Amtsgeheimnis: Die Ratten wollen auf dem sinkenden Schiff bleiben

5. Juli 2023
Kommentar von Michael Praschma

Wenn wichtige Leute sich auf Amts-, Dienst- oder sonstige Geheimnisse berufen oder wenn sie „Verrat“ schreien, gerne auch den Datenschutz bemühen (der gegen diesen Missbrauch wehrlos ist) – dann geht es nicht selten um Dinge, bei denen sie selbst oder ihnen Nahestehende eine schmutzige Weste haben. Und zwar zum Schaden der Öffentlichkeit, die mit Recht Aufklärung fordert. Warum diese Geheimniskrämerei – auch in Vorchdorf – krachend scheitern wird.

Nennen wir Ross und Reiter. Wobei die sprichwörtlichen Ratten in der Überschrift nicht persönlich gemeint sind. – In der gestrigen Gemeinderatssitzung beantragte ÖVP-Fraktionsobmannn Mario Mayr eine „Kenntnisnahme“: Die Verletzung des Amtsgeheimnisses habe strafrechtliche Relevanz. Bezogen war das auf jene Informationen, die zu zwei Artikeln in der Kronenzeitung zur Causa Bauaufsicht geführt hatten und die „nur aus internen politischen Kreisen kommen“ könnten.

Mayr weist darauf hin, es träfe nicht zu, was da die Gemeinde in ein schlechtes Licht tauche. Das begründet er damit, die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSt) habe mangels Anfangsverdachts kein Ermittlungsverfahren eingeletet. Diskret unter den Tisch fallen lässt er dabei allerdings das laufende Verfahren der Gemeindeaufsicht des Landes OÖ. (Bericht vom 4.7.23). Das massive Fragenkonvolut (15 Punkte) enthält bereits in den Vorannahmen so viel Sprengstoff, dass es ein Wunder wäre, wenn die Geschichte für die Gemeinde und insbesondere Bürgermeister Johann Mitterlehner keine Konsequenzen hätte.

Das Amtsgeheimnis liegt schon jetzt im Sterben

Österreich ist nicht nur das letzte europäische Land mit einer derartig durchgreifenden Amtsverschwiegenheitspflicht. Die Einführung eines zeitgemäßen Informationsfreiheitsgesetzes scheitert auch seit geschlagenen zehn Jahren an immer neuen Einwänden. Auf der Bremse stehen dabei nicht zuletzt die Gemeinden. Ob der Plan von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) aufgeht, spätestens im Herbst mit dem parlamentarischen Verfahren zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses zu starten, ist offen.

Dass zumindest bei öffentlichem Interesse die Veröffentlichung von „Amtsgeheimnissen“ z. B. durch Medien zulässig ist, hat zuletzt der Fall Miklautz klar gezeigt. Anders als bei Diebsgut gibt es hier eben keine als solche strafbare Hehlerei – was darauf hinweist, dass es mit der Verwerflichkeit des ursprünglichen Bruchs des Amtsgeheimnisses auch nicht mehr allzu weit her ist. Das sei auch denen ins Stammbuch geschrieben, die jetzt etwas als einen „Verrat“ anprangern, den es sehr wahrscheinlich schon bald gar nicht mehr geben wird. Hier sind namhafte Vertreter:innen der Justiz schon weiter als manche aus der Politik!

Es ist weder die Liste Vorchdorf noch der Presseclub Concordia, sondern es ist ein ehemaliger Oberstaatsanwalt und Kabinettschef im Justizministerium, Georg Krakow, der im „Standard“ vor wenigen Tagen etwas zum Fall Miklautz geschrieben hat, das nicht zuletzt auf die Vorchdorfer Causa 1:1 anwendbar ist und das sich die Verantwortlichen im Ort hinter die Ohren schreiben sollten:

„Dieser Fall zeigt aber auch deutlich auf, woran es in unserem Land ganz grundsätzlich mangelt – es fehlt an Transparenz in der Verwaltung. Das Gehalt und hohe Überstundenzahlungen an den höchsten Beamten der Stadt müssen vor den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt geheim gehalten werden? Das kann ja wohl nicht ernst gemeint sein! Die Verwaltung hat immer noch der Bevölkerung zu dienen. Und die hat ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihrem Geld passiert, ob die Verwaltung ordentlich arbeitet und ob es Missstände gibt. Ein Amtsgeheimnis kann in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein (zum Beispiel in Ermittlungsverfahren). Das Amtsgeheimnis zu verwenden, um der eigenen Bevölkerung unangenehme Fakten vorzuenthalten, ist sicher nicht sein Sinn.“

Aus Vorchdorfer Sicht wäre hinzuzufügen: Dies umso mehr, als das öffentliche Interesse an der genannten Transparenz gewaltig ist. So verzeichnet der INVO.report-Beitrag zur Causa Bauaufsicht inzwischen rund 3000 Aufrufe.

3 Gedanken zu „Amtsgeheimnis: Die Ratten wollen auf dem sinkenden Schiff bleiben

  1. Johann Limberger

    Im Prüfungsausschuss und anderen Sitzungen werde ich regelmäßig darauf hingewiesen, „alles unterliege der Geheimhaltung“. Man (und dabei zeigt man gerne mit dem Finger auf mich!) dürfe ja nichts nach außen tragen, mit der Begründung, es ginge immer wieder auch um „personenbezogene Daten“. Den Schutz persönlicher Daten, um das in aller Deutlichkeit zu sagen, das respektiere ich selbstverständlich, aber ich erwarte mir Transparenz bei unserer Arbeit!
    Es ist jedenfalls immer abzuwägen und im Einzelfall zu entscheiden, welche Interessen schutzwürdiger zu werten sind: „Geheimhaltung oder Öffentlichkeit“. Bei den derzeitigen Problemen ist es Pflicht, auch die Öffentlichkeit transparent zu Informieren.
    Der Prüfungsausschuss, das sagt ja schon der Name, prüft das Wirtschaften der Gemeinde, soll allfällige Fehler aufzeigen und Missstände, wie das aktuell der Fall ist, ohne Mauscheleien, ohne Rücksicht auf Parteifreunde und ohne Rücksicht auf private Befindlichkeiten auf den Tisch bringen. Das ist aber leider momentan nicht der Fall. Versuche, fragwürdige Vorgänge nicht in das Protokoll aufzunehmen, bestätigen das eindeutig. Erst nach meiner Unterschriftsverweigerung werden meine Wortmeldungen widerwillig protokolliert!

    Die LV Liste FÜR Vorchdorf wurde von Bürger*innen gewählt und ich in den Prüfungsausschuss entsendet. Ich vertrete also die Interessen unserer Bürger+innen! Das sollte unbedingt jedes einzelne Ausschussmitglied auch so sehen: Wir sind den Bürgern und nicht den Machthabenden verpflichtet! Das Aufdecken von Verschwendung oder Freunderlwirtschaft kann und darf nicht der Geheimhaltung unterliegen – das wäre ja im klaren Widerspruch zu der Aufgabe einer Prüfung! Da kann man gleich den Prüfaufwand spare.
    Prüfungen sind keine Beschäftigungstherapie des Ausschusses, sondern sollen den steuerzahlenden Vorchdorfer Bürger+innen bestätigen, dass mit ihrem Geld sorgsam umgegangen wird. Logisch ist daher, dass diese Bürger zu informieren sind – und zwar umfassend, wenn ihr Steuergeld in der Gemeinde an einzelne ?……?…?….verschleudert wird.
    Oder wie z.B. bei der Inkoba in Feldham bereits vor Monaten aufgezeigt, unser Vorchdorfer Bodenschatz (45 Mio €) und die Einnahmen der nächsten 25 Jahre, = die Zukunft unserer Kinder, großzügig rundherum verteilt werden. Von den Regierenden wird jedoch der längst fällige dringend notwendige Schulneubau laufend auf die lange Bank geschoben, da ja kein Geld dafür vorhanden sei.

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  2. Albert Sprung

    Die Frage, die sich stellt: Ein Auftrag für eine Bauaufsicht über Euro 40.000 wird vergeben. An einen als Unternehmer auftretenden Mitarbeiter der Gemeinde. Ohne Ausschreibung. Ohne Vergleichsangebote. Ohne Prüfung der Gewerbeberechtigung des als Unternehmer auftretenden Mitarbeiters der Gemeinde (dieser hat nämlich gar keine!). Ohne auf § 137 Abs. 1 Oö. GDG 2002 [1] Rücksicht zu nehmen. Ohne diesen Auftrag im Gemeinderat zu beschließen, obwohl das Gesamtvolumen für das Gemeindebauprojekt 2 Millionen Euro ausmacht.

    [1] Gemäß § 137 Abs. 1 Oö. GDG 2002 liegt eine Nebentätigkeit dann vor, wenn ohne unmittelbaren Zusammenhang zu den nach der Verwendung obliegenden Dienstpflichten noch eine weitere Tätigkeit für die Gemeinde in einem anderen Wirkungsbereich ausgeübt wird. Das ist in diesem Fall nicht der Fall: Bauamtsleitung und Bauaufsicht lässt sich nicht abgrenzen.

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    1. Christian Mössl

      spaltung der persönlichkeit – unglaublich, wenn’s stimmt! (unschuldsvermutung!) lässt aber auf traditionelle vorgehensweise schließen, sonst könnte es ja im ansatz gar nicht funktionieren!?! früher galt im öff. dienst: nebenjobs vom dienstgeber genehmigen lassen! bei möglichem interessenskonflikt war’s dann halt nicht möglich! karenzierung im revisionszeitraum war logisch!

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