M.a.D #14: „Eine schallende Ohrfeige für die gesamte Politik!“

23. Juni 2022
Meinung am Donnerstag

Nein, keine Angst, ich bin nicht auf dem Weg zum Gewalttäter, ich zitiere nur die Schlagzeilen eines Kleinformats vom letzten Sonntag. Von „kein Vertrauen in die Regierung und die Opposition“ bis hin zu „manche Watschen fühlen sich an wie Aufwärtshaken“ war da weiters zu lesen.

Angesichts der vielen negativen Berichte könnte man als verunsicherter Vorchdorfer befürchten, unser Ort habe es nun tatsächlich auf eine Titelseite geschafft. Insofern war ich dann aber beruhigt, der Artikel behandelte „nur“ eine „heftige Watsche für Österreichs gesamte (Bundes)Politik“. Laut Meinungsforschern „vertrauen nur noch 18 % der Regierung und 22 % der Opposition“. Na bumm. Aber wie würde denn das Ergebnis einer Umfrage zum Vertrauen in Vorchdorfs Politik aussehen?

Sympathie versus Kompetenz

In den letzten Wochen habe ich mich doch redlich bemüht, meine Sympathien für den Ort und sein Oberhaupt zu schildern, oder? Aber Achtung, nicht falsch verstehen, es ging nicht um Sympathie für die örtliche Politik und deren (überwiegend nicht greifbare) Protagonisten.

Ich habe vom Bürgermeister nach wie vor keine Antwort auf meine Vorschläge für regelmäßige Kommunikation erhalten! Geht´s denn noch schlechter? In dieser Funktion in einem Interview konkret gestellte Fragen sowie eine schriftliche Nachfrage trotz vorhandener Sekretärin völlig zu ignorieren, das ist schon ein sehr klares Statement. Wer, bitte sehr, soll da Vertrauen entwickeln?

Warum diese Kommunikation so wichtig wäre? Ganz einfach: Am letzten Samstag berichtete die Kronenzeitung über eine eher peinliche Aktion der Vorchdorfer Ortspolitik: „Gemeinde droht Pleite bei Klage gegen Ortspolitiker“. Wie bitte? Ruhig Blut, es geht zum Glück um keine wirtschaftliche Pleite, wie die Überschrift fälschlich vermitteln könnte, sondern „nur“ darum, dass die Gemeinde doch tatsächlich einen ihrer höchsten Repräsentanten verklagt und vor Gericht gezerrt hat, jetzt aber damit eine „Pleite“ erleben könnte.

Ich kann mich, wie jeder andere Vorchdorfer*in auch, nur an die Informationen aus der Zeitung halten: Demnach hat diese Klage „die ÖVP gemeinsam mit SPÖ, FPÖ, Grünen und Neos in die Wege geleitet“. Stimmt das in dieser Form? Keine Ahnung. Woher sollte ich die denn bitte haben, wenn der „Schmied“ (copyright Hans Mitterlehner) einfach nicht greifbar ist, obwohl er von mir höchstpersönlich verlangt hat, nicht zum „Schmiedl“ zu gehen?

Man kann zu einem Ex-Ortspolitiker stehen, wie man will, aber seine hier im Forum geäußerte Einschätzung, wonach sich Vorchdorf in einer Art „Schimpl 2.0-Ära befindet, man es mit Abgehobenheit, Allmachts- und Parteisoldatendenken zu tun hat“, kann ich zwischenzeitlich schon nachvollziehen. Oder ist es vielleicht einfach nur die Feigheit, sich kritischen Fragen zu stellen? Ist es einfach die vielfach nicht vorhandene Fähigkeit, miteinander (!!!) zu reden?

(Orts)Politik funktioniert doch wohl nicht wie eine Kuhherde, wo alle Viecher mehr oder weniger blind der Leitkuh mit der Glocke nachtraben. Übrigens, es soll ja auch schon Leitkühe gegeben haben, die sich im Weg vertan haben – denen hat man dann die Glocke wieder abgenommen und es mit einer anderen Kuh versucht, einfach um die Herde nicht zu gefährden.

Kann denn eine Klage auch Chance sein?

Ich meine ja, man kann dem laufenden Gerichtsverfahren auch Positives abgewinnen: Wenn sich für eine Klage alle alteingesessenen Parteien zusammentun können, dann bitte einfach bei folgenden Themen ebenso:

  • Entwicklung einer langfristigen Vision mit Strategie und konkretem Zeitplan sowie mit Leuchtturmprojekten für Vorchdorf (im Wahlkampf wurde von einer „Mission 2030“ geschrieben)

  • Ausverhandlung eines konkreten Fahrplans mit dem Land für den Bildungscampus bis zum Jahresende (es muss doch schon etwas gebracht haben, dass, wie vom Bürgermeister gefordert, möglichst alle ihre Kontakte in Linz angerufen haben, oder?)

  • Ausarbeitung eines Konzepts für die Ortsbelebung (was wurde aus Regioplan Salzburg als den neuen Ortsplanern, siehe https://invo.report/2021/05/22/vorchdorf-hat-vieles-richtig-gemacht/)

  • Leerstandsmanagement (was wurde aus dem vom Ex-Bürgermeister vollmundig angekündigten vielen Interessenten für den ehemaligen Mischkreu-Laden; was tut sich beim Boarding House?)

  • Ausarbeitung eines Business-/Sanierungsplans für das sog. Ärztezentrum (hat denn nach einem Jahr jetzt endlich ein Ausschusstreffen stattgefunden?)

  • Was geht weiter mit den Radwegen (hoffentlich stimmen die Gerüchte nicht, wonach beliebte Wanderwege bald eingeackert werden sollen)?

  • Wo findet man die „leistbaren Wohnungen“?

  • Klare Ansagen zur Autobahnabfahrt (ich habe gelesen, dass unser Wahrzeichen auch zukünftig funktionieren wird – aber wie genau soll das aussehen)?

… und einiges mehr.

„Eine Auflistung dessen, was hier in den letzten Jahren verbockt, verhindert oder einfach verabsäumt worden ist, würde mittlerweile ganze Bücher füllen“, war in einem Kommentar zur M.a.D. #12 zu lesen. Sicher würde sich eine Mehrheit finden, die froh wäre, wenn man dieses Buch endlich zur Seite legen würde. Es wäre doch viel besser, Zeit und Energie für offene Gespräche, Brainstormings und gemeinsame Meetings rund um die Zukunft des Ortes zu investieren – und nicht bei teuren Rechtsanwälten für die Formulierung von Klagen zu verschwenden.

Tatsache ist aber auch: Wenn sich nicht bald etwas ändert (soll heißen: in der Kommunikation, in der Arbeitsweise und Zuständigkeiten), gibt es bis zur nächsten Wahl wohl weiter nichts anderes als Streit und Stillstand. Fünf Jahre also, um rasch aus den Schützengräben zu klettern und die Chancen zu nützen. Damit Umfragen in Vorchdorf nicht zu Ohrfeigen und Kinnhaken führen.

Einen schönen Donnerstag
wünscht Alfred E. Neumann

4 Gedanken zu „M.a.D #14: „Eine schallende Ohrfeige für die gesamte Politik!“

  1. Albert Sprung

    Lieber Alfred E. Neumann,
    ich möchte hier ein paar Dinge klarstellen:
    – Es gibt keinen Streit, eher nur massiven Stillstand.
    – Es gibt aber sehr wohl Auffassungsunterschiede, wie eine Gemeinde zu führen und strategisch weiter zu entwickeln ist.
    – Es gibt einen massiven Widerwillen, Ideen und Anstöße von den „Orangen“, der neuen starken Kraft in der Vorchdorfer Gemiende-Politik, aufzugreifen (ein Beispiel ist unser abgelehnter Antrag, mit dem 40 Mitarbeiter pro Hektar auf INKOBA-Flächen gefordert wurden, jetzt bleibt es bei einer Vorgabe von 20).
    – Es wird unsere weit ausgestreckte Hand für eine Zusammenarbeit nicht angenommen (wohl im doppelten Sinne).
    – Es wird nicht zwischen Sach- und Beziehungsebene differenziert. Kurz gesagt: Als „Spitzen-Gemeinde-Politiker“ sollte man einigermaßen schmerzbefreit sein, nicht alles gleich persönlich nehmen und nicht sofort die „beleidigte Leberwurst“ spielen. Das hat dort nichts verloren, da muss man über seinen eigenen Schatten springen. Sonst geht da nichts weiter.

    Diese Punkte (und wahrscheinlich noch viele mehr) sind meiner Meinung nach der Grund für die „ganz stark angezogene Handbremse“ im Hinblick auf eine blühende Weiterentwicklung von Vorchdorf.

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    1. Franz Steinhaeusler

      Ich möchte zu Alberts Kommentar noch anmerken, eher beipflichten: Wenn schon Flächenversiegelung in riesigem Ausmaß in Betonham (ehemals Feldham), dann sollte sich die Bodenvernichtung der Felder wenigstens insofern „auszahlen“, dass man das dann auch nützt, mindestens 40 Mitarbeiter pro Hektar zu beschäftigen. Und dass jetzt 20 durchgehen, finde ich nicht in Ordnung!

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    2. Franz Steinhaeusler

      Auch aufgrund der hervorragend zusammengestellten Übersicht über Daten, Fakten, Pro und Contra der Aussendung der LV der vergangenen Tage über Inkoba kann man nur zu einem Schluss kommen: den sofortigen Ausstieg aus Inkoba durchziehen!!! Vorchdorf ist hier, auf den Punkt gebracht, nur der Verlierer. Lieber heute als morgen, gar nicht lange herumfackeln.

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    3. Alfred E. Neumann

      Lieber Herr Sprung,
      sehr erfreulich zu lesen, dass es in Vorchdorf doch keinen Streit gibt! Da muss ich ja vieles völlig falsch verstanden haben: Es gab also nur ein Treffen unter Freunden am Gericht in Gmunden? Und weil es so schön war, trifft man sich dann nach den Sommerferien gleich wieder? Und das mit dem Polizeieinsatz am Gemeindeamt war dann nur ein nettes coming together? Echt beruhigt bin ich da jetzt!
      Übrigens, meinen Informationen nach beschäftigen die derzeit aktiven „Inkoba“-Unternehmen zwischen 33 und 83 Mitarbeiter/ha Nutzfläche (ja, eine „Ausnahme“ mit 22 MA/ha gibt es). Dieses Thema erscheint mir also eher weniger prioritär. Sollten denn die gemeinsame Erarbeitung von Visionen, Strategien, Planungen, inkl. konkretem Zeitplan durch die Gemeindepolitik nicht viel bedeutsamer sein? Andererseits, wenn doch eh alle best buddys sind, kann das ja kein wirklich großes Problem sein. Oder hab´ ich da schon wieder was falsch verstanden?
      lG, Alfred E. Neumann
      P.S. Übrigens, ich bin offen für Einladungen zu Euren Freundestreffen!

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