M.a.D. #35: Wenn einfach nichts Besseres nachkommen will

6. Juli 2023
Meinung am Donnerstag

War es bei mir bisher vornehmlich der Frust über die vielen überwiegend unklaren, verschleppten oder im schlimmsten Falle gar nicht getroffenen Entscheidungen der Ortspolitik, so sorge ich mich beim Blick in die politische Zukunft zwischenzeitlich wirklich ernsthaft.

Mit der Wahl im Herbst 2021 wurde erfreulicherweise der Gemeinderat mit zwei neuen Gruppierungen deutlich bunter. NEOS wie Bürgerlisten haben vor allem dann jede Berechtigung, wenn der Leichengestank aus dem Keller irgendwann zu intensiv wird und zu viele Ungereimtheiten nach Aufklärung schreien. Dass die alteingesessenen Provinzpolitiker mit dem Hinterfragen ihres über lange Jahre errichteten Systems gar nicht zurechtkommen, beweisen sie zwar in unterschiedlicher Art und Weise, dafür aber mit beständiger Regelmäßigkeit: Gerichte werden mit Lappalien beschäftigt, weil Sturheit über Gesprächsbereitschaft siegt. Einige verfallen in völlige Stummheit (und sprechen das auch noch offen aus!), und wieder andere scheinen, obwohl gewählt, gar nicht mehr existent zu sein. Im Gemeinderat treffen sich manche sogar zum Stille-Post-Spielen. Kurzum, die heillose Überforderung mit der Situation scheint offenkundig.

Live-Streams der Gemeinderatssitzungen haben das Wissen der Bevölkerung um die Leichenfunde im Ort deutlich erhöht. Gut für die einen (Wähler), schlecht für die anderen (Politiker), daher wird zumindest ein späterer Abruf der Streams verhindert. Denn zu viel Wissen stört, und Kabarett gibt´s ja schließlich schon am Freitagabend im TV. Aber auch der INVO.report hat sich als seriöse Informationsplattform etabliert. Zugriffszahlen und Rückmeldungen aus der Bevölkerung unterstreichen die breite Akzeptanz eines Projekts freiwillig und unentgeltlich Engagierter.

Stimmt es denn, dass selten etwas Besseres nachkommt?

Die Vermutung liegt nahe, dass sich große Teile der Bevölkerung bereits einen Wechsel an vielen Stellen wünschen. Aber Vorsicht, nicht umsonst sagt der Volksmund: „Es kommt selten etwas Besseres nach“.

Für meine INKOBA-Recherchen im Frühjahr 2022 führte ich mit einem jungen, engagierten Gemeinderat sehr gute und offene Gespräche. Leider wurden dann – aus meiner Sicht fadenscheinige – Ausreden vorgeschoben, um diesen Meinungsaustausch einzustellen. Keiner wird es zugeben, aber mutmaßlich wurde der gute Mann zurückgepfiffen und mit einem Sprechverbot belegt. Ehrlich, ich fand das sehr schade! So wurde also quasi intern verhindert, dass Besseres nachkommt.

Dass sich die vermeintlich gut gemeinte Informationskampagne des neuen, recht selbstbewussten ÖVP-Fraktionsobmanns als völliger PR-Bauchfleck erwies, hat mich sofort an die Kommunikationspolitik eines nordkoreanischen Diktators erinnert. Im Ärger über meinen Spitznamen (Kim-Ing Mayr) für ihn schwurbelte er tags darauf in einem Telefonat mit mir doch tatsächlich von „schlechtem Journalismus“ und „keinem Recht auf Information“. Sinnerfassendes Lesen hätte ihm helfen können: Meine Kolumne ist als Kommentar gekennzeichnet, also meine höchstpersönliche Meinung. Niemand muss mir zustimmen, aber wie ein Rohrspatz zu schimpfen und mir strikte Anweisungen für meine zukünftige Kommunikation zu erteilen, das ist kein souveräner Umgang mit Kritik. Kann das einem Mangel an Lebenserfahrung geschuldet sein? Auch wenn man im Gemeinderat regelmäßig so gerufen wird, das ist nicht super, Mario!

Passend, dass tags darauf die schwarze Ministerin Edtstadler kundtat, das unzeitgemäße Amtsgeheimnis noch in dieser Legislaturperiode abschaffen zu wollen. Naja, die hat ja ihr Jus-Studium auch schon abgeschlossen, denn nur so ist der Gemeinderatsantrag des Auszubildenden zum Thema „Gemeindeinterne Information“ zu verstehen. Das wurde kürzlich sehr treffend auch hier kommentiert.

Facebook Story (Screenshot)

Von einer weiteren Superlative namens „SuuuperLilly“, habe ich diese Tage auf Facebook lesen müssen (siehe Abb.). Weniger super finde ich es allerdings, wenn die so gerufene Vorchdorfer Gemeinderätin hier in den Kommentaren Lesern vorschreiben will, wie sie Kritik äußern sollen. Sie wolle schließlich nicht, dass alles immer am nächsten Tag auf INVO.report zu lesen sei. Wie jetzt? Leben wir denn nicht in einer Demokratie? Wenn Jungpolitiker meinen, dass wir uns ausschließlich so zu verhalten haben, wie sie es sich wünschen, dann muss hier wohl Grundsätzliches klargestellt werden – und zwar rasch!

 

Gesprächsbereitschaft: Oft geschrieben, aber nie getan!

Man stünde immer für ein persönliches Gespräch zur Verfügung – wird behauptet. Wenn man sich aber öfter kritisch äußert, dann versteckt sich die Politik gerne und ist zu feige für offene Diskussionen – oder es wird gar die Parteimitgliedschaft für regelmäßige Information eingefordert! Ich spreche hier mit mehrfacher Erfahrung! Ist Kritik denn so unerwünscht oder gar verboten? Fehlen denn der Politik die Argumente? Warum versteht man Kritik nicht als Interesse an der Sache, die zu Verbesserungen führen kann?

Der Weg der Geheimnistuerei im Prüfungsausschuss war wohl nicht der richtige, wenn nun das Land OÖ die schier unglaublichen Vorgänge (wie aktuell rund um den Bauamtsleiter) für prüfenswert hält. Eine Nachschulung unseres pinken Politsternchens bei ihren Parteikollegen in Wien oder Linz könnte vielleicht helfen. Dort zeigt sich ja, dass eine gute Opposition wichtig ist, um konsequent saure Wiesen trockenzulegen – höchste Anerkennung für das dortige Engagement für Offenheit und gegen Vertuschung. Ich spende eine Familienpackung Mannerschnitten, wenn das in Vorchdorf übernommen würde!

Wie wäre es, wenn Möchtegern-Super-Nachwuchspolitiker, egal welcher Couleur, Themen aus einem breiteren Winkel betrachten würden, nicht nur blind der Parteiräson folgen würden und sich nicht ständig einbilden, ausschließlich die eigene Meinung sei die absolute Wahrheit.

Wenn diese Beispiele die politische Führung der Zukunft repräsentieren, dann, ja, dann kommt tatsächlich selten etwas Besseres nach. Und so bleibt mir nur zu hoffen, dass sich die Jungpolitiker:innen rasch besinnen, die Chancen auf Veränderungen endlich aktiv und professionell anzupacken und so den Karren rasch aus dem Dreck zu ziehen. Egal, was die Alten dazu sagen und gerade deshalb, damit es am nächsten Tag im INVO.report zu lesen ist!

Mit besten Grüßen
Alfred E. Neumann

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