Frutura – was machen die in Vorchdorf eigentlich?

4. Juni 2022

Wer auf der Straße Richtung Feldham das Firmengelände passiert, dem fällt zuerst ein himmelhoher Zaun ins Auge. Hochsicherheit? Und wieso sucht am selben Ort Spar Oberösterreich Personal für ein Frischelager? Diese und (fast) alle anderen neugierigen Fragen beantwortet Katrin Hohensinner-Häupl, Frutura-Geschäftsführerin.

Frutura Geschäftsführerin

Leitet Frutura mit Blick auf den Traunstein: Katrin Hohensinner-Häupl

„Handel & Verpackung Obst & Gemüse“, genau so lautet der Unternehmensgegenstand der Frutura GmbH. Die Firma hat ihren Sitz im steirischen Hartl, und wer die Website öffnet, sieht zunächst eher Anbau als Handel und Verpackung. Das liegt am Vorzeigeprojekt der Frutura: 26 Hektar Glashäuser (das hätte als Quadrat 509 m Kantenlänge) mit 60 Mio. Euro Investitionssumme, Wärmeversorgung mit Blumauer Thermenwasser, sehr klimaschonend also.

Diese Lkw bringen den Kreisverkehr nicht um – derzeit

Thema soll aber hauptsächlich der neue Standort, das Kühl- und Frischelager Vorchdorf sein. Die ganzen Betriebsansiedlungen nördlich der A1-Anschlussstelle sollen ja einen solchen Zuwachs an Verkehr bringen, dass der noch gar nicht alte Kreisverkehr durch Ampelkreuzungen ersetzt werden muss. Die Diskussion darüber steht zwar stets im Zusammenhang mit dem Richtung Bad Wimsbach anschließenden INKOBA-Betriebsgebiet, aber bei einem Logistiklager von 15.000 Quadratmetern kommt man natürlich auch ins Grübeln.

Zwei Überraschungen hat Hohensinner-Häupl an dieser Stelle: Nur rund 40 Lkw täglich sollen bei Vollbetrieb hier ein- und ausfahren, also 80 Bewegungen, und das – typisch für diese Art Transporte – vorwiegend nachts. Laster, die aus Richtung Linz kommen, benutzen dabei den kurzen Bypass Richtung McDonald’s, kommen also gar nicht auf den Kreisverkehr. Allerdings hat sich Frutura im Genehmigungsverfahren die Möglichkeit offengelassen, bis zu 219 Lkw täglich abzufertigen. Konkrete Pläne, das auszunutzen, bestehen laut Hohensinner-Häupl nicht und sind in den nächsten Jahren auch nicht zu erwarten.

Auch nur Eingeweihten bekannt: Rund die Hälfte der früheren Wick-Flächen vermietet Frutura an seinen exklusiven Handelspartner Spar, der dort das Frische-Zenttrallager betreiben wird. Hier ist nach Angaben von Spar Oberösterreich nur mit 14 Lkw täglich zu rechnen. Unsere Frage an Frutura, ob bei der Ansiedlung ein Deal verhandelt wurde, die Umbaukosten für den Kreisverkehr ein bisschen zu sponsern geht also ins Leere.

Warum Vorchdorf und was passiert hier?

Braucht man 100 Leute, nur um 30 Lkw pro Tag zu ent- und beladen? Das wäre in der Tat eine etwas üppige Personaldecke. Der Betrieb dient aber außerdem der Qualitätskontrolle, Paletten sind zu öffnen und neu zu kommissionieren usw. Ein Verkaufs-Shop auf dem Gelände, wie ihn manche anderen Logisitker betrieben, wäre denkbar, ist aber nicht konkret geplant. Ähnliches gilt auch für das Spar-Frischelager. Die Mitarbeiter*innen sind als Arbeitskräfte in Vorchdorf gemeldet, tragen also auch zur Kommunalsteuer bei. Arbeitskräfte aus der Region sind willkommen.

Die Verkehrsanbindung und die schiere Größe des Geländes waren Hauptgrund für die Standortwahl; für eine Logistik, die ganz Österreich beliefern soll, ist Vorchdorf auf fast ideale Weise zentral. Zu Details des Bieterverfahrens – das Gelände wurde aus der Masseverwaltung der Wick versteigert – möchte sich die Geschäftsführerin nicht öffentlich äußern.

Frutura hat einiges an zusätzlichem Geld für ressourcenschonendes Bauen in die Hand genommen. So wurden die bereits versiegelten Flächen der Firma Wick verwendet und Baumaterial von abgebrochenen Gebäudeteilen vor Ort wiederverwendet. Eine Photovoltaikanlage wird gerade am Dach eingebaut. 800 Kilowatt Nennleistung sollen einen beträchtlichen Teil des Energiebedarfs decken – wie viel, lässt sich noch nicht abschätzen. Das erhalten gebliebene Bürogebäude etwa erhielt eine zusätzliche Dämmung.

Und die riesenhafte Schutzwand? Vorschrift; der nächtliche Lkw-Verkehr und die Ruhe von Anrainern sollen nicht in Konflikt miteinander geraten.

Alles Öko, was glänzt?

Frutura begann als Zusammenschluss dreier Obst- und Gemüsebauern in der Steiermark. Einer davon, Manfred Hohensinner, ist der Vater unserer Gesprächpartnerin. Auffällig an dem erwähnten Aushängeschild „Blumau“ war, dass es trotz der ökologisch bestechenden Idee, Glashauskulturen mit Erdwärme über das Thermalwasser CO₂-neutral zu betreiben, Widerstand gab. Eine Störung des Landschaftsbilds vor allem für Thermenbesucher war ein Kritikpunkt, wobei die Anlage von der Therme aus aber nicht sichtbar sein soll.

Konkurrenz für die „Kleinen“ – dem hält Katrin Hohensinner-Häupl entgegen, dass es sich um andere Märkte handele und dass Frutura ganzjährig liefern könne, was auch zur Verminderung von Importen beitrage. Das Projekt sei einfach vor gut 10 Jahren seiner Zeit noch voraus gewesen. Manche Gegner aus Umweltschutz-Gründen hätten ihre Meinung inzwischen geändert. Und: Ereignisse wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg rückten die Bedeutung von Versorgung aus dem eigenen Land wieder stärker in den Mittelpunkt.

Allerdings: Der Handel ist das größere Standbein der Frutura. Das Unternehmen ist Abnehmer für Obst und Gemüse von 1000 Produzenten in 40 Ländern. Ein erheblicher Teil ist Bioware; die übrigen Erzeuger seien hinsichtlich Sozial- und Umweltstandards z. B. nach Global GAP oder GRASP zertifiziert. Die Zertifikate gelten als nicht besonders streng gewährleisten aber die Einhaltung gewisser Kriterien. Fair Trade gibt es bei Waren, die Frutura handelt, überhaupt nur bei Bananen.

Zum Thema Verpackungen sieht sich Hohensinner-Häupl teils in einem Zwiespalt. Unverpackt wäre ihr persönlich am liebsten, allerdings: In der „Corona-Zeit“ hätten Konsument*innen unverpackte Ware aus Angst oft einfach liegengelassen; das Ergebnis waren hohe Wegwerf-Quoten. Auch bei Schlangengurken gebe es so ein Problem: Die Plastikfolie sei ökologisch in Verruf geraten. Unverpackt werde die Ware aber manchmal schon nach einem Tag schlaff und damit nahezu unverkäuflich. Die ökologischen Verluste dadurch seien wahrscheinlich höher als die zusätzliche Umweltbelastung durch die Folien.

Unterm Strich: Wenn es sich im Vollbetrieb tatsächlich wie angegeben entwickelt, dann gibt es hier für Vorchdorf bei überschaubarer Mehrbelastung des Verkehrs eine Betriebsansiedlung, die sogar die politisch geforderten 40 Mitarbeiter*innen pro Hektar Betriebsfläche (statt der bei INKOBA geltenden 20) einhielte.

 

Ein Gedanke zu „Frutura – was machen die in Vorchdorf eigentlich?

  1. Albert Sprung

    Es freut uns natürlich, dass mit der Frutura ein Betrieb nach Vorchdorf gekommen ist, der einen absolut innovativen Weg gegangen ist. Mit viel Risiko, aber sehr visionär und letztendlich dann sehr erfolgreich. Auch ist es erfreulich, wenn es hier für Vorchdorf bei überschaubarer Mehrbelastung des Verkehrs eine Betriebsansiedlung gibt, die sogar die politisch geforderten 40 Mitarbeiter*innen pro Hektar Betriebsfläche (statt der bei INKOBA geltenden 20) bringt. Aber die Frutura ist kein INKOBA Betrieb. Gott sei Dank. Nur sollte man auch dazu sagen, dass der Gemeinderat mehrheitlich GEGEN diese 40 Mitarbeiter pro Hektar gestimmt hat. Eine Forderung der Liste für Vorchdorf.
    GEMEINDERAT GEGEN ANTRAG der Liste Vorchdorf, der die Vorgabe von 40 Mitarbeiter*innen pro Hektar auf INKOBA Betriebsgebiet fordert:
    Die Liste Vorchdorf stellte am 8. Februar 2022 im Gemeinderat den Antrag: „Der Gemeinderat möge beschließen, dass zukünftig für Betriebsansiedelungen in Vorchdorf, insbesondere auf INKOBA Flächen, grundsätzlich der Richtwert von mindestens 40 Mitarbeitern pro Hektar gelten soll.“ Dieser Antrag wurde im Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt.
    10 Stimmen für diesen Antrag:
    Liste für Vorchdorf geschlossen dafür
    GV Klaus Richter, SPÖ
    GR Bernhard Kontschieder, SPÖ
    Ersatz-GR Gerald Prielinger, SPÖ
    —————-
    6 Stimmenthaltungen (zählt wie Gegenstimme):
    GR Mag. Norbert Ellinger, GRÜNE
    GR Eva Brandstötter-Eiersebner, GRÜNE
    Ulrike Ellinger, GRÜNE
    GR Johann Haslinger, SPÖ
    Ersatz-GR Felix Lenzeder, SPÖ
    Ersatz-GR Daniel Raffesberger, SPÖ
    —————-
    21 Gegenstimmen:
    ==ÖVP geschlossen====
    Bürgermeister Johann Mitterlehner, ÖVP
    Vzbgm.in Margit Kriechbaum, ÖVP
    Franz Amering, ÖVP
    Mag. (FH) Christian Beisl, ÖVP
    Roland Lohninger, ÖVP
    Josef Scherleithner, ÖVP
    Mag. Gerhard Radner, ÖVP
    Christian Kronberger, ÖVP
    Matthias Traunbauer, ÖVP
    Ing. Mario Mayr, ÖVP
    Martin Hörtenhuber, ÖVP
    ==FPÖ geschlossen====
    Vzbgm. Alexander Schuster, FPÖ
    Natascha Maier, FPÖ
    Hannes Sappl, FPÖ
    Markus Prall, FPÖ
    Robert Gondosch, FPÖ
    Christian Ohler, FPÖ
    Ursula Sappl, FPÖ
    Mag. Reinhard Ammer, GRÜNE
    Bettina Hutterer, GRÜNE
    Elisabeth Steinbach, MSc, NEOS

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