Bildungscampus: Durchbruch demnächst – nach kurvenreicher Bilanz?

19. Mai 2022

Bei einem der größten – wenn nicht dem überhaupt größten – Zukunftsprojekt Vorchdorfs wollte sich der Nebel jahrelang nicht lichten. Im Gespräch mit der Ortsspitze gab es einige Klärungen zum Bildungscampus und der momentanen (!) Vorgangsweise der Gemeinde bezüglich der prekären Lage der Schulen. Das Rätseln zu zentralen Fragen ist zwar noch nicht zu Ende. – Doch angesichts der allerneuesten Nachricht könnte Hoffnung aufkommen.

Nachdem die ÖVP-Parteizeitung erst kürzlich titelte, der Bildunscampus sei “ so nicht leistbar“, lag die einleitende Frage an Bürgermeister Johann Mitterlehner und Vize Margit Kriechbaum beim Gespräch am 6. Mai auf der Hand: Verfolgt die Gemeinde überhaupt noch den ursprünglichen Plan des Bildungscampus‘, der dem Ort quasi einen bildungspolitischen Leuchtturm bescheren sollte? – Antwort ist ein klares „Ja, aber“.

Ein Zeitplan lässt sich nicht angeben

Da immer noch offen ist, wie die mittlerweile über 20 Mio. Euro für das Projekt zusammenkommen sollen, sei es unmöglich, einen Zeiplan für die Realisierung zu nennen, so Mitterlehner vor gut zwei Wochen. Seit 2018/19 habe man sich im Kontakt mit den zuständigen Landesstellen „im Kreis gedreht“, trotz mehrerer Urgenzen. „Wir wissen nicht, wer das blockiert“, sagt der Bürgermeister. Die Auswahl der „Schuldigen“ ist allerdings überschaubar. Nur die Ressorts der Landesrätinnen für Bildung und für Gemeinden sind zuständig, beide ÖVP. Aber: Dort bekomme die Gemeinde nicht nur keine Entscheidung, sondern auch keine Aussage, wann eine Entscheidung getroffen werde. Alle Unterlagen seien jedenfalls beim Land.

Für Außenstehende ist dieses bisherige Wirrwarr nicht nachvollziehbar. Immerhin hat es eine Kostenzusage von einem ehemals für Bildung in Oberösterreich zuständigen Mann gegeben, der heute auch noch nicht ganz ohnmächtig ist: Thomas Stelzer. Das hatte aber offenbar alles nichts geholfen, so dass Mitterlehner nun nicht nur an Ortspolitiker*innen aller Parteien flammende Appelle richtete, ihre Verbindungen spielen zu lassen, sondern sogar an die Schuldirektorinnen. Außerdem setzt er Hoffnung auf die neue „Geschäftsführung“ – gemeint ist Amtsleiterin Nadine Klocker – der Gemeinde.

Unklar erscheint dabei, wie sich eine solche „Breitseite“ aus Vorchdorf zum Vorteil auswirken kann – und nicht noch mehr Chaos schürt –, ohne dass sie strategisch „orchestriert“ wird. Und danach hört es sich nicht an. Und wie kann es sein, dass Mitterlehner, immerhin schon in der letzten Periode Vizebürgermeister und Obmann des Finanzausschusses, diese ganze Fäden nicht übersichtlich sortiert in der Hand hat?

Knalleffekt: Jetzt alles zurück zum Start – oder doch durchstarten?

Eine Anfrage bei der zuständigen Bildungsdirektion, die der INVO.report mit den Aussagen Mitterlehners konfrontiert hatte, wurde schriftlich gestern, am 18. Mai, beantwortet: „Betreffend Bildungscampus Vorchdorf erfolgte heute ein Abstimmungsgespräch zwischen Gemeinde, Architekten und Bildungsdirektion. Im Sinne der Nachhaltigkeit wird der Leerstand planerisch überprüft, um für die Bestandsflächen eine langfristige Nutzung zu erhalten. Sobald dieser Prozess durch die Gemeinde abgeschlossen ist, werden aktualisierte Planungsunterlagen an die Bildungsdirektion übermittelt.“

Das ist in der Tat eine größere Überraschung. Denn was sich zunächst danach anhört, als würde nach über acht Jahren nun wieder alles von vorne anfangen, erklärt Bürgermeister Johann Mitterlehner so: Für die nicht förderbaren Flächen im Schulgebäude sollen Nutzungen – etwa im Bereich Kinderbetreuung – gefunden werden, die doch wieder eine Beteiligung des Landes erlauben. Das ist die „Hausaufgabe“, die die Gemeinde möglichst schon in den kommenden zwei Wochen abarbeiten will – und dann könnte tatsächlich der ganze Bildungscampus-Zug Fahrt aufnehmen. Das sei auch unbedingt nötig, so Mitterlehner, denn viel länger warten könne man einfach nicht.

Jonglieren mit Zahlen

Was die Kosten für den Bildungscampus betrifft, waren schon die unterschiedlichsten Zahlen in der Arena, von 2–4 über 10 bis über 20, gar 24 Mio. Euro. Manches davon ist zuzuordnen, anderes allerdings nicht. Die bis zu 4 Mio. haben mit dem Bildungscampus nichts zu tun, sondern in dieser Höhe wurden einmal reine Sanierungskosten der alten Gebäude veranschlagt. 10 Mio. war die maximale Ziellinie für die Pläne, die zum Architektenwettbewerb eingereicht wurden, ausgeschrieben 2014. Dieselbe Summe wurde auch noch 2018 kolportiert. Wie sich diese Summe in weniger als vier Jahren mehr als verdoppeln konnte, bleibt unerklärlich.

Schlampige Kommunikation spielt dabei mit eine Rolle. So weiß man oft weder, ob in den jeweilige Summen die Mehrwertsteuer enthalten ist – noch ist klar, ob es nur um die Errichtung des neuen Mittelteils geht und ob immer das eine Viertel dabei ist, um das die Schulfläche ohnehin „zu groß“ ist, das vom Land nicht bezuschusst wird. Klar ist auch, dass selbst die explosionsartige Steigerung der Baukostenindexes nur den kleineren Teil der jetzigen Summen erklärt.

Und der schlechte Zustand der Gebäude?

Dass es immer wieder heißt, die Gemeinde kümmere sich nicht um notwendige Reparaturen in den Schulen, ärgert Mitterlehner gewaltig. Das sei „Blödsinn“. Natürlich gebe es Prioritäten, und ein Riss in einem Vorhang oder ein Fleck an der Wand stehe sicher nicht ganz oben. Aber Instandsetzungen, ohne die es Folgeschäden gäbe, würden unverzüglich durchgeführt. Dafür sei auch ausreichend Geld da.

Allerdings: Angeblich hapert es mitunter auch mit der Weiterleitung von Schadensmeldungen an die Gemeinde. Dann kämen Beschwerden über Mängel, von denen die Gemeinde noch gar nichts erfahren habe. Offenkundig ist – und auch plausibel nachvollziehbar – dass es hier eine Grauzone gibt: Dinge, die manche untragbar finden, andere dagegen zwar unschön, aber eben … na ja.

Und vom Einzelfall abgesehen, sind allerdings auch zwei Dinge nicht unter einen Hut zu bringen: Man wird keine aufwändige Grundsanierung anfangen, solange die „große Lösung“ in greifbarer Nähe (bloß, wie nahe, das weiß man nicht) scheint. Andererseits droht der Schule auf Dauer definitiv eine Abwärtsspirale, wenn gutes Personal vom baulichen Zustand abgeschreckt wird und – zumindest was die Mittelschule betrifft – für Schüler*innen die Angebote in den Nachbargemeinden attraktiver erscheinen sollten. Eine Antwort, wann hier spätestens die Reißleine gezogen werden soll, gibt es nicht. Durch den Impuls vom gestrigen Tag, das ist die Hoffnung, würde sich diese Frage erübrigen.

 

2 Gedanken zu „Bildungscampus: Durchbruch demnächst – nach kurvenreicher Bilanz?

  1. Albert Sprung

    Als Liste für Vorchdorf haben wir die Unterlagen zum Bildungscampus bereits vor einiger Zeit bei Bürgermeister Mitterlehner angefragt, um uns auch bei diesem überaus wichtigen Thema für Vorchdorf zu engagieren. Leider haben wir bis dato noch keinerlei Unterlagen erhalten, was es sehr schwierig macht, für Vorchdorf in diesem Belang ordentlich arbeiten können. Alle Fraktionen sollten hier an einem Strang ziehen. Das ist aber nur mit den entsprechenden Informationen möglich. Ein Miteinander sieht für uns anders aus.

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  2. Franz Steinhaeusler

    Kann mir nicht vorstellen, warum man da auf Kosten von 20 Mio. Euro kommt. Jedenfalls würde mich interessieren, wie denn so ein „Bildungscampus“ konkret aussehen würde. Was würde hier angeboten werden, würd’s auch Angebote für Erwachsenenfortbildung geben? Welche Fachrichtungen, Interessensschwerpunkte?
    Auf der anderen Seite: Bei Bildung sollte man nicht sparen; da ist das Geld etwas sinnvoller verwendet, als z. B. bei einer Bahnhofstraße, die so in dieser Form wohl eh die wenigsten haben wollten. Ah ja, einen „frischen“ Apfel könne sich laut Herrn Altbürgermeister jeder dann pflücken. Oder es gäbe unzählige Straßen zu sanieren…

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