegen haben wir ein Wahnsinnsproblem, jemanden für das Freibad zu finden. Es hat Ausschreibungen gegeben, auch für den Buffetbereich; die Bewerbungen waren sehr bescheiden. Man muss auch aufpassen, wie man etwas medial transportiert, dass sich nicht jemand getroffen fühlt, dem das gar nicht anzulasten ist.
(In diesem Zusammenhang kommt Mitterlehner auch auf Kritik zu sprechen, die anonym bzw. unter Pseudonym geäußert wird: Das sei für ihn sehr problematisch. Es sei etwas ganz anderes, wenn ihm jemand etwas ins Gesicht sage, darauf könne man reagieren und sehen, wie das wirkt. Die Kritik wegen intransparenter Information der Öffnung des Freibades bei wechselhaftem Wetter wurde bereits durch Verweis auf eine eigene Facebookseite aufgegriffen. Hier könne auch die Website der Gemeinde stärker kommunizieren, allerdings seien Aktualisierungen nur während der Dienststunden möglich.)
Verbesserung des Umgangs der Gemeinde mit der Bevölkerung, offene Kommunikation, Rückmeldung zu Eingaben oder Vorschlägen usw. – in diesem Feld haben auch viele einen Bedarf gesehen.
Ich bin da jetzt „neu“, und ich habe mir zum Ziel gesetzt, wenn mir jemand etwas sagt, gebe ich das weiter und frage auch, ob mit demjenigen der Kontakt aufgenommen worden ist. Was dann weiter passiert, muss erst entschieden werden. Am einfachsten ist es, wenn es ein paar Zeilen dazu gibt, dann weiß man Bescheid.
Aber erfährt es der Betreffende dann auch, was aus der Sache geworden ist?
Womit ich mich etwas schwergetan habe, ist in dem Zusammenhang das „Gemeindepolitik offen und ohne Korruption“ – wie darf ich das denn verstehen? Ich habe das auch nicht so erlebt, dass wir nicht offen kommunizieren. Der „1-Euro-Deal“, das war eine tolle Schlagzeile der Kronenzeitung. Aber das ganze Projekt mit der Bahnhofstraße 14 ist vom Gemeinderat mit vier Enthaltungen beschlossen worden. Bei allen Projekten hat nie ein Bürgermeister alleine ein Projekt gemacht, es war alles mehrheitlich (Gemeinderat). Und der „1-Euro-Deal“ war auf Bürgermeister und Korruption bezogen, so sehe ich das.
Es war aber schon vorher Thema im Ort, man hat darüber gesprochen: Freunderlwirtschaft, man hat sich das gerichtet usw. Offenbar hat die Kommunikation der Gemeinde nicht ausgereicht, um klarzumachen, warum das so gelaufen ist.
Es hat immer geheißen, es hat bessere Angebote gegeben – von wem? Bitte konkrete Bieter! Wir haben das ganz lange überlegt, wie man das macht mit dem Abbruch, mit einem Gebäude, das direkt daneben steht. Ich bin nicht der Meinung, dass es zu wenig Information gibt, vielleicht gibt es sogar zu viel Information. Aber bei ca. 3000 Haushalten in Vorchdorf musst du erst alle erreichen, damit nicht einer kommt und sagt, das habe ich nicht gewusst.
(Weg vom konkreten Beispiel, es geht ja eigentlich um die richtige Kommunikation, besonders im Krisenfall. Hier entspinnt sich eine längere Diskussion darüber, ob es ausreicht, dass eine Information z. B. bereits in einem Medium verbreitet wurde oder ob es nicht notwendig ist, dass sie etwa auf der Gemeinde-Website bei Bedarf jederzeit leicht auffindbar ist.)
Wir wechseln zu den vielen Umfrage-Antworten zum Thema „attraktiverer Ortskern“. Was steht da momentan im Mittelpunkt?
Die Gemeinde ist kein Veranstalter. Was Vereine machen, unterstützen wir natürlich bestmöglich. Und gute Ideen nehmen wir natürlich auf, zum Ortsplatz zur Bereicherung. Aber Stichwort Bahnhofstraße und Bürgerbeteiligung, es hat eine gegeben, am Anfang waren es mehr, dann immer weniger Beteiligte. So viel zur Bürgerbeteiligung. Bäume sind angesprochen worden, aber bis zur Straßengrenze haben die Liegenschaftsbesitzer das Sagen. Wenn uns die Straße plus fünf Meter dazu gehört, dann hätten wir wahrscheinlich eine Allee hinaus. Zur Frage, warum man nicht am Gehsteig Bäume pflanzt: Die Gehsteige sind zu eng; Bäume haben ja die komische Eigenschaft, dass sie immer größer werden. Aber wenn es da gute Überlegungen gibt – zum Beispiel mit den Möbeln, die draußen stehen …
(An dieser Stelle wird die Frage aufgeworfen, ob die besagten Sitzbänke nicht zu hoch und überhaupt unbequem zum Sitzen seien. Mitterlehner bekennt, selbst noch nicht dort gesessen zu haben; Jugendliche habe er allerdings öfter sitzen gesehen. Zur Frage der Sitzhöhe der Bänke teilt Mitterlehner nach dem Interview mit, er habe sich die Mühe gemacht und die Höhe gemessen: Sie beträgt exakt 42 cm!)
Es ist jetzt nur eine Teillösung. Wenn jemand einen besseren Vorschlag hat, den nehmen wir natürlich liebend gerne auf. Dann haben wir das Thema Geschwindigkeit. Wir haben einmal, als der Frischemarkt war, eine Begegnungszone gemacht. Es hatten alle Platz, es muss jeder Rücksicht auf den anderen nehmen. … Der eine fordert eine Minimierung der Geschwindigkeit, der andere sagt: Seid’s narrisch, da muss man einen 50er fahren können. Dann gibt es Unbelehrbare, die Rennen fahren, die ignorieren solche Sachen.
Und was konkret seitens der Gemeinde auf der Agenda steht? – Frage war Ortsplatzbelebung!
Da haben wir einzig die Möglichkeit im ehemaligen Mischkreuobjekt, das angekauft worden ist (Renaissance-Krämerei). Es gibt Überlegungen, wie man es für unterschiedliche Sachen nutzbar machen kann. Es hat einen Tag der offenen Baustelle gegeben, wo das Objekt vorgestellt werden sollte, das ist nur leider wegen Corona ziemlich bescheiden ausgefallen. … Das andere liegt bei privaten Eigentümern, die etwas machen können.
Fuß- und Radwege; gibt es da bestimmte Vorhaben?
In der letzten Periode hat es im Bau- und Straßenausschuss schon eine Gruppe gegeben, die sich generell sehr stark mit dem Ortskern beschäftigt hat. Daran wird jetzt weiter gearbeitet. Ich kann etwas zum Radstern sagen: Da ist man jetzt daran, dass man wieder ein Teilstück Richtung Ort umsetzt.
Interview: Andrea Hahn und Michael Praschma; das Gespräch fand am 5. November im Büro des Bürgermeisters in Anwesenheit von Julia Söllradl (Büro Bürgermeister) statt und wurde aufgezeichnet. Die genehmigte Abschrift ist inhaltlich gestrafft und umgegliedert. Auch sind nicht alle Fragen gesondert erfasst, die einzelne konkrete Maßnahmen zur Sprache gebracht haben.