Bunkermentalität im Marktgemeindeamt – Beispiel Livestream des Gemeinderats

6. April 2023
Kommentar von Michael Praschma

Der fast pausenlose Stunk zwischen Liste Vorchdorf (LV) und, vor allem, ÖVP-Gemeindespitze stinkt allen. Am liebsten würde man die Beteiligten so lange unter Ausschluss der Öffentlichkeit zusammensperren, bis allerseits Friede eintritt – nicht zu verwechseln mit Friedhofsruhe! Da dies nicht geschieht, versucht der INVO.report sein Möglichstes, zumindest fallweise zur Klärung beizutragen. Das ist offenbar im Gemeindeamt unerwünscht.

Livestream Gemeinderat Vorchdorf

Livestream der Gemeinderatssitzung – diesmal gezwungenermaßen per Handyaufnahme
(Foto: Screenshot YouTube-Kanal der Liste Vorchdorf)

Nennen wir zuerst Ross und Reiter: Wenn hier von der Gemeinde die Rede ist, ist damit vor allem Bürgermeister Johann Mitterlehner gemeint, nicht die Bediensteten. Sie handeln auf Anweisung und erfüllen in der Regel ihre Aufgaben, besonders im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, tadellos. Der Bürgermeister steht dem gesamten Gemeindeamt vor, ist also verantwortlich. Auch die Amtsleiterin muss sich nach seinen Weisungen richten. Für die LV steht Albert Sprung, allerdings hat er über „seine“ Mandatare und Mitglieder keine Befehlsgewalt. Die LV tritt aber meist geschlossen auf, daher ist mit „Liste Vorchdorf“ die ganze Gruppe gemeint.

Unser Job ist, die beste verfügbare Version der Wahrheit ans Licht zu bringen

Schlagzeilen über Streit, Skandale und die Folgen bringen Leser:innen. Über diese freut sich jedes Medium, wir auch. Doch das heißt nicht, dass wir Freude an unerfreulichen Nachrichten haben, geschweige denn sie auswalzen. Wenn es aber Streit gibt, und das ist in der Vorchdorfer Politik der Fall, dann ist es unsere Aufgabe aufzuklären. Das ist mühsam, denn meist stellen die Kontrahenten ein und dasselbe komplett unterschiedlich dar.

Die schlechteste Berichterstattung ist dann die einseitige. Die zweitschlechteste ist, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen und es dem werten Publikum mangels Auflösung zu überlassen, sich kopfschüttelnd abzuwenden. Guter Journalismus beginnt da, wo durch hartnäckiges Nachfragen wenigstens so viel an belegten Fakten vorliegt, dass „die beste verfügbare Version der Wahrheit“ ans Licht kommt. Das ist für Medien wie den INVO.report mit wenig Personal und Geld oft nur möglich, wenn Streitbeteiligte auskunftsbereit sind.

Auskunftsbereitschaft ist in der Vorchdorfer Politik ein ungleich verteiltes Gut: Die Liste Vorchdorf liefert Informationen quasi „zum Saufuttern“ – aus eigenem Antrieb ebenso wie auf Nachfrage, und zwar prompt und umfangreich. Die Gemeinde hingegen schickt alle heiligen Zeiten eine Presseaussendung, aber längst nicht über alles, was an Interessantem z. B. über die gemeindeeigene Facebookseite zu lesen ist. Teils wurden uns grundlos Auskünfte verweigert, auf die sogar ein Rechtsanspruch besteht (was inzwischen geklärt ist); die Zusage Mitterlehners, bei einem regelmäßigen Treffen mit uns über Gemeindeagenden zu informieren, harrt seit bald einem Jahr der Einlösung. Und ganz schmallippig ist die Reaktion, wenn, wie zuletzt, Auskunft über eine Kontroverse begehrt wird – es geht um die Videoaufzeichnung der Gemeinderatssitzungen.

Will die Gemeinde den Livestream oder nicht?

Im Gemeinderat gab es von Anfang an erhebliche Vorbehalte dagegen, die Sitzungen per Video aufzuzeichnen. Sie waren alle unberechtigt. Als nach langem Hin und Her auf Antrag der LV Angebote für einen „offiziellen“ Gemeinde-Livestream eingeholt und als zu teuer erachtet wurden, gab es schließlich ein formloses Okay für die LV, den Livestream durchzuführen – allerdings mit weiteren Einwänden, diesmal aus dem Kreis der Bediensteten.

Bei der Märzsitzung des Gemeinderates wurde nun die Kitzmantelfabrik erst fünf Minuten vor Beginn geöffnet; die Liste Vorchdorf konnte ihre Aufnahmetechnik also nicht aufbauen. In einem Facebook-Beitrag nennt die LV die Begründung, eine andere Veranstaltung hätte das unmöglich gemacht, einen Vorwand. Eine mehrmalige Nachschau an diesem Tag hätte ergeben, dass alle Vorhänge zugezogen gewesen seien. Beim Eintritt sei allerdings der Saal für die Sitzung inklusive der Tontechnik komplett hergerichtet gewesen, nur die Namensschilder mussten noch aufgestellt werden. Der Verdacht der LV ist demnach: Wenn sie uns den Livestream schon nicht verbieten können, wirft man uns zumindest Knüppel zwischen die Füße, was nur geht.

Keine klaren Antworten zu geben, schürt nur Misstrauen und schafft böses Blut

Unterstellt man, dass die Gemeinde den Livestream gezielt sabotiert hat, wäre das skandalös, denn die Übertragung der Gemeinderatssitzungen im Internet ist nicht Jux und Dollerei, sondern gelebte Demokratie. Wenn hier nun Aussage gegen Aussage stünde, ließe sich die Sache recht einfach aufklären, denn die Sache ist überschaubar:

  • Zweifel, ob die Veranstaltung wirklich so lange gedauert hat (anscheinend kam ja niemand heraus)? Und hätte man nicht unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung (die ja auch eine Abbauzeit haben musste) den Aufbau der Tontechnik zulassen können?– Lasst mich den Veranstalter selbst fragen.
  • Wenn die Veranstaltung wirklich erst direkt vor dem Gemeinderat endete, wann wurde dann der Saal für die Sitzung hergerichtet? – Theoretisch denkbar: Die Veranstaltung hat Aufstellung und Technik wie beim Gemeinderat genutzt.
  • Dass die Tontechnik ca. eine Stunde Aufbauzeit braucht, wusste man ja. Warum hat man die vorangegangene Veranstaltung nicht entsprechend limitiert? – Dies ist bei allen Veranstaltungen gang und gäbe.

Dies und mehr hätte der INVO.report gerne von der Gemeinde erfahren. Denn es gibt doch wohl nur zwei Möglichkeiten: entweder den erwähnten Sabotage-Skandal – oder die Liste Vorchdorf erhebt haltlose Vorwürfe. Beides müsste heftige Konsequenzen zeitigen. Ohne Aufklärung bleibt aber nur Misstrauen und böses Blut.

Leider steht auch nach intensiven Bemühungen unsererseits Aussage gegen Nicht-Aussage: Die Nachfrage bei Bürgermeister Mitterlehner ergab nur die (höflich ausgedrückt:) widerwillige Zusage, sich bei der zuständigen Gemeindebediensteten kundig zu machen. Die konkreten Fragen hat die Redaktion dieser Mitarbeiiterin eigens auch per E-Mail zugeschickt.

Geantwortet hat die Amtsleiterin – ohne allerdings die Fragen wirklich zu beantworten, dafür mit dem leicht genervten Hinweis: „Eine Rechtfertigung meiner MitarbeiterInnen der Kitzmantelfabrik ist hierzu jedenfalls nicht erforderlich.“ (was nie verlangt wurde) und der Bemerkung, es könne „dem Wunsch vereinzelter Mandatare – Stunden vor einer Gemeinderatssitzung das Veranstaltungszentrum für den Aufbau ihres Equipments für einen Live Stream zu nutzen – nicht nachgekommen werden“ (wobei es weder einzelne Mandatare sind noch mehrere Stunden). Der Versuch, die konkreten Antworten daraufhin telefonisch zu erhalten, scheiterte: Die Amtsleiterin war inzwischen erkrankt, die zuständige Gemeindebedienstete durfte lediglich darauf verweisen und selbst keine Auskunft geben.

Fazit: Selbst schuld, wenn sie in ein schiefes Licht geraten

Die „beste verfügbare Version der Wahrheit“ ist in diesem Fall also dürftig – wobei dennoch die Gemeinde bzw. Bürgermeister Mitterlehner schlechter dastehen. Denn fest steht, dass die Gemeinde trotz öffentlichen Interesses keine Bemühungen gezeigt hat, den Livestream zu ermöglichen. Sie hat offenbar die Liste Vorchdorf auch nicht aus eigenem Antrieb rechtzeitig über die Terminkollision informiert, sodass mit Hilfe von Handyaufnahmen improvisiert werden musste.

Anstatt Vorwürfe der LV aus der Welt zu schaffen, indem a) geklärt wird, was hier schiefgegangen ist und b) wie das zukünftig verhindert wird, bunkert sich die Gemeinde schweigend ein (nichtssagende Antworten sind ja keine) und nimmt in Kauf, dass ein weiterer Keil in die Arbeit des Gemeinderates (und in die Bevölkerung, die entweder der einen oder der anderen Seite glaubt), getrieben wird.

Das ist verantwortungslos – selbst wenn es eine Rechtfertigung für den verhinderten Livestream geben sollte. Denn dann hat Mitterlehner die Liste Vorchdorf und ihre nicht wenigen Unterstützer:innen vor die Wand laufen lassen. So oder so: Ein weiterer Schlamassel, zu dem einmal mehr die Bunkermentalität der Gemeindespitze einen erheblichen Beitrag leistet.

Wir würden es wirklich gerne erfreulicher darstellen – sie lassen uns nicht.

Ein Gedanke zu „Bunkermentalität im Marktgemeindeamt – Beispiel Livestream des Gemeinderats

  1. Albert Sprung

    Der Versuch den Livestream abzustellen ist kläglich gescheitert. Man hat hier wohl die Resilienz und Flexibilität der Liste FÜR Vorchdorf unterschätzt. Man muss sogar sagen, dass die Aufnahmen mit dem Handy ganz passabel sind.

    Jedoch: Mit der „Livestream-Sache“ zeigt sich nur die Spitze des Eisbergs, der Blockadehaltung von Bürgermeister Mitterlehner, hier wurde die „Mauer“ von uns elegant umspielt. Aber es gibt noch ganz andere Themen.

    Viel schlimmer ist, dass ein bereits vor mehreren Monaten vom BuS Obmann organisierter und dem Bürgermeister kommunizierter Termin mit Verantwortlichen vom Land und Verkehrsexperten zur Thematik „alternative vernünftige Lösung zur vertraglich vereinbarten 2-Ampel-Autobahnauffahrt“ von Johann Mitterlehner negiert wird. Zwar wurde im September 2022 der BuS Obmann per Gemeinderatsbeschluss mit der Thematik beauftragt, aber man will hier offenbar, dass NICHTS weitergeht. Aber die Uhr tickt, weil die nächste Verkehrsmessung in Kürze ansteht und dabei wohl abermals die Überlastung des Kreisverkehrs festgestellt wird. Wie bereits letztes Jahr. Und das bedeutet: Die 2-Ampellösung muss umgesetzt werden. Das ist aber eine schlechte Lösung.

    Und hier muss man ganz klar sagen: Uns kann man „schneiden und blockieren“ wie man will, wir halten das aus. Aber wenn es um die Zukunft Vorchdorfs geht, die jetzt offenbar vorsätzlich verspielt wird, da verstehen wir keinen „Spaß“ mehr. Und die Vorchdorfer Bevölkerung wohl auch nicht.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert